Historisches Gemäuer in den Bergen

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

24 Kilometer von Ledou nach Qutan, Besichtigung des Qutan Klosters, 500 hm bei Sonne und Wolken und bis 18 Grad, abends frostig kalt

Der Morgen schaut gar nicht gut aus, es regnet in Strömen, als wir unsere Kaffee schlürfen. Da es weiter regnet trinken wir dann noch einen Kaffee und noch einen weiteren, dann wird es langsam heller und tatsächlich, als wir das Hotel verlassen, nieselt es nicht einmal mehr und etwas später kommt sogar die Sonne raus.
Heute verlassen wir die größeren und mittleren Straßen und es geht auf einer winzigen Straße bergan, durch zahlreiche Dörfer hindurch. Die Höfe sind mir massiven Lehmmauern umzogen, richtige kleine Festungen und nur selten gelingt ein Blick durch die kleinen Tore ins Innere. Dort sieht es nämlich ganz wohnlich aus, meist gibt es zwei Gebäude, die L-förmig den halben Hof ausfüllen. Hinter einer Glasfront, die praktisch eine Art Wintergarten Bilder, liegen dann vielleicht fünf oder sechs Zimmer aneinandergereiht. In den Höfen, in denn bunte Fahnen wehen sind meist tibetische Familien zu Hause, in den anderen Höfen Chinesen und Hui.
Heute haben wir nur 25 Kilometer vor uns und die sind in einer überaus herbstlichen Landschaft sehr schön. Überall gibt es Pappelhaine, die sich in allen Gelbtönen verfärbt haben, bis hinauf in das kleine Dorf Qutan, in dem es ein recht großes buddhistisches Kloster, das wie der Kaiserpalast in Beijing strukturiert ist. Die Anlage stammt aus der Ming Dynastie, aus dem 14. Jahrhundert und das besondere ist, dass sie sich ohne Rekonstruktion in einem wunderbaren Zustand befindet. In den Hallen vermischt sich chinesischer Buddhismus und tibetischer Lamaismus und in den Aufgängen befinden sich über 600 Quadratmeter original erhaltene Wandmalereien. Hier geht man nur staunend entlang und bewundert die Details der Gemälde, die das Leben des Buddha wiedergeben. Interessant sind vor allem die kleinen Randszenen, die einen Einblick in das kaiserlich-herrschaftliche Leben der Ming Dynastie geben. Obwohl sich die Anlage auf der Liste der Kulturdenkmäler der VR China befindet gibt es so gut wie keine Touristen hier und damit im Ort auch kein Hotel.
Bei meinem letzten Aufenthalt hier gab es eine kleine Ferienanlage mit netten kombinierten Ess und Schlafzimmern und auch die hat jetzt zugemacht. Bleiben also nur noch zwei mickrige Herbergen, die noch 80er Jahre Standard aufweisen. Das heißt es gibt schmucklose kleine Zimmer ohne Heizung mit zwei oder drei alten Betten und Bettzeug, das nur einmal in der Saison erneuert wird. Die Toilette ist auf dem Flur und stinkt bis zum Erbrechen.
Doch darauf waren wir eingerichtet und entrollen unsere Schlafsäcke. Am Nachmittag ist es hier oben 2400 Metern ziemlich kalt geworden, wenn die Sonne zwischen den Wolken hervorkommt ist es angenehm, kaum schiebt sich eine Wolke davor bläst der Wind eisig. Wir steigen noch auf den Berg hinter dem Dorf und man hat eine tolle Aussicht über das Dorf Qutan. Unten liegen die viereckigen Wohnhöfe und in der Mitte des Dorfes das Kloster. Überall liegen rundherum bis zu den bergen kleine Felderchen, meist sogar terrassiert und weiter hinten auf den Bergen liegt wieder etwas Schnee. Langsam sinkt die Sonne tiefer und taucht alles in ein romantisches Licht.
Schon um 18 Uhr essen wir in dem fast einzigen Lokal im Dorf, das essen ist recht ordentlich. Ich hatte schon am Mittag bestellt uns so konnte die Wirtin noch Gemüse auf dem kleinen Markt besorgen. Eine Stunde später ist in dem Dorf nichts mehr los, alles ist dunkel und finster, kein Laden hat mehr offen und nur noch in ein paar Fenstern brennt Licht. Ein eisiger Wind bläst durch die Straßen und so bleibt nichts weiter übrig, als im Bett zu verschwinden und sich im Schlafsack einzurollen.


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Ein Tag über den Wolken? Der Yaoshan

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Im Gegensatz zum gestrigen Tag verlief die heutige Fahrt pannenfrei und ohne „größere“ personelle Verluste. Beim kurzen Anstieg zum Parkplatz des Yaoshan konnten wir schon mal unsere Räder (Gangschaltung) und unsere Fitness testen.

Dieser Berg, der sich bis auf eine Höhe von 903 m über dem Meeresspiegel erstreckt, bietet einen wunderschönen Blick auf die umgebende Landschaft. Allerdings war am heutigen Tag, trotz hochsommerlicher Temperaturen, die Sicht stark eingeschränkt. Leider war es auch nicht mehr möglich, den touristischen Bereich zu verlassen und einen etwas ausgedehnteren Spaziergang auf dem Gipfel zu unternehmen.
Auf dem Rückweg besuchten wir noch eine der Ming-zeitlichen Grabanlagen der lokalen Oberschicht dieser Dynastie. Diese sind noch recht gut erhalten und gleichen Miniaturausgaben von denen bei Beijing, sind aber viel weniger besucht. Wir genossen die Ruhe in der von sanft bewaldeten Hügeln umgebenen Anlage.
Als wir uns dem Ausgang zuwandten, fiel doch noch eine größere chinesische Touristengruppe ein. Sofort erwachten die im vorderen Bereich vor sich hin dösenden Tempeltänzer und starteten mit viel Tamtam eine Tanzvorführung, in die die Neuankömmlinge auch gleich mit eingebunden wurden.
Auf dem Rückweg speisten wir in einem Gartenrestaurant ganz in der Nähe. Es war mir noch vom letzten Jahr in guter Erinnerung geblieben, als diese Lokalität uns auf einer heimeligen Dachterrasse Zuflucht vor Regen und leckeres Essen bot.

Frisch gestärkt besichtigten wir noch einen Markt, den wir auf der Heimfahrt entdeckt hatten. Hier gelangte Silke dann in das zweifelhafte Vergnügen, der Schlachtung eines Huhnes hautnah beizuwohnen.
Nach der Rückkehr traf ich mich mit unserem Fahrer, um die kommenden Tage zu besprechen. Derweil besichtigte die Gruppe ausführlich den Xiangbishan (Elefantenrüssel-Berg). Dieser Berg gleicht einem Elefanten der aus dem Li-Fluss trinkt. Die Legende besagt, dass der himmlische Herrscher das Tier hier zum Sterben zurückließ und es daraufhin zu Stein wurde.

Zum Abendessen treffen wir uns wieder. Mit einem Bier lassen wir den Abend an der Uferpromenade ausklingen, wo eine Gruppe älterer Chinesen gemeinsam musiziert – chinesischer klassischer Gesang begleitet von Schifferklavier und Gitarre. Auch eine meiner Kindheitserinnerungen war dabei (für alle Ossis:) „Bella Ciao“ auf Chinesisch!
Nach und nach gesellen sich immer mehr Menschen dazu, tanzen ein bisschen, wippen im Takt, unterhalten sich mit den Sängern. Von einem werden wir auf Englisch in Guilin willkommen geheißen.


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Am Gelbwasserfluss entlang

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

62 km von Xining nach Ledu, lumpige 119 hm bei angenehmen 20 Grad, ein paar konfuzianische Tempel an der Straße und endlich wieder Internet.

Gestern Abend war ich noch ziemlich sauer, im Zimmer gab es kein Internet, dafür aber ein Internetcafe im Haus. Leider haben die Jungs aber meinen Rechner nicht ins Netz einbinden können und auf den ihreigen war die Webseite nur Salat und nicht zu bearbeiten. Beim Versuch des Versendens der Dateien stürzte mir der rechner zwei mal ab und dann bin ich frustriert ins Bett. Wie schön, wenn man dann in ein Hotel kommt, in dem man kein Netz erwartet und dann geht alles richtig gut und schnell, so konnte ich heute die letzten tage nachschieben, bevor wir dann wieder für eine Woche in der randtibetischen Wildnis verschwinden.
Ansonsten gab der Tag nicht so viel Schreibenswertes her. Das Wetter mit 20 grad war grandios und es ging hauptsächlich immer leicht nach unten. Mehr als 15 Kilometer fährt man noch in der nicht enden wollenden Hauptstadt der provinz Qinghai, dann wird es ländlich und herbstlich. Die Bäume stehen in buntem laub, wären da nicht die vielen Chinesen, meinte man sich irgendwo in Mitteleuropa.
Links der Straße zieht der Gelbwasserfluss träge dahin, er ist ein großer Zubringer für den Huang He, auf den wir in Lanzhou stoßen werden. Ein paar Kilometer hinter der Stadt wird es eng im Tal und der Fluss, eine Autobahn, unsere Straße und eine Bahnlinie teilen sich den engen Raum tief unten in der Schlucht.
Zwei schöne konfuzianische Tempel besichtigen wir am Wegesrand, während wir im ersten herzlich begrüßt werden und alle Türen für uns geöffnet werden, versucht uns im zweiten Tempel ein keifendes Weib gleich wieder heraus zu kehren, schreit und zetert, dass wir nicht fotografieren sollen, noch bevor überhaupt jemand die Kamera ausgepackt hat. Die Buddhas dürfe man nicht fotografieren, dass sei nicht gut; worauf ich erwidere, dass es sich hier ja wohl um einen konfuzianischen Tempel handele und es dort gar keine Buddhas gebe. Wie leicht vorstellbar ist trägt eine solche Bemerkung nicht unbedingt dazu bei, dass sich die ältliche Dame entspannt. Wir überlassen sie dann ihrem Herzinfarkt und radeln herzlich lachend weiter, im nächsten Tempel sind wir mit Sicherheit wieder gern gesehene Gäste.
Und recht bald sind wir auch in der kleinen Stadt Ledu. Während die Gruppe ein wenig über den Markt streicht und dann einen Berg mit Pagode und toller Aussicht erklimmt, setze ich mich bis zum Abendessen und danach an die Tastatur und verabschiede mich dann für die nächsten Tage, an denen es wieder recht spannend wird. Morgen besichtigen wir in Qutan einen wunderbaren alten buddhistischen Tempel und dann klettern wir wieder auf 3800 Meter ins tibetische Grasland. Dann sind wir auch schon bald in Tongren, einer tibetischen Stadt, in de sich neben vielen Klöstern auch die besten tibetischen Tankhamalschulen befinden…..aber davon später mehr.


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Zu Gast bei Häuptling Nasenbär

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Jetzt sind drei Tage vergangen, seit ich das letzte Mal etwas geschrieben habe, natürlich ist viel passiert in der Zwischenzeit. Wir sind strapaziert und durchgeschüttelt worden. Wir haben echtes Tibet erlebt und hundertmillionen Mal den Everest fotografiert, unter anderem.

Vorgestern scheint schon lange her zu sein, aber da war uns der erste Blick auf die Himalaya-Riesen erlaubt, natürlich gleich auf die Prominenz: die „Mutter des Universums“ (tibetisch Qomolangma, 8848m) und auf den Cho Oyu (8188m) westlich davon. In frühabendlichem Licht und vor einem wolkenlosen Himmel. Dazu jede Menge 6000er und 7000er, aber die haben ja teilweise nicht mal einen Namen hier. Die Strapazen des Tages waren da natürlich endgültig vergessen. Morgens waren wir glücklich dem Eiskeller entkommen, dem großen unterkühlten Hotel von Lhatse. In den Morgenstunden ist es besonders schön zu fahren, die Welt wacht und wärmt sich auf, alles schimmert in einem besonders warmen Licht. Den Abzweig zum Indus haben wir nicht genommen: das wären 800km nach Westen gewesen, also erstmal zum Kailash, dann im Uhrzeigersinn darum herum und nach etwas über 1000km wären wir dann am Ursprung des heiligen Flusses herausgekommen, mehr oder weniger. Alles ausgeschildert.

Wir hatten wie immer Glück mit dem Wetter und sanften Wind von hinten, Serpentinen, dann drehte sich der Wind und blies immer wütender von vorne, auf den letzten Kilometern zur Passhöhe auf über 5200m waren wir ihm komplett ausgeliefert. Schließlich ein großes Glücksgefühl und ein erster Blick in Richtung der Schneeberge. Track s.u. (der Rest unserer Radlerei wurde nur unvollständig aufgezeichnet, das lasse ich hier weg).

Am nächsten Tag, nach Eintritt in das Everest-Schutzgebiet, war uns klar dass die Fahrt heute nicht weit gehen würde. Eine ungute Mischung aus Waschbrett-, Schotter- und Schlaglochpiste tat sich auf, 60km und ein weiterer 5000er vor uns. Erbarmen für Mensch und Material! Wir wurden also den Großteil des Tages nicht auf dem Rad sondern in den Begleitfahrzeugen durchgeschüttelt. Im Nest Passum waren wir dann natürlich früher als geplant, ein Glücksfall, Passum liegt in einer weiten, vom Everest beherrschten Ebene. Stimmung und Sicht sind großartig. Gäste empfängt man hier selten, die meisten Fahrzeuge fahren direkt zum Basecamp durch. Am Nachmittag sind wir umhergeschlendert, in eine Schule geraten (welche Schule liegt schon auf 4500m?), und wir haben das kleine lokale Kloster der Nyingmapa-Schule aufgestöbert. Abgelegenen Stätten wie diese sind mindestens genauso interessant als die großen Heiligtümer, hier wird man willkommen geheißen und das religiöse Leben ist ursprünglich, es stehen auch mal verbotene Fotos auf den Altären (in diesem Fall vom verschwundenen elften Panchen Lama). Später hat man uns die Tsampa-Mühlen gezeigt, die Nomaden haben gerade ihr Zelt aufgebaut, unsere Unterkunft im Ort war einfach aber sauber und sehr herzlich. Das Dorf – angeführt von Häuptling Nasenbär – saß mit uns zusammen am Yakdung-Ofen und man beglückwünschte und bestaunte sich den ganzen Abend lang.

Die Piste für den nächsten Tag war nicht besser – gut 35km Richtung Rombuk, dem höchstgelegenen Kloster der Welt. Einige Unentwegte habe es dann trotzdem gewagt und triumphiert! Eine große Leistung (ich selber bin im LKW hinterher, mein rechtes Knie macht Probleme, aber nicht schlimm). Immerhin nochmal über 700 Höhenmeter, durch Geröllwüsten, in Staub gehüllt. Aber das Ziel war ein selbstverständlich ein Großes und Erhabenes. Jetzt sind wir in einem Hotel, in dem die Übernachtung mehr als in den meisten chinesischen 4-Sterne-Läden kostet, das aber weder Wasser noch tagsüber Strom hat und noch dazu komplett heruntergewirtschaftet ist. Vor der Terrasse erhebt sich majestätisch Mount Everest. Alles war es wert und alles ist es wert!

P.S. Man beachte in diesem Zusammenhang bitte Sigis schicke Mütze.


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Schilfrohrflötenhöhle

Berg und Wasser, 08. bis 29.10.2011

Der erste Tag in China ist eigentlich ein Reisetag. Nachdem ich meine Gruppe am gestrigen Tag in Beijing in Empfang genommen habe, ging es direkt weiter nach Guilin. Es war bereits halb zehn am abend als wir endlich unser Hotel erreichten. Noch Zeit für das erste leckere Essen mit verschieden gefüllten Jiaozi und Xiao Baozi. (Teigtaschen und Dampfnudeln) und einer ordentlichen Portion Bier, die uns die nötige Bettschwere besorgt.

Als wir am nächsten Morgen erwachen ist das Leben auf der (gegenüberliegenden) Uferpromenade schon in vollem Gange. Direkt gegenüber dem Hotel hat sich eine Gruppe angehender Ärzte versammelt, die kostenlose medizinische Untersuchungen anbieten (Vermessungen aller Art: Größe, Gewicht, Blutdruck). Dieser Service wird direkt von Andreas in Anspruch genommen. Alles in Ordnung – Schwierigkeiten bereitet nur die Vermessung der Körperhöhe, Andreas ist einfach zu groß für die hiesigen Verhältnisse – der Untersuchenden gelingt es kaum die Messlatte anzulegen.

Nach einem geruhsamen Frühstück machen wir uns auf den Weg um die Räder in Empfang zu nehmen, die uns in den nächsten zwei Wochen durch China tragen werden und haben eine erste Gelegenheit, die atemberaubende Landschaft mit ihren bizarren Kalkformationen, die sich vor Jahrmillionen aus dem Boden geschält haben, zu bestaunen.
Irgendwo habe ich gelesen, dass Guilin am reizvollsten bei Regen sei. Nun, diese Ansicht kann ich nicht teilen, nachdem ich im letzten Jahr diese Stadt fast ausschließlich bei Regen erlebt habe. Von der Landschaft sah man eigentlich so gut wie nichts und der Karstberge wurde man erst gewahr, wenn man fast schon mit der Nase daran anstieß.
Um so schöner ist es dieses Jahr, strahlender Sonnenschein, sommerliches Wetter und ein phantastischer Blick auf die wunderschöne Landschaft empfängt uns.

Auf dem Weg zum Radladen, passieren wir einen Häuserblock, der am gestrigen Abend noch völlig intakt war, heute aber hat man den Eindruck, über Nacht sei hier eine Bombe eingeschlagen. Ganze Hausteile sind eingestürzt, Balkone hängen in Fetzen von der Hauswand, die Vorderseite ist fast gänzlich abgerissen und gibt den Blick frei auf noch völlig intakte Wohnungseinrichtungen: hier steht eine noch befüllte Waschmaschine, in der benachbarten Küche sieht man den Wok noch auf dem Herd und auf dem Fernsehgerät stehen Gläser aus denen, scheint es, gerade noch getrunken worden ist. Menschen packen (auf dem Geröllhaufen) ihre letzten Habseligkeiten zusammen, andere haben sich vor und in den Häusern versammelt, rollen Plakate und Spruchbänder an der (zerstörten) Hausfront auf.

Wir wenden uns von der Szenerie ab und radeln zur Schilfrohrflötenhöhle, benannt nach der Pflanze, die hier einst massenhaft wuchs, den Eingang der Höhle verdeckte und aus der man, der Name deutet es an, Instrumente von wohltemperiertem Klang fertigen konnte.
Die Ludiyan (so der chinesische Name) ist eine beeindruckende Tropfsteinhöhle, von denen es in dieser Region nicht wenige gibt. Die bizarr geformtem Stalagmiten und Stalaktiten werden für chinesische Verhältnisse recht dezent von Neonlicht bestrahlt.
Auf dem Rückweg haben wir die ersten beiden Radpannen, der geplatzte Schlauch ist bald behoben, bei der zweiten Panne geht uns allerdings Hans auf mysteriöse Weise verloren. Unser strategisches Suchen, wir teilen uns in Zweiergruppen auf, nutzt alles nichts, glücklicherweise findet Hans allein den weg zurück ins Hotel.
Zwischenzeitlich können wir noch ein Auto beobachten, dass beim Versuch auf dem Radweg zu wenden mit der Stoßstange auf einem Poller hängen bleibt.
Viel Aufregung für den ersten Tag in Guilin, am Abend beruhigen wir uns mit einem guten Essen, Bier und dem ersten Schnaps.

Ruft der Imam auf dem Minarett…..

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

Ruhetag in Xining und Stadtspaziergang, Besichtigung von zwei kleinen Tempeln und der Großen Moschee, Abendessen beim Tibeter

Ruhetag heiß ausschlafen und gemütlich einen Kaffee im Zimmer trinken. Aus dem Hotel um die Ecke gibt es eine wunderbare Marktstraße, hier werden Obst, Gemüse und frisches Fleisch und Fisch angeboten. Die Auswahl ist immense und kann mit dem Frischemarkt in einer europäischen Monopole ohne Probleme mithalten. Die Hoteliers kommen dann auch mit kleinen Dreiradkarren und kaufen den Tagesbedarf für ihre Restaurants.
Xining hat in den letzten Jahren auch ein Facelifting bekommen, in der Hauptstraße reihen sich Klamottenläden aneinander und alles sieht recht ordentlich aus. Im Zentrum gibt es jede Menge Hochhäuser, aber in den Seitenstraßen ist das Straßenleben nicht eliminiert worden.
So finden sich auch ein paar kleine tibetische Tempel hier in den Gassen. Hier ist man als Tourist noch willkommen und kann nach Herzenslust Fotos machen. Die vier Mönche bei der Zeremonie lassen sich auch bereitwillig fotografieren, ebenso wird in der großen Halle das Licht angeknipst, damit man besser Bilder machen kann. Interessant sind drei große stehende Buddhafiguren, wo ansonsten eigentlich die drei sitzenden Buddhas hingehören. In den Seitenflanken beeindrucken acht verschiedenen Reinkarnationen der Guanyin, des einzigen weiblichen Boddhisatva.
In einer anderen Gasse kommt man nur durch die Einfahrt zur Polizeistation in den Tempel, um den tibetische Frauen ihre kleinen Runden drehen. Im Inneren keine Buddhas sondern drei lokale Heilige, am interessantesten ist jedoch die üppige Bemalung der Wände, die schon ein wenig in die Richtung des Supertankhas geht, den wir vor zwei Tagen gesehen haben.
In der Stadt findet man auch nette Cafes mit gutem Kuchen. Am Nebentisch sitzt ein Mönch, der einmal durch sein ziemlich gestyltes Äußeres auffällt, nicht die Einheitsfrisur, sondern Kurzhaarschnitt mit eingearbeitetem kurzen Bart, darüber eine Ray Ben Sonnenbrille, ihm gegenüber einer äußert attraktive und modern gekleidete junge tibetische Frau, beide haben ein i-Phone in der Hand und schauen sich auf dem i-Pad irgendetwas an. In dem Orden wäre eine Mitgliedschaft für mich wohl auch überlegenswert.
Am frühen Nachmittag ziehen wir dann in Richtung der Großen Moschee, schon in einiger Entfernung wird die Moslemdichte immer größer und wir haben Glück, denn der Imam ruft gerade zum Gebet und um die Moschee sehen wir hundert von alten und jungen Männern mit ihren langen Bärten, Brillen und weißen Mützen.
Am Abend finden wir ein tibetisches Restaurant, hier gibt es vorwiegend Fleisch in großen Stücken, wir versuchen uns an einem Stück Yak, der Geschmack ist toll, aber die Tiere sind recht zäh, so dass man dann die Hälfte für die nächsten drei tage zwischen den Zähnen hat. Auch probieren wir Tsampa, das Nationalgericht der Tibeter, bereitet wird es aus gerösteter Hirse, die mit Buttertee vermengt wird. Im Restaurant gibt es dann die „Touristenversion“, wo der Teig etwas mit Zucker abgeschmeckt wird. Die Teigröllchen steckt man sich dann mit den Fingern in den Mund. Im tibetischen Hochland gibt es dann nur die ungezuckerte Version, der noch ordentlich Yakbutter zugefügt wird. hat man sich einmal an den strengen Yakgeschmack gewöhnt, bekommt man feien Unterschiede zu spüren und man glaubt es kaum, je ranziger die Yakbutter, desto besser der Geschmack des Tsampa, Tashidelekh!

Stille Welt

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Die letzten beiden Tage waren meditativ, was das Radfahren angeht. Wir sind auf ziemlich konstanten 4000m das Hochplateau entlanggefahren, es ging meistens geradeaus, von der Sonne beschienen, durch Landschaften von faszinierender Ödnis. Hier tritt jeder schweigend vor sich hin und geht seinen Gedanken nach, man darf wohl annehmen dass es tiefe Gedanken sind. Atem und Wind sind zu hören, manchmal auch ein Tashi Delek (das ist der tibetische Gruß) aus dem Nichts. Etwa von den kleinen Stimmen der Kinder, die auf ihre Schafs- und Ziegenherden aufpassen. Großvieh gibt es hier eher weniger, manchmal Landwirtschaft, natürlich Gerste im Endstadium der Ernte. Schön ist es, die Schattenspiele der Wolken auf den Hügelketten zu beobachten, die Wolken hängen tief und fast regungslos am Himmel.

Dabei fing der Tag gestern für einige von uns nicht gerade meditativ an, unter Franks Federführung hatte man den Tag der Republik durchexerziert und es war spät geworden. Am Abend hatten sich alle gefangen, die nächste Hüttenidylle wurde gefasst zur Kenntnis genommen und zu später Stunde fand man sich schon wieder leutselig im Blauen Salon ein und pflegte leichte Konversation. Whist wurde gespielt, Twist wurde getanzt. Die Stille Welt erwacht nachts zum Leben, insbesondere unser gestriges Straßendorf. Leider nur die Welt der Straßenhunde, kein Wunder dass die den ganzen Tag erschöpft in der Sonne liegen. Was ist nur aus den legendären tibetischen Mastiffs geworden?

Heute haben wir den 5000sten Kilometer der Staatsstraße 318 passiert, der Friendship Highway ist ja nur das letzte Teilstück dieser Straße, welche von Shanghai nach Zhangmu an der nepalesische Grenze verläuft (es ist nicht mal die längste Straße in China, die 010 von der russischen Grenze nach Hainan ist über 5700km lang!). Natürlich haben wir für ein Gedenkfoto posiert, Peter hat an seine Tochter gedacht die in Shanghai lebt und arbeitet. Nächste Woche kommt dort auch noch seine Frau zu Besuch, also alle im selben Land, trotzdem unwahrscheinlich, dass man sich über den Weg läuft.

Ich sitze gerade in einem annehmbaren Hotel, auch das wird sich ändern. Etwas kalt hier im Zimmer, aber wir sind auch schließlich auf über 4000m. Ich verschwinde jetzt mal in das Internetcafé um die Ecke. Morgen wird hart: über der Gyatso La, das ist mit 5250m der höchste Pass des Friendship Highway. Und dann in Richtung der richtig hohen Berge. Kein Internet innerhalb der nächsten Woche, nehme ich mal an…


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Wo die Gebetsmühlen sich drehen

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

Besichtigung des Kumbum Klosters Ta Er Si, Mittag und 27 Kilometer nach Xining, dort großer Waschtag.

Nach dem Frühstück auf dem Zimmer ziehen wir dann rüber ins Ta Er Kloster, der Eingang befindet sich gleich gegenüber unserem Hotel. Es lohnt sich nicht noch vor den Touristenbussen aus Xining dort zu sein, dann ist das Gedränge der Touris nicht so groß und man teilt sich die Tempel mit nur wenigen Pilgern.
Das Kloster ist eines der größten Gelugpa Anlagen außerhalb der heutigen Provinz Tibet und die Wurzeln reichen bis ins 16 Jahrhundert zurück. Der Gründer der Sekte ist Tsongkhapa der im 14. Jahrhundert lebte und wirkte, seine Mutter soll einen ersten Stupa hier gestiftet haben. heute ist die Anlage ein Zentrum für tibetische Pilger, aber noch mehr für Touristen auf einer Chinarundreise, die mal schnell noch ein tibetisches Kloster „mitnehmen“ wollen und noch mehr für chinesische Touris mit dem gleichen Ziel. Deshalb sind die Regeln, was das Fotografieverbot angeht recht streng und gehen etwas an der Zeit vorbei. Es hält sich nämlich kaum einer daran und das betrifft Pilger, die natürlich ihre Reise festhalten wollen, genauso wie Chinesen und Ausländer auf der Jagd nach dem Pulitzerpreis. Entsprechend mürrisch sind die meisten Mönche, die das verbot durchsetzten sollen, aber kaum wird jemand angeraunzt, zückt der nächste schon wieder das Handy und es macht laut und deutlich „Klick“.
Die einzelnen Tempel sind etwas unübersichtlich zu erlaufen, es gibt hier keinen äußeren oder inneren kreis, den die Pilger absolvieren können, aber die Tempel sind im Inneren prächtig ausgestattet. Eine besondere Attraktion ist die Figurenkollektion aus Yakbutter, trotz der Klimaanlage hat der letzte Sommer einigen Figuren in der Hitze die hand oder ein Ohr gekostet, aber die Gruppe aus Figuren und mythischen wesen ist überaus interessant und lohnt jedes mal einen Besuch, denn im Frühjahr wird das nächste Kunstwerk geschaffen, daran arbeiten dann 30 Mönche und Künstler drei Monate.
Heute bekommen wir nun endlich auch ausreichend Tibeter in ihren schweren Mänteln zu Gesicht. Die Frauen tragen lange zu Zöpfen geflochtenen Haare, in denen schwere Silberschmuck eingearbeitet ist. Einig lassen sich gerne fotografieren und sie sind genauso neugierig wie wir und zücken dann ihre Kamera und wollen ein Bild von uns machen. Das ist neu und macht den Spaß nicht mehr nur so einseitig, mögen bald alle Tibeter eine kleine Kamera haben, dann wird es wieder leichter, näher an die tollen Gesichter heranzukommen. In einem Nebentempel schleichen wir uns durch eine eigentlich verschlossene Tür und dürfen drei Mönchen bei einer kleinen Prozession an verschiedenen Trommeln zusehen.
Nach guten zwei Stunden sind wir dann fertig mit unserer Klosterrund, essen noch eine Portion Nudeln und radeln dann die 27 Kilometer hinunter bis nach Xining. Dort beginnt dann der große Waschtag und ansonsten passiert heute nicht mehr viel, zumal es zu regnen anfängt und wir uns den Ruhtag morgen ehrlich verdient haben.
Abends ziehen wir dann noch in ein Feuertopfrestaurant. Diese Art von chinesischem Fondue mit einer scharfen Brühe, in die dann alles Erdenkliche zum Garen gegeben wird, ist immer einer der kulinarischen Höhepunkte in China und so schlemmen wir uns einmal durch den chinesischen Gemüsegarten, natürlich gibt es auch etwas Fleisch, Tofu, Fischbällchen und Wachteleier und danach ist man so satt, dass man nur noch schlafen möchte.


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Der längste Tankha der Welt!

Berge, Tempel, Thangkas, 24.09. bis 24.10.2011

65 Kilometer von Datong bis zum Ta Er Si Kloster bei Xining, 500 hm bei Sonnenschein und bis 20 Grad, allerdings nur große Straße mit verkehr und viel dreckiger Luft.

Xining ist eine Millionenstadt und entsprechend viel Industrie gibt es in der Umgebung. Nachdem wir die großen Kohlekraftwerke passiert haben, sind wir recht dunkel im Gesicht und das liegt nicht an der Sonne, die heute ordentlich heizt. Auch der verkehr auf der Straße ist recht straff, aber nicht gefährlich. nervig sind lediglich die Busfahrer und die Trucks, die sich laut hupend ihren Weg durchs Gedränge blasen.
Leider gibt es keine andere Strecke um die Stadt herum und wir wollen außerdem noch ins Museum für Tibetische Medizin. Der Prachtbau liegt am Stadtrand in einem großzügig gestalteten Industrieviertel und ist Touristen so gut wie unbekannt. Dabei beherbergt er neben einer Ausstellung zur Geschichte und Gegenwart der tibetischen Medizin eine im Guiness Buch der Rekorde verzeichnete Attraktion. Der mit 618 Metern längste Tankha der Welt! An diesem Kunstwerk haben 400 Künstler 27 Jahre lang gearbeitet und er ist seit knapp 10 Jahren fertig gestellt und hier zu besichtigen.
Doch zuerst sehen wir uns die Exponate der tibetischen Mediziner an, die Instrumentenkoffer sind beeindruckend und abschreckend, man ist das schon beim Anblick lieber wieder gesund. Zahlreiche Tankhas dienen als Schautafeln zu Krankheiten, Krankheitsbildern und Ursachen, sowie zeigen medizinische Pflanzen und zu Heizwecken nutzbare Tiere.
Dann geht es ins obere Stockwerk, wo sich das 618 Meter lange Kunstwerk durch ein Labyrinth von Gängen gewunden entlang schlängelt. Es geht einmal quer durch die gesamte Geschichte Tibets, beginnend in der Steinzeit bis hin zum vorletzten Dalai Lama. Den gegenwärtigen in Indien beheimateten Gottkönig hat man geflissentlich ausgelassen, ebenso wie den von diesem ausgewählten Panchen Lama. Viel Raum gibt es auch für die mythischen Götter und Dämonengestalten des Landes und des tantrischen Buddhismus. Interessant sind besonders die Details des Wandgemäldes, die unheimlich detailliert gearbeitet sind. Auf der einen Seite ist es schade, dass das Kunstwerk so wenig bekannt ist, auf der anderen Seite ist man dafür aber fast völlig alleine in dem großen Gebäude. Fast zwei Stunden brauchen wir allein für den Tankha und kommen dann ordentlich hungrig wieder auf die Straße zurück.
Bei der Durchfahrt durch die Stadt findet sich dann auch ein Lokal und mit vollem Bauch geht es wieder aus der Stadt heraus. Bis zum Ta Er Si Kloster geht es leicht und stetig bergan, zum Schluss ist der Verkehr nicht mehr ganz so heftig.
Als wir gegen 17 Uhr ankommen hat natürlich das Kloster schon seine Pforten für die Touristen geschlossen, aber das war ja auch so geplant, denn die Besichtigung steht für den nächsten Tag auf dem Programm. Die Klosteranlage füllt das ganze Tal aus, was bei über 800 Mönchen, die hier ihren Dienst verrichten kein Wunder ist. Im Zentrum befinden sich die verschiedenen Tempel und Heiligtümer, der höchste Tempel ist mit einem goldenen Dach gedeckt.
Unser Hotel sieht eigentlich ziemlich heruntergekommen aus, zumindest, was die Flure und Gänge angeht, aber es gibt im linken Flügel richtig schnuckelige Zimmer im tibetischen Stil. das heißt im Zimmer befindet sich tibetisches Mobiliar, eine bunte hölzerne Sitzgruppe und die Betten auf einem Plateau sind durch ein niedriges Tischchen getrennt, sehr charmant und deshalb gehe ich hier immer gerne wieder her, zumal wohl im ganzen Ort auch nichts Besseres zu finden ist, wie wir bei unserem Spaziergang feststellen.
Die ganze Stadt lebt vom Kloster und den Pilgern. Zahlreiche Souvenirläden verklingeln teuere Buddhafiguren und tibetischen Silberschmuck, die Preise sind immense und es ist kaum vorstellbar, dass sich ein Tibeter so etwas leisten kann. Interessant ist auch, dass die meisten Läden fest in moslemischer Hand sind, ebenso wie die meisten Restaurants.
In der Nebenstraße wird buddhistisches Tempelzubehör hergestellt. man findet eine Manufaktur, die Buddhafiguren in allen Größen und Formen gießt, die halbfertigen Torso sind im Hof lieblos aufeinander geschichtet, kaum vorzustellen, dass alle Figuren in ein paar Wochen oder Monaten schon das Objekt der Anbetung eines sehr religiösen Volkes sind.
Die meisten anderen Manufakturen sind auf Tempelzubehör spezialisiert und es wird überall gehämmert und Kupferblech getrieben, daraus entstehen dann Verzierungen und Figuren, die die Tempeldächer schmücken.
Als wir um 20 Uhr ins Hotel zurückkehren ist alles duster und kalt und so ziehen wir uns dann noch mit einer Flasche Kräuterlikör aufs Zimmer zurück, der wärmt ordentlich durch und plötzlich ist eine Heizung gar nicht mehr so notwendig.


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Schon wieder Buddhismus

Auf dem Dach der Welt, 27.09. bis 22.10.2011

Aber was will man machen, wenn man wieder ein großes Kloster besucht, wie heute: Tashilhunpo, den „Berg des Glücks“. Es ist das größte aktive Kloster Tibets und seine Geschichte ist hochdramatisch: die Gründung veranlasste der erste Dalai Lama (1447) und setzte seinen Lehrer als Abt ein, dieser gilt als der Erste der Panchen Lamas. Im Folgenden hatten die Inkarnationen des Dalai und des Panchen Lama eine konfliktreiche Geschichte, beide standen in Konkurrenz und waren doch aufeinander angewiesen. Der Panchen muss z.B. den nächsten Dalai Lama bestätigen: der heutige elfte Panchen Lama residiert in Beijing, von der VR-Regierung handverlesen. Die eigentliche Inkarnation verschwand 1995 und lebt seitdem unbekannt irgendwo im Hausarrest. Ein Grund mehr für die Prophezeiung, dass der 14. Dalai Lama auch der letzte sein wird.

Große Teile Asiens sind vom Buddhismus durchdrungen, Hoch-und Alltagskultur, alles Leben. Das könnte irgendwann langweilig werden, aber das Gegenteil ist der Fall. Weil man einerseits immer mehr davon kennenlernt und der Buddhismus andererseits sehr vielfältig ist. Tibet übt sich in Synkretismus: Elemente des südostasiatischen Hinayana („kleines Fahrzeug“) verschmelzen mit dem ostasiatischen Mahayana („großes Fahrzeug“) und werden ergänzt durch ganz eigene, tantrische Herangehensweisen, denen des Vajrayana („diamantenes Fahrzeug“).

Es ist bei allen Theorien viel beeindruckender, die Gläubigen selbst zu erleben: wie sie ihre Sanskrit-Mantras murmeln, wie sie mit ihren Gebetsketten und Gebetsmühlen um Stupas und Tempel laufen. Auf unseren Strecken flattern die Gebetsfahnen, aus den Autos regnen Papiere mit den Windpferden des Buddhismus auf uns nieder. Die weißen Kathag (Schals) wurden uns zur Begrüßung umgehängt, man sieht sie an Tempeltüren hängen und an religiös aufgeladene Stellen gewickelt. Kurz hinter Lhasa haben wir ein paar Frauen auf ihrem Pilgergang gesehen, in ständigen Niederwerfungen. Wahrscheinlich kommen sie aus Osttibet und haben schon Monate wenn nicht Jahre hinter sich, bis nach Indien oder vielleicht zum Kailash werden es weitere Jahre sein. Sie falten ihre Hände und lassen sich auf die Knie sinken, dann strecken sie sich zu voller Länge aus. Aufstehen, drei Schritte und die gleiche Prozedur. Aber angelacht haben sie uns dabei.

Hier ist alles durchdrungen vom Buddhismus, ganz egal ob die geistige Führung nun emigriert ist, ob es zunehmend Folklore wird oder ob der Staat in den meisten Entscheidungen seine Hände im Spiel hat. Meine Gruppe ist auch durchdrungen, natürlich ohne ihr Dasein im roten Staub der derzeitigen Wiedergeburt dadurch geringer zu schätzen. Helmut wollte heute mit der Rikscha ins Hotel zurück und landete in einer Seitengasse, der Fahrer hatte die Flucht ergriffen (dass wir uns hier recht verstehen: Helmut ist der netteste Mensch!). Da saß er dann wohl in der Rikscha und ist irgendwann zu Fuß los. Aber beim Abendessen war er anwesend. Jens hat ein weiteres Hausschild erobert, das wird Gudula freuen und wahrscheinlich weiß jetzt nur sie, was damit gemeint ist.

P.S. Blog hoffentlich wieder in Lhatse, in zwei Tagen. Wenn dann nicht, dann lange nicht.