Wander- und Ruhetag am Steinschatzberg

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Shaxi

Ein echter Ruhetag war es nicht. Nach dem Besuch des Freitagsmarkts in Shaxi statten wir zu fünft dem Steinschatzberg einen Besuch ab. Der Markt ist einer der größten der wandernden Wochenmärkte, die ganze Umgebung strömt nach und nach hierher, um sich mit frischem Obst und Gemüse einzudecken, zu plaudern und zu essen. Die Verlockungen sind groß, es gibt große Baozi, Stände mit Nudelgerichten und süße Teigwaren. Dabei haben wir schon gefrühstückt. Western Breakfast in unseren Herberge, mit Toast und Ei, mal etwas anderes, aber ein wenig vermisse ich die warme dampfende Nudelsuppe. „Trachten werden wohl nicht mehr getragen“ bemerkt Wilfried. Sah man vor ein paar Jahren die Frauen in ihren bunten Trachtenkleidern auf dem Markt flanieren, so ist es heute eine Seltenheit. Alles ändert sich.

Zum Steinschatzberg haben wir uns fahren lassen. Am ersten Punkt, dem Baoxiang Tempel, war es angenehm leer. Außer uns waren fast nur die kleinen Affen zu sehen und die wenigen Verkäuferinnen, die sich mit Stöcken gegen die kleinen, und oft erfolgreichen „Diebe“ zu wehren versuchen. Der Steinschatzberg ist ein großes Areal: in den grünen mit Kiefern bewachsenen Hügeln liegen verstreut kleine und größere Tempelchen, dazu einige Höhlengrotten wie am Dazhong Tempel, die Zeugnis von der Zeit der Nanzhao-Königreiche abgeben. Denn bis zum Einfall der Mongolen gab es in diesem Gebiet unabhängige Königreiche, die ihre Hauptstadt mal in Dali und mal hier in der Gegend hatten. Die älteste Grotte zeigt Hofszenen des Nanzhaokönigs um 800 n.Chr., eine andere die „Mona Lisa“ von Jianchuan, eine besonders ausdrucksstarke Darstellung der Göttin der Barmherzigkeit Avaloketishvara, oder Guanyin, wie sie in China heißt.

Die Steinformationen und Hügel sind aber mindestes so beeindrucktend wie die Tempel und Höhlen, wahrscheinlich könnte man tagelang hier wandern, und hätte immernoch nicht alles gesehen. Darum machen wir uns zu Fuß auf den Weg zurück nach Shaxi, wo der Kaffee im Gästehaus ruft und Ulrike und Claudia schon entspanen, denn die beiden haben sich für einen echten Ruhetag entsschieden. Eine Stunde und vierzig Minuten benötigt man für den Fußweg zurück. Erst führt ein gut angelegter Weg durch den Kiefernwald, doch bald zweigen wir auf die Abkürzung ab, die uns auch über die Friedhöfe der Umgebung führt. Unten angekommen nehmen wir noch die Dorfstraßen, bewundern die stattlichen Häuser, in denen Chilli verkauft wird oder die verdienten Kader beim Mahjong-Spiel zusammensitzen. War es den ganzen Tag lang warm und sonnig, so windet, regnet, donnert und blitzt es schon wieder. Na ja, solange sich die Unwetter auf den Abend fixieren, soll`s uns recht sein.


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Mit einer dicken Lippe das Wetter im Nacken

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Ebene 92 km nach Shigatse

Sven ist unser Wetterfrosch. Bisher lag er bei jeder Vorhersage richtig. Nun sitzen wir im Hotpot-Restaurant in Gyantse schlagen uns den Bauch mit Wachteleiern, fein geschnittenem Rindfleisch, Pilzen, Nudeln und vielem mehr voll. Im scharfen Teil des Potts ist ordentlich Sichuanpfeffer drin – das macht die Nasen frei! Danach geht es zur Lagebesprechung ins Village Café. Und hier startet Sven seine Wetterankündigung für die kommenden drei Tage. Morgen sonnig-warm, die beiden Tage darauf Regen mit hoher Wahrscheinlichkeit.

Und so soll es sein. Am kommenden morgen begrüßt uns schon der Sonnenschein und Susann mit einer dicken Lippe, wahrscheinlich der scharfe Hotpot von gestern?… Aber noch ist es empfindlich kühl und wir starten unsere Tour gut eingepackt. Mal wieder schnurstracks geradeaus die Straße lang. Es ist Erntezeit. Auf den Feldern wird Korn geschnitten und zu Puppen oder Haufen aufgeschichtet. In den Wassermühlen (eine besichtigen wir unterwegs)wird Hafer zu feinem Mehl gemahlen.

Im letzten Jahr hat wohl einer der Teilnehmer auf diesem Abschnitt einen Ast abgekriegt, deswegen zwingt mich Sam meinen Helm zu tragen. Wir liegen gut in der Zeit. Die Sonne scheint, nach und nach werfen wir unsere warmen Klamotten ab. Gottseidank fahren wir heute auf ebener Strecke und so artet das ganze nicht in so eine An-und-Auszieh-Orgie aus wie vor zwei Tagen.

Nach den Feldern kommen die Gewächshäuser und danach die Weidenhaine in denen Schäfchen weiden. Wir erstehen eine frischgeerntete Wassermelone als Nachttisch für das Nudelsuppen-Mittagessen. Entspannt gehts weiter. Sonne, Felder, Viehweiden, und alles noch mal von vorn. Ein laues Lüftchen geht. Dann wird die Landschaft karger und der Himmel dunkler. Wenn wir nach links schauen, können wir das Wetter sehen. Der Wind wird stärker, Sand wirbelt auf, dringt in alle Ritzen. Es knirscht im Mund. Wir kämpfen gegen den Wind. Wir fahren dem Wetter davon.

Eingestaubt, schmutzig aber froh kommen wir in Shigatse an. Heute haben wir uns das Schmutzbier im wahrsten Sinne des Wortes verdient!