Verbummelt

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Zu Gast beim Panchen Lama

Unser Wettermeister hat mal wieder recht gehabt: Die ganze Nacht hat es geregnet, jetzt ist es trübe, ab und an nieselt es.
Trotzdem raffen wir uns auf, verlassen unser gemütliches Hotel und wandern zum Tashilhunpo, Sitz des Panchen Lama. Lassen uns mit den Pilgern treiben, von Halle zu Halle, von Buddha zu Buddha. Mönche schöpfen Butter aus fast überlaufenden Kerzen, Novizen wienern die Treppen und Böden.Wieder und wieder. Summend, sich in den Hüften wiegend wird Opfergeld gezählt und geordnet. Irgendwann werden wir aus dieser Klostermaschine ausgespuckt wie aus einer riesigen Gebetsmühle. Der Kopf schwirrt von den vielen Wandelgängen, den unzähligen Buddhas und Bodhisattvas, den Gerüchen von Sandelholz, Yakbutter und Rauchwerk.

Der Regen ist stärker geworden und wir beschließen die Kora um das Kloster nicht zu laufen, sondern, durchgefroren wie wir sind, in einem Kaffee oder Teehaus Unterschlupf zu finden. Wir haben etwas Pech. In dem einen Laden gibt es die Törtchen, in dem anderen den Kaffee. Beides gemeinsam – Fehlanzeige.

Wir schlendern zurück in Richtung Hotel. Und das artet in einen regelrechten Einkaufsbummel aus. Zuerst entern wir einen örtlichen Markt, wo wir uns erstaunlicherweise noch ganz gut beherrschen können. Dann kommen die Klamottenläden mit feinen Mänteln und chicen Anzügen. Da beginnt es langsam gefährlich zu werden. Haushaltswarenläden mit Gummihandschuhen, nicht für den Abwasch, sondern die regenreichen Etappen, die laut Sven vor uns liegen. Obst- und Bäckerladen für den Proviant. Und dann: der Teeladen! Zuerst will man uns abwimmeln, aber da wir unsere Kaufabsichten klar und deutlich formulieren, kommen wir dann doch in den Genuss einer fachgerechten Teeverkostung. Mit vollen Blasen erreichen wir endlich gegen halb sechs das Hotel. Der Tag ist fast vorbei. Abendessen und dann noch ein Abstecher zum Friseur. Svens Haupthaar wir gekürzt und mir mal wieder eine Rita-Süßmuth-Gedächtnisfrisur verpasst. Na dann – Gute Nacht!

Der Weg ist das Ziel

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Shaxi nach Yangbi, 108 km, über 1.000 HM

Ein Radtag wie im Bilderbuch. Strahlend blauer Himmel, sanfte Hügel, Reisfelder und immer am Heihui Fluss entlang. Mal unten und mal auch ein paar Meter weiter oben, sonst wären wir nicht auf unsere Höhenmeter gekommen.

In Shaxi war es noch kühl nach dem nächtlichen Gewitter. „Morgen fahren wir über 100 Kilometer mit dem Fahrrad“, hatte ich gestern in der Herberge erzählt, bei der Frage nach der frühesten Frühstücksmöglichkeit. Anscheinend war das das Stichwort. Denn das Western Breakfast hatte ich ziemlich undemokratisch abbestellt und gegen die chinesische Nudeluppe umgetauscht. „Weil es länger anhält und schneller geht“. Die beiden Chefs des Catos Inn, sie sind übrigens Rentner aus Peking, die sich den Tag auch mal gern mit Kalligrapie in Shaxi vertreiben oder auf Englisch mit Westlern plaudern, zaubern daraufhin die bisher größte Nudelsuppe der Tour. Und bringen sie stolz selbst an den Tisch. Wow, lange angehalten hat sie, die Suppe, schneller als das Western Breakfast war es nicht, denn wir haben alle tapfer bis zur letzten Nudel gekämpft, nur Klaus hat die Vernunft siegen lassen und einen Anstandsrest übrig gelassen. Vielen Dank nochmal für diese Bewirtung.

Schnell wird es warm und es ist eigentlich nicht viel zu diesem Radeltag hinzuzufügen:

Weil dies eine recht schnelle Gruppe ist, kommen wir auch schon um halb fünf an. Obwohl heute der Weg das Ziel war, denn die Landschaft in diesem Nebental von Dali ist unschlagbar. Eigentlich ist der Tag aus der Not geboren, weil die Hauptroute nach Dali mittlerweile stark befahren ist und vor einiger Zeit eine Alternative her mussste.

20 Kilometer vor dem Zielort haben wir uns doch noch für eine richtige Pause entschieden. Es gab Nudeln, Jiaozi und Juanfen, ein mit Erdnusspaste und scharf eingelegtem Gemüse bestrichener Crêpe aus Reismehl, der zusammengerollt, kleingeschnitten und kalt gegessen wird. Lecker. Was im Bild aussieht wie Farbtöpfe und Pinsel sind die unterschiedlichsten Zutaten für eine gute Suppe, wie gehackte Erdnüsse, Knoblauch, frische Kräuter oder Sichuanpfeffer. Je weiter man nach Süden kommt, desto besser werden die Suppen.

Mein Garmin, es ist ein Oregon, hat nach zwei Tagen einwandfreier Funktion heute beschlossen, erst kurz vor Ziel, gegen vier Uhr nachmittags, zur Arbeit zu erscheinen. Es wird wohl Zeit für ein neues Gerät. Hier die Eindrücke vom heutigen Tag.

PS: Xiao Luo, die Frau unseres Fahrers, schlägt bei der letzten Pause einmal mehr die Hände über dem Kopf zusammen: „Das ist ja das reinste Radrennnen, wir konnten Harald und Emmerich kaum mit dem Auto einholen“. Ich erzähle, dass Harald zu Hause am Sonntag auch gern mal weit über 100 Kilometer fährt. Unser Fahrer Xiao Ding grinst daraufhin nur unbeeindruckt: „Na dann muss er aber morgen eine ordentliche Extrarunde einlegen.“