Nur 2 Meter!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

100 km nach Nagarze

Heute wird es ernst: etwa 100 km stehen an und 1300 HM. Wir fahren laut Plan bis auf etwa 4800 m hoch. Extra früh geht es los. Um 7 Uhr, noch vor Sonnenaufgang sitzen wir auf den Rädern und beleuchten mit unseren Stirn- und Fahrradlampen die einsamen Straßen. Doch nach 5 Minuten Fahrt legen wir schon den ersten Stop ein, Susann hat sich einen winzigen Stahldraht eingefahren, also erstmal Schlauch reparieren. Im Dunkeln. Unsere temporäre Werkstadt haben wir dummerweise neben einem LKW aufgemacht, der direkt ausparkt.

Als wir fertig sind, zieht schon der Morgen auf. Es dämmert und ganz langsam erwacht das Leben. Im Nachbarort finden wir eine gemütliche Stube, wo wir Nudelsuppe und süssen Milchtee serviert bekommen.

Dann geht es weiter. Der Kampa La-Pass wartet, aber erstmal geht es noch etwa 15 km eben und gemütlich bei bestem Sonnenschein dem Brahmaputra entlang. Nach und nach werfen wir alle unsere warmen Klamotten ab. Und auch der Anstieg lässt sich gut an. Nach 5 km sind wir alle noch ziemlich frisch, genießen Kaffe und Snacks bei schöner Aussicht und guter Luft. Doch dann zieht sich das Feld nach und nach so ziemlich auseinander. Wir treffen uns auf der Strecke an den diversen Hotspots wieder, Aussichtsplattformen z.B. voller Busse, SUV`s und Jeeps. Hier kann man sich neben Sonnenbrillen-tragenden Hunden und auf Yaks sitzend ablichten lassen.

Die letzten 5 km des Anstiegs werden dann ziemlich bitter. Wir können kaum noch die spektakuläre Landschaft genießen. Susann erinnert sich auf dem letzten Stück nur noch an Aspahlt – letztendlich werden wir aber, oben angekommen, durch einen wunderschönen Ausblick auf den türkis-blauen Yamdrock-See belohnt. Und… waren wir vorher noch in dem Glauben, dass wir uns auf 4700 befinden, werden wir jetzt eines besseren belehrt: Eine Steinstele informiert – wir sind auf 4998 m über dem Meer. Nur zwei Meter noch und wir hätten schon heute die 5000er Marke gekappt (und nicht erst Morgen).

Wußtet ihr eigentlich schon, dass unser Guide ziemlich gut massieren kann? Diese neue Qualität wird uns heute auf dem Gipfel des Kampa La offenbart. Ein zusätzliches Bonbon (neben Ausblick und Massage) ist die kurze Abfahrt zum See. Noch schnell ein paar Fotos schießen dann geht es immer weiter und weiter am See entlang. Sven und ich befürchten nicht mehr rechtzeitig anzukommen und ziehen das Tempo an, Uli hat einfach Spass am Radfahren, René und Susann reicht es, sie steigen ins Auto.

Ein kleiner Höhepunkt ist für uns der Besuch des Hauses unseres Fahrers. Zufälligerweise fahren wir heute durch seinen Heimatort, werden sofort eingeladen und in der guten Stube mit den reich bemalten Möbeln platziert. Bekommen Yakbutter-Tee und Tsampa serviert. Dann gibt es noch eine kleine Führung durchs Haus.

30 km liegen noch vor uns, es ist bereits 16 Uhr und wir überlegen ernsthaft ins Begleitfahrzeug zu steigen, Da kommt die Sonne nochmal raus. Also vertagen wir die Entscheidung auf 15 km später. Und dann reicht es wirklich. Nur Uli würde wirklich gern noch weiter fahren, aber nicht allein. Die letzten 15 km sitzen wir dann gemütlich schwatzend im Auto.
Ziehen ins beste Hotel am Ort ein, hier gibt es zwar kein wirklich warmes Wasser, dafür aber Fußboden-Heizung, und versuchen uns für unsere morgige Etappe zu regenerieren.

Gorillas im Nebel?

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Tacheng

… nein, es waren keine Gorillas, sondern die wesentlich kleineren Yunnan Goldstumpfnasenaffen (Rhinopithecus Bieti). Und zu dem Nebel kam eine gute Portion Regen dazu. Auf Chinesisch heißen sie Yunnan Goldfellaffen (滇金丝猴), auf Deutsch müßte man wohl korrekterweise Schwarzstumpfnasenaffen sagen. Jedenfalls leben in diesem Schutzgebiet bei Tacheng etwa 70 Tiere, die sich in zehn Familien aufteilen. Das erklärt uns die Nationalparkmitarbeiterin, die nach einer Fahrt im offenen Sightseeingwagen noch eine halbe Stunde mit uns den Berg hinaufsteigt. In einem ziemlichen Tempo, so dass mir zu warm wird, obwohl es hier oben ziemlich kalt ist. Haben wir bisher nicht gefroren, so tun wir das heute. Alle? Nein, Klaus ist gegen Kälte immun und in kurzen Hosen unterwegs.

Auf die Affen müssen wir nicht warten, denn sie werden anscheinend jeden Morgen angefüttert, damit sie zu der Stelle hinunterkommen, an dem die Kameras warten. Was sie bekommen, haben wir nicht gesehen. Jedenfalls halten sich bestimmt 30 Tiere hier auf und fressen Blätter, sitzen ein paar Meter vor uns entfernt oder turnen in den Bäumen herum. Das dünne Seil ist wohl eher für die Besucher als für die Affen gedacht. Nach etwa einer halben Stunde haben wir genügend Fotos geschossen und die feuchte Kälte kriecht in die Knochen. Brrrrr, so stellt man sich einen Nebelwald vor. So richtig warm wird es uns erst wieder nach der recht scharfen Nudelsuppe im Hotel. Danach ist Ausspannen angesagt. Das einzige, was man hier außer einem kleinen Dorfspaziergang bei dem anhaltenen Regenwetter machen kann.

PS: Diese Affenart ist endemisch und kommt in Yunnan und kleinen Teilen Tibets und Myanmars vor. Es gibt anscheinend nur etwa 1.700 Exemplare dieser Art und sie gelten als gefährdet. Dieser Population scheint es ganz gut zu gehen. Und das, obwohl (oder weil?) sie sich ihren Lebensraum mit einigen Dorfbewohnern im Schutzgebiet teilen.


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