Eine unglaubliche Geschichte

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Balagezhong nach Benzilan, mit einem halben Tag Staunen in Balagezhong

Unser Hotel ist ein Kaderhotel, das Frühstücksbuffet gibt es in einer großen Halle mit noch größerem Bildschirm. Dort wird schon die Geschichte von Balagezhong erzählt.

Sightseeing auf Chinesisch bedeutet meist: in einen Bus einsteigen, sich vom Guide am Mikrofon berieseln lassen, dann und wann ein Fotostopp und gemeinsames Mittagessen. Alles hübsch bemessen und am besten keinen Schritt von der Masse entfernen. Wir haben Glück, den frühen ersten Bus wollen außer uns sechs Langnasen nur noch zwei Touristen aus Vietnam und drei Reisende aus China nehmen. Also keine Gruppen, keine Megaphone, sogar den Guide schenkt man sich, weil die Hälfte der Leute ihn ohnehin nicht verstanden hätte. So muss der Fahrer uns an den fünf Stopps sagen, wann er gern wieder abfahren möchte. Sehr angenehm. Sehr leise und sehr unspektakular für chinesische Verhältnisse. Für das Spektakel sorgt allerdings die Landschaft.

Aus den angekündigten viereinhalb Stunden sind gute sechs Stunden geworden. Und es hat sich gelohnt. Wer braucht die Tigersprungschlucht, wenn es Balagezhong gibt. DIE neue In-Destination in Yunnan. Auch viele chinesische Stars kämen hierher, so berühmt sei der Ort mittlerweile. Aber starten wir von vorn: ein Dorf hoch oben in den Bergen, unten die tiefe Flußschlucht, keine Straße weit und breit, der gefährliche Fußweg in die nächste Stadt dauert fünf Tage. Ein zehnjähriger Junge hat sich am Auge verletzt. Er hat das Dorf bisher noch nie verlassen. Sein Vater aber beschließt, das Risiko auf sich zu nehmen und steigt mit dem Jungen ab, die Felswände fallen steil ab und auf dem schmalen Pfad ist Ankommen auch Glückssache. Im Krankenhaus dann die Enttäuschung. Es ist zu spät, das Auge des Jungen kann nicht mehr gerettet werden.

Das soll niemandem mehr passieren, denkt sich der Junge und macht es sich zur Lebensaufgabe, eine Straße in sein Dorf zu bauen. Diese Geschichte wird von einer der berühmtesten Moderatorinnen Chinas über Millionen Bildschirme verbreitet. Bei den Zuschauern im Studio kullern die Tränen. Sehr ergreifend. Leider hat der Vater des Jungen die Vollendung seines Werks nicht mehr miterlebt. Noch mehr Tränen, da heult man vom Zuschauen fast mit. Denn das alles läuft natürlich auch im Bus während der kurvigen, steilen Fahrt hinauf und hinauf. Wie es auch immer geschehen ist, die Straße ist da, und mittlerweile fest in den Händen des Tourismus. Und wir finden uns plötzlich irgendwo zwischen Himmel und Erde wieder, über uns Wolkenfetzen, tief unter uns der Fluss.

Busparkplatz, Skywalks, Aussichtsplattformen mit Glasböden, Museumsdörfer und neu erbaute Tempelanlagen. Das alles weit oben in den einst so unzugänglichen Bergen. Und Flying Fox gibt es auch. Ich frage mich, ob der kleine Junge aus dem einsamen Bergdorf sich das so vorgestellt hat. Puh, soviel muss man erst einmal verkraften. Hier die Bilder. 

Wie um wieder geerdet zu werden, folgt unten angekommen ein Spaziergang am Fluss und Treppen in enge Schluchten hinein. Nur der Wasserfall war gesperrt. Jammern auf hohem Niveau. Unglaublich, dass wir diese Landschaft fast für uns allein hatten, denn die Busse fahren im 40-Minutentakt, so dass wir einen guten Vorsprung vor den anderen wesentllich volleren Bussen hatten.

Dann rollen wir noch knappe zwei Stunden mit dem Rad nach Benzilan, wo uns ein Festessen erwartet. Denn die Tochter unseres Fahrerpäarchens hat heute Geburtstag. Ich denke, für einen Tag reicht das.


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Ankunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Flug nach Xining

Unsere Wege kreuzen sich in Beijing, Flughafen, Terminal 2, Gate 63. Trotz recht knapper Umsteigezeit in Istanbul hat es Sven als erster geschafft. Ich, obwohl viel Puffer eingeplant – weil extra einen Tag früher angereist- scheitere am Check-in. Mein zum Bersten gefüllter Koffer muss geöffnet werden. Das Werkzeug hat Misstrauen erregt. Also alles raus, denn das schwere ist – klar – ganz unten und alles wieder rein. Quetschen, drücken, ziehen, schwitzen – Koffer zu. Dann nochmal, die Kontroll-Maschine hupt – Mein kleines Batterie Experiment ist aufgeflogen. Ganze Prozedur nochmal…

Naja, selbst schuld! Als ich dann meinen Koffer das dritte Mal öffnen soll, reicht es selbst der Security-Dame und ich werde in die Sicherheitskontrolle entlassen. Hier muss ich Gott sei Dank nur einmal die Schuhe ausziehen. Am Gate angekommen laufe ich Sven direkt in die Arme. Nun warten wir noch auf René und Susann. Die kommen und kommen nicht. Wie sich später herausstellt, war auch hier der Check-in die „Stolperstelle“. Batteriebetriebene Handschuhe für die kalten tibetischen Abfahrten. Drei Versuche hat’s gebraucht den Übeltäter ausfindig zu machen. Zu guter Letzt sitzen wir aber alle glücklich und wohlbehalten im Flieger nach Xining und kommen kurz nach Mitternacht planmäßig im Hotel an. Die geplante erste Stadterkundung verschieben wir auf morgen.