Der Tag der geschlossenen Türen

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Bummeln in Xining und 2000 km nach Lhasa …mit Zug

Unser Zug, der uns auf 22stündiger Fahrt nach Lhasa bringen wird, fährt gegen halb zehn Uhr abends ab. So bleibt uns noch ein voller Tag in Xining- Provinzhauptstadt und einzige Millionenstadt von Qinghai.

Mittlerweile sind auch Andrea und Ulrich eingetroffen und unserer kleine Gruppe ist vollzählig. Wir genießen das reichhaltige Frühstück in dem Bewusstsein, daß sich das bald ändern wird. Danach geht jeder so seiner eigenen Wege. Andrea und Ulrich wollen die Stadt und ihr Leben erkunden und begeben sich in Richtung Moschee.
Obwohl der weitaus größte Bevölkerungsanteil hier han-chinesisch ist (über 75%), ist vor allem im Einzugsbereich der beiden großem Moscheen das muslimische Leben sehr präsent.

Sven begibt sich auf die Suche nach chinesischen Comics für die Nichten und Neffen. Da er schon gestern, trotz umchinesisch großer Füße, erfolgreich beim Schuhkauf war, ist er auch jetzt guter Hoffnung. Wir, Susann, René und ich begeben uns zum Provinzmuseum um etwas mehr über die tibetische Kultur und die Geschichte dieser Stadt zu erfahren. Nach einer Fastumrundung des Museumsgebäudes müssen wir allerdings feststellen, daß das dieses wegen Renovierungsarbeiten bereits seit April diesen Jahres geschlossen ist. Kurz überlegen wir in das benachbarte Kunstmuseum zu gehen, entschließen uns dann aber zurück zu spazieren, anderthalb Stunden auf 5 km, das muss reichen um rechtzeitig zum Auschecken im Hotel zu sein.

Es ist 14 Uhr und wir sind abfahrbereit. Das Problem: Der Bahnhof liegt nur 5 Fahrminuten vom Hotel entfernt, wir aber haben noch etwa 7,5 Stunden bis zur Abfahrt des Zuges, die wir nicht unbedingt auf dem Bahnhof verbringen wollen. Was tun? Erstmal in der Hotelbar gemütlich Kaffee und Tee trinken. Eine Empfehlung unseres Guides ist das hängende Kloster am Lao Shan. Das ist uns schon auf dem Weg zum Museum aufgefallen. Die am roten Sandsteinfelsen klebenden bunten Gebäude haben einen guten ersten Eindruck hinterlassen. Insbesondere die steile Treppe! Ein gutes Konditions- und Höhentraining, das wir gerne absolvieren würden.
Um eine kurzen Einblick in die Geschichte dieses Ortes zu geben: bereits im 2 Jh v.Chr. soll es hier einen Konfuziustempel gegeben haben, der später durch einen lamaistischen Tempel ersetzt wurde, die jetzigen Gebäude dagegen sind relativ neu. In der Qingzeit wurden die Felshöhlen dann von Rebellen als Unterschlupf genutzt.

Vor der imposanten Eingangshalle angekommen, müssen wir allerdings auch hier feststellen, daß geschlossen ist. Oder vielmehr gesperrt. Für die kommenden drei Jahre, denn durch andauernde Regenfälle ist der Boden instabil und der Anstieg zu gefährlich geworden. Wir spazieren noch ein wenig den Weg vor der Anlage weiter bis der sich in einer aufgeweichten Lehm-Piste verliert.

Dann eben zurück.
Mittlerweile sind alle hungrig und wir halten eine ausgiebiges „Linner“ ab. In den dreieinhalb Stunden schaffen wir es auch fast, das ganze Festmahl zu verdrücken. Dann noch Obst, Snacks und Nudelsuppen kaufen und ab zum Bahnhof. Abgesehen von den gefühlt 77.000 Kontrollen unserer Pässe, Tickets und Permits läuft es hier ziemlich entspannt ab. So etwas bin ich von chinesischen Bahnhöfen nicht gewohnt.
Wir geben uns lesend, dösend und sinnierend der Verdauung hin, bis wir zur Ticketkontrolle gerufen werden. Erst da fällt uns auf, daß Andrea verschwunden ist. Also wieder ablegen, hinsetzen, warten – uns bleiben ja noch entspannte 30 Minuten biz zur Abfahrt.

Im Zug dann wird die erste Flasche Schnaps geköpft. Da die Höhe uns eh Kopfschmerzen verursachen wird, brauchen wir uns hier auch keinen Zwang mehr anzutun. Von Innen gut aufgewärmt verschwinden wir in unserer Betten.

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