Im Land der zwölftausend Obstsorten

Goldenes Dreieck, 05.11. bis 30.11.2011

Pünktlich zum Start unserer Tour hat auch Andreas, unser Längster, sein passendes Rad abbekommen – custommade in China, noch schnell über Nacht zusammengebacken. Mit seinen über 1,90m wird er uns hier auch nicht so leicht verloren gehen. Wir verlassen Jinghong in östlicher Richtung und überqueren den Mekong, dem wir flussabwärts für knapp 30 km bis nach Ganlanba folgen. Alle fühlen sich unterfordert. Aber keine Angst, es kommen schon noch genug Berge! Heute rollen wir gemütlich bei schönstem Sonnenschein am gemächlich dahin fließenden Mekong entlang. Die ethnische Minderheit der Dai hat hier in Xishuangbanna ihren autonomen Bezirk und in Ganlanba ihren Themenpark. Den nehmen wir uns am Nachmittag vor und rollen umher zwischen Stelzenhäusern, Tempeln, Palmen und bunten Trachtenverkaufsständen. Günther lädt sich auf eine Hochzeit ein und die anderen durchstreifen nach Lust und Laune den Park. Glücklicherweise hat man das größte Tagesgeschäft schon hinter sich gebracht und wir können uns in aller Ruhe eine Kokosnuss knacken lassen. Überhaupt befinden wir uns hier in einem tropischen Früchteparadies, die Bananen werden einem regelrecht hinterher geworfen, es gibt frische Ananas und Papaya, Mango, Tamarinde, Maracuja – hinter jeder zweiten Ecke lauert ein neuer Früchtestand. Dort machen wir auch die Bekanntschaft mit der sogenannten ‚Eierfrucht‘ (lucuma nervosa) – außen grüngelb, innen eigelb, schmeckt wie eine Mischung aus Ei und Mango. Hmmm. Der Renner war aber bisher die geköpfte Maracuja zum Auslöffeln.


[ngg_gallery=301]

Älter als Jesus

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Ein beliebiger Morgen der Auf-Jeden-Fall-Geher: 4:20 Uhr Weckruf, der Regeln prasselt auf das Vordach, ein leicht belustigter Blick aus dem Fenster. Kurzer Kaffee, dann ungefrühstückt um 4:50 Uhr raus, Kapuze auf, kurz wird den anderen Gehern zugenickt, dann hoch zum Sonnenaufgang. Es prasselt, es windet, die Frisur hält. Wir waren noch um kurz vor sieben am diskutieren, wann der Sonnenaufgang wohl war (GPS gab an 6:05 Uhr, die Schilder an der Bahnstation 6:35 Uhr).

Ein amüsanter kleiner Unsinn heute morgen, doch der Regentanz hat sich ausgezahlt: in leichtem Nieselregen haben wir dem Alishan eine zweite Chance gegeben, es wurde am späten Vormittag dann schließlich richtig klar und trocken und wir haben einen Hauch von „Wildromantik“ (Hans) erleben dürfen, mit Bäumen „Älter als Jesus“ (Hans), d.h. manche Zypressen über 2000 Jahre alt. Das Gebiet ist touristisch erschlossen und von schönen Wanderwegen durchzogen, im chinesischen Kulturkreis hat es fast mythische Bedeutung: der Tee, vor allem aber das „Fräulein vom Alishan“ (Alishan de Guniang) – eine Ethnoschnulze die in jeder chinesischen KTV-Bar läuft. Noch schöner hier ist, dass man den Wald einfach sein lässt, übrigens ein Markenzeichen der ganzen Insel, ein einziger dicker grüner Traum.

Mittags dann schon wieder im Bus des lässig betelkauenden Herrn Huang, mit kleineren Spaziergängen zwischendurch, subsumiert sind wir ganz schön gelaufen heute. Die Vegetation war immer aufregend und abwechslungsreich, unten dann Bananen, Wein und Betelnuss-Palmen auf einem einzigen Feld. Und jetzt sind wir am pittoresken Sonne-Mond-See, haben die Aussicht von unseren Balkonen genossen und eine kleine Bootsfahrt unternommen (welche Filmszene wurde hier dargestellt, wer wird demnächst den Teddy gewinnen, wer weiß es)? Jetzt wird schon wieder gewürfelt, es ist hochemotional.

Es gibt Reis, Baby!

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
______________
Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
______________

Die Reisernte im Isaan ist in vollem Gange. Endlos fahren wir an Reisfeldern vorbei, nur hin und wieder von einem Zuckerrohrfeld oder einem kleinen Wäldchen unterbrochen, das sich beim genaueren Hinsehen oft als kleine Kautschukbaum-Anpflanzung erweist. Immer noch ist die Landwirtschaft der vorherrschende Wirtschaftssektor der Region und der Reisanbau spielt dabei die wichtigste Rolle. Normalerweise wird der Reis bei diesem Klima drei- bis viermal pro Jahr reif, aber hier sind die Böden sehr sandig und oft so ausgelaugt, daß die Ernte nur einmal pro Jahr möglich ist. Zum Schutz gegen Sonne und Insekten sind die Köpfe der Reisbauern bis auf schmale Schlitze für die Augen vermummt und von hohen Hüten bedeckt. Mit der kleinen Rundsichel in der Hand arbeiten sie sich mühsam Reihe für Reihe durch die Felder. Die geschnittenen Halme werden locker zu einer Garbe gebunden und vorsichtig zur Seite gelegt. Dabei stehen alle Erntehelfer – natürlich – die ganze Zeit bis zu den Knöcheln oder tiefer im Wasser, denn der Reis mag es gerne naß. Diese Arbeit ist nicht nur äußerst beschwerlich, sondern auch gefährlich. Ständig droht die Gefahr, von einer Schlange gebissen zu werden, und nicht für alle Arten gibt es ein Serum. Von den unheimlichen Krankheiten, die man sich durch tückische Insekten einfangen kann, gar nicht zu reden …

Jahrelang gab es zur Handarbeit bei der Reisernte keine Alternative. Maschinen, die man einsetzte, soffen im wahrsten Sinne des Wortes ab. Aber jetzt gibt es spezielle Mähdrescher, die (ähnlich wie Panzer) auf Ketten laufen und die die anstrengende Arbeit natürlich in einem Bruchteil der Zeit erledigen. Wer es sich leisten kann, mietet sich also tageweise einen Mähdrescher. Diese Erntemaschine wird das Leben der Reisbauern drastisch verändern und ich würde gerne in zehn Jahren wiederkommen, um zu sehen, wie die Menschen im Isaan dann leben.

Sobald der Reis – von Hand – gedroschen ist, die Reiskörner also von den Halmen getrennt sind – werden sie auf blauen, gaze-artigen Planen zum Trocknen ausgebreitet, oft an der Straße, direkt vor den Häusern. Zwischendurch müssen die Körner mehrfach von einer Harke gewendet werden. Erst wenn der Reis richtig trocken ist, wird er von den Händlern aufgekauft. Welch mühevolle Arbeit!

Wer freut sich im November über einen bedeckten Himmel? Die wilden Radler von China By Bike auf den Spuren der Khmer (und wahrscheinlich auch die Reisbauern im Isaan)! Nach den letzten Tagen, wo die Sonne ohne Pause vom Himmel brannte und der Sonnenschutzfaktor 50 für mitteleuropäische Bleichgesichter Pflicht war, sind wir begeistert von diesem Wetter!!

Auch die längste Strecke – die heutige Etappe war 106 km lang – nimmt irgendwann ein Ende und so schaffen wir es noch für ein Dreiviertelstündchen auf den Markt, bevor es dann gegen sechs sehr schnell sehr dunkel wird. Und da sind sie endlich, die frittierte Heuschrecken & Co, ein wenig ersehnt, ein wenig gefürchtet, aber probiert haben muß man sie doch mal. Tatsächlich finde ich dieses Amuse-Gueule ziemlich unspektakulär, doch so, gut gewürzt und mit ein bißchen Frühlingszwiebel, warum nicht?

Beim anschließenden Abendessen dürfen wir wieder die herrliche Isaan-Küche genießen: Köstliche Brühe mit Fisch und Meeresfrüchten, Larb Gai, ein fruchtig-frischer und sehr typischer Salat mit kleingehacktem, gegartem und noch warmen Fleisch, wahlweise mit Schwein oder – wie heute abend – mit Huhn, mehrere im ganzen frittierte Fische, deren Fleisch man von den Gräten pflückt und nach Geschmack in eine scharfe Sauce dippt, verschiedenes, sehr schmackhaftes Gemüse, kurz im Wok gegart und noch knackig, und ein sehr raffiniertes Gericht mit Seidentofu in kleinen Bällchen, die in einer Teighülle kurz fritiert wurden, so daß sie nicht auseinanderfallen, zusammen mit verschiedenen Pilzen in einer sämigen Sauce.

Ja, es hat auch Reis dazu gegeben, Baby.


Tainan, dann die Berge

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Text heute – über die letzten beiden Tage – von Monika (die aus der Garküchen- und Auf-Jeden-Fall-Geher-Fraktion):

„Frühstückskaffee zu bekommen ist eine zeitraubende Angelegenheit. Der Automat überlegt lange bevor er eine halbe Tasse ausspuckt. Vielleicht doch ratsam, auf Tee umzusteigen. Deshalb steht heute auch eine Tee-Probe an. Aber erst einmal Tainan kennenlernen, erst einmal zu einem historischen Fort. Hier mussten sich im 16. Jahrhundert die Niederländer geschlagen geben. Um die Ecke liegt dann der Tempel des Kriegsgottes. Die vorwiegend männlichen Besucher zünden ganze Büschel von Räucherstäbchen als Opfergaben an.

Wir verabschieden uns von Jens, Jan bringt ihn zum Bahnhof und vertraut uns David an. Dieser hackt mit uns säuberlich die nächsten Programmpunkte ab. Der Konfuzius- Tempel und dann ein Stand mit frisch gepresstem Obstsaft. Der erste ist historisch und der zweite geschmacklich wertvoll. Zufrieden traben wir David hinterher. Er hat uns noch einen Robin-Hood-Tempel ausgesucht. Gewidmet einem Wohltäter der die Reichen prellte und die Beute an Arme verteilte. Der konfuzianische Tempel war schlicht und museal, der letztere lebendig und fast kitschig. Ein großer Abakus hängt mitten im Hauptraum. An diesem können die Sünden der Besucher abgelesen werden. Leider nicht öffentlich und für alle verständlich. Weiter zum 7-Eleven – wir brauchen Getränke und haben Entzugserscheinungen nach der Eintrittsmelodie, dann bitte einen Bankomaten, Nudeln essen und in den Park wollen wir auch noch. Und bei drei Männern steht auch noch ein Friseurbesuch an.

Zur Teeprobe erscheinen Ludwig, Eckhart und David frisch frisiert. Eckhart fährt sich durch die Haarstoppel – bisschen kurz geraten vielleicht? Nein – steht ihm gut. Der winzige Laden ist liebevoll ausgestaltet. Dicht gedrängt sitzen wir um das Tischchen und halten vorsichtig die zerbrechlichen kleinen Teeschalen in den Händen. Die Besitzerin erklärt, Jan übersetzt und wir kosten. Gekonnt jongliert unsere Teezeremonienmeisterin mit den verschiedenen Tees. Grün, halb fermentiert, schwarz. Erster Aufguss, zweiter Aufguss, heißes, nicht so heißes Wasser. Verschiedene Farben, milder, grasiger, herber Geschmack. Manche von uns verlieren die Übersicht. Ernst outet sich als Teekenner und hält ein kurzes flammendes Plädoyer für grünen Tee .Er hat als einziger die Teesorten sorgfältig mitgeschrieben und muss jetzt seinen Zettel für Abschriften zur Verfügung stellen. Hans entdeckt vertrocknete Disteln, die ins heiße Wasser geworfen werden, aufblühen und dann wie große Seeigel aussehen und ebenfalls Tee ergeben. Wir erstehen unsere Mitbringsel, Jan vers

Im Land der zwölftausend Reisfelder

Goldenes Dreieck, 05.11. bis 30.11.2011

Nachdem wir uns in den ersten anderthalb Tagen ausgiebig mit den Flughäfen von Bangkok und Kunming vertraut machen durften, haben wir das touristische Niemandsland endlich hinter uns gebracht und sind am späten Abend in unser chinesisches 4-Sterne Hotel mit den zwei dicken Elefanten am Eingang eingerollt und sogleich in die Betten geplumpst. Die lange Reise hat uns aber wenigstens auch weit genug nach Süden gebracht, dass wir die kulturelle Übergangszone zu Südostasien erreicht haben und es gibt bereits anstandslos einen anständigen Kaffee zum Frühstück. Der bringt uns wieder auf die Beine bzw. in den Sattel und wir verlassen die Stadt in Richtung Westen. Dort liegt in einer Senke der Flughafen, den wir großzügig umrunden, um uns von den umgebenden Hügeln einen Überblick zu verschaffen. Ab und zu segelt ein Flugzeug auf Augenhöhe vorbei und als wir den ersten Tempel am Straßenrand entdecken, biegen wir ab und gelangen direkt auf einen kleinen Dorfplatz, auf dem gerade ein Hahnenkampf in vollem Gange ist. Obwohl offiziell verboten ist diese Tradition hier offenbar nicht totzukriegen. Die beiden Kämpfer sehen schon reichlich mitgenommen aus und wir drehen uns wieder in die andere Richtung. Tiere gibt’s schließlich auch an den Tempeln – im Gegensatz zum weiter nördlich gelegenen chinesischen Kernland werden in dieser Gegend die Eingangsbereiche und Dächer der Tempel aber nicht von Löwe, Drache und chinesischem Einhorn geziert, sondern von Pfauen, Elefanten und Schlangen. Unsere Fahrt führt uns weiter zu einer heißen Quelle, die zwar ganz einladend aussieht, für die es uns dann aber doch nicht kalt genug ist. Wir rollen lieber gemütlich über Feldwege zum Hotel zurück und beschließen den ersten Tag bei einem ausgiebigen Abendessen mit den lokalen Spezialitäten.

PS: der erste Blog-Versuch – naja, später gibt’s auch noch mehr Bilder;)


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/11/2011-11-07.gpx“]

Loveparade im Isaan

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
______________
Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
______________

Laute, sehr rhythmische Musik stoppt uns auf der Landstraße. Auf der Ladefläche eines Pickups werden wir von einer siebenköpfigen Band mit Isaan-Musik und begeistertem Hallo begrüßt. Die Boxen sind auf Anschlag gedreht, so daß jeder Käfer und jeder Wasserbüffel im Umkreis von mehreren Kilometern ebenfalls die Hüften mitschwingen lassen kann. Wie sich schnell herausstellt, hören wir aber gar keine Livemusik, sondern werden von der Konserve beschallt. Die Anlage dazu befindet sich auf einem großen, halboffenen LKW mit Riesenlautsprechern nach allen Seiten, ähnlich wie bei der Loveparade. Beide Wagen gehören zu einer kleinen Karawane von mehreren Autos, extra angeführt von einem Polizeifahrzeug. Alle Wageninsassen sind auf dem Weg zu der Weihe eines buddhistischen Mönchs, der mit ihnen verwandt ist oder aus dem gleichen Dorf stammt. Da eine der Regeln – es gibt 227 davon! – für die Mönche ihnen verbietet, Geld anzufassen, ist es üblich, zur Weihe zu schenken, was sie zukünftig brauchen: Ein safrangelbes Gewand, Schreibzeug, Bücher. Zum Fest werden die dazu benötigten Scheine als Geldbäume übergeben. Der moderne Mönch nutzt aber durchaus auch einen iPod (selber gesehen) oder auch mal eine Kreditkarte (sagt Tommy).

Wir begleiten die Karawane mehrere Kilometer, die mitreißende Musik geht in die Beine und die Räder rollen selbst bei kleineren Anstiegen ganz von allein. Deshalb Khmer 114 an die Zentrale in Berlin: Zukünftig radeln wir nur noch mit Begleitmusik!!!

Einige Kilometer weiter hören die Ersten von uns wieder Musik. Als auch der Rest der Gruppe bei dem Zelt anlangt, vor dem die Musiker spielen, ist die Versammlung gerade dabei sich aufzulösen. Etwa 50m entfernt sehen wir vier betende und singende Mönche und mehrere Gläubige – eine Beerdigung. Auch hier gibt es feste Regeln: Eine Beerdigung wird immer von vier, eine Hauseinweihung immer von neun Mönchen begleitet.

Nach mehr als 80 km kommen wir schließlich in Kap Choeng an. Obwohl dieser Ort nahe der kambodschanischen Grenze eigentlich sehr abgelegen liegt, reißt der Strom der Autos, die uns überholen, nicht ab. Des Rätsels Lösung: Ein großes, illegales Spielcasino, das anscheinend magische Anziehungskraft ausübt und offensichtlich von der Polizei geduldet wird. Spielhöllen dieser Art gibt es mehrfach entlang der Grenze und sie bringen wohl gutes Geld. Wer verdient alles mit daran?

Hier sind wir endgültig im „Wilden Fernosten“ gelandet. Unser heutiges Quartier fordert Demut von uns, die Einrichtung der Zimmer ist auf das Nötigste beschränkt (das kann man wörtlich nehmen) und über der ganzen Stadt hängt ein hartnäckiger Rauch, der sich auch bis zum nächsten Morgen nicht verflüchtigt hat.

Heute Nacht habe ich die Zimmernummer 8. In Thailand steht die 8 für das „Glück“. Hätte ich lieber ins Casino gehen sollen, anstatt mich auf’s Ohr zu hauen? Wie passend, daß sogar der Anhänger meines Zimmerschlüssels eine Spielkarte ist.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/12/2011-11-06.gpx“]

Österreich

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Das buddhistische Kloster Foguangshan ist nichts für Puristen. Es liegt in Süd-Taiwan, in der Nähe der Stadt Kaohsiung, man zieht hier alle Register: Foguangshan ist Mutter von fast 200 internationalen Ablegern und 3 buddhistischen Universitäten, die „Merit Times“ mit einer Auflage von 200 000 täglichen Exemplaren wird hier herausgegeben, Beautiful Life Television hat seine Sendestation auf dem Gelände. Wir werden vom Mönch Hue Shou durch das ausufernde Gelände geführt, in seinem früheren Leben Österreicher. Der schwarze und immer leicht angewiderte Humor seiner Landleute ist im geblieben, der Rundgang gerät kurzweilig, er schont nichts und niemanden.

Man weiß nicht, was man von diesem Kloster halten soll, von dieser enormen Wohltätigkeitsmaschine. Sein Gründer Hsing Yun hat jedenfalls eine sehr pragmatische Herangehensweise, wenn es darum geht, den Menschen seinen Glauben näherzubringen: nachdem er Disneyland in Florida besucht hatte, wurde die „Höhle des Reinen Landes“ auf dem Foguangshan-Gelände in Auftrag gegeben. So etwas hat man noch nicht gesehen, das Vorbild wirkt dagegen hyperrealistisch. Schwer da eine Meinung zu haben, muss man ja auch nicht immer, interessant war der Besuch in jedem Fall. Wenn er sich nicht sehr täusche, dann wäre es das nach dieser Wiedergeburt und er müsse sich mit dem ganzen Humbug nicht mehr herumschlagen, meinte Hue Shou zum Abschluss.

Die Räder haben wir ja nun zurückgelassen und sind zu faulen Bustouristen mutiert. Bis nach Tainan sind wir inzwischen chauffiert worden (anstrengender als Radfahren, das war der allgemeine Tenor). Tainan gefällt auf Anhieb, es ist dunstig und lebendig, auf den Straßen wird gesessen und gegessen, viele alte Tempel und altes Leben. Der Huayuan-Nachtmarkt gestern Abend war orgiastisch, man darf sich bei solchen Gelegenheiten nicht schonen sondern sollte sich bis zum Anschlag durch die Stände futtern. Triumphal war die Ausbeute bei den Glücksspielen vor Ort: Monika freut sich, dass sie ihrem Gepäck jetzt auch noch einen überdimensionierten Snoopy zufügen konnte. Jens hat ein tolles ferngesteuertes Auto gewonnen, Glückwunsch!

Das nimmt er jetzt nach Shanghai mit und wird dafür Respekt ernten, heute hat er schon wieder den Abflug gemacht. In Shanghai arbeite er seit einem Jahr für sein großes französisches Unternehmen. Mittlerweile als Direktor („Jingli“, hat ihn selber überrascht, als ich ihm das auf seiner Visitenkarte übersetzt habe…jaja, die Chinesen und ihre Titel).

Der wahre Wert des Königs Wen von Zhou

Die Schöne Insel, 21.10. bis 13.11.2011

Ruhetag im Badeort Kenting, also eine gute Gelegenheit, die Orakelsprüche aus den daoistischen Tempeln zu übersetzen, die der ein oder andere auf dem Weg eingesammelt hat. Mysteriös! Das Hotelpersonal weiß kaum weiterzuhelfen. „Mit 80 war man einst Tai Gong, erst dann wusste man vom König Wen“, „Studiere eifrig den ersten Band des Gelben Klassikers“ (viel Spaß, Ludwig!), etc pp. In jedem Tempel – es gibt sehr viele Tempel auf Taiwan – kann man es mit dem Schicksal aufnehmen. Meistens schüttelt man sich ein Orakelholz zurecht, befragt die Yin-und Yang-Klötzchen ob die Zahl darauf in Ordnung geht und zieht dann den entsprechenden Zettel mit unergründlicher Aufschrift. Und gibt es dann mir zur Übersetzung, natürlich bin ich erstmal komplett hilflos. Aber spätestens heute Abend wird man Bescheid wissen, über Alles.

Heute also Gammeltag in Kenting, die Radtour ist rum, was uns alle wehmütig gestimmt hat. Die Giants haben uns nun verlassen und auch das ist schade, der smarte Jiagen und die burschikose Mingfang. Es war wunderschön hier im Osten der Insel Radzufahren. Sogar unsere Schnellsten sind gegen Ende immer langsamer geworden, um die Kilometer auszukosten. Der letzte Teil der Strecke war pazifisch, die Weite, die sich auftut, ist kaum mehr vorstellbar. Die nächste ernstzunehmende Landmasse wäre Hawaii, was nicht gerade um die Ecke ist. Unbestimmte Sehnsüchte bringt dieses Meer mit sich, Gischt der Brandung, Schaum der Tage, frischgezapfte Bierkronen, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Im Südosten der Insel war auch kaum mehr was los, die kleinen Fischerdörfer hatten allerdings eins gemeinsam: ihren 7eleven, der uns zumeist als Raststation gedient hat. Eigentlich nur um Hans zu unterstützen, stolzer und optimistischer Aktienbesitzer dieses Unternehmens.

Der Wind hat uns mächtig südwärts getrieben. Gestern fuhren uns Ute und Volker über den Weg, alte Freunde von mir und der Firma, das war vielleicht schön! Sie schlagen sich diesmal alleine durch und sehen gut und gesund dabei aus, in Taibei wollen wir uns wiedersehen. Leider fahren sie in die falsche Richtung, mit dem Wind werden sie zu kämpfen haben, vielleicht sollten sie doch eher auf den Südwestmonsun warten, der Wind soll allerdings erst im Mai wieder drehen.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/11/2011-11-04.gpx“]

Spenden mit Ansage

Auf den Spuren der Khmer vom 29.10. bis 27.11.2011
______________
Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von der Teilnehmerin Renate Exner verfasst. Vielen herzlichen Dank!
______________

Uns zieht es weiter nach Nordosten, in den Isaan, eine Region, die flächenmässig fast ein Drittel von Thailand ausmacht und sich auf der Khorat-Hochebene in 800 bis 1000 m Höhe erstreckt. Dieses weite Land, in den Jahrhunderten davor umkämpft zwischen Laos und Thailand, befindet sich heute kulturell irgendwo zwischen beiden Ländern.

Bevor wir mit den Rädern den Spuren der Khmer folgen, wollen wir noch unsere Wasservorräte im Begleitbus großzügig auffüllen und werden endlich mal thailändische Großstadtluft einatmen. Auf der Fahrt nach Khorat, der Hauptstadt der Provinz Nakhon Ratchasima, lockt uns neben der Straße ein imposantes, sakrales Bauwerk, der Virhan (=Gedächtnisstätte) Luang Phor Toh. Ein in Thailand sehr populärer Schauspieler, Sorapong Chatree, läßt diesen Tempel zu Ehren des buddistischen Mönchs Luang Phor Toh errichten. Wie berühmt und beliebt dieser Mönch aus dem 19. Jahrhundert in Thailand immer noch ist, läßt sich für uns auch ohne große Kenntnis erahnen, so beeindruckend und gepflegt ist die große Anlage, an der seit Jahren weitergebaut wird. Luang Phor Toh lebens- und überlebensgroß, mit und ohne Gold, als Statue und gemalt, ist wieder und wieder abgebildet.

Als einzige Farangs (=Ausländer) dürfen wir nach der Besichtigung der Anlage gemeinsam mit mehreren hundert einheimischen Besuchern Nudelsuppe schlürfen. Das Essen ist eine milde Gabe, aber es darf gerne gespendet werden. Der Spender wird dann von einem Spendenwächter mit Mikrophon in ein Kurzinterview verwickelt und alle dürfen neben der Nudelsuppe erfahren, woher der edle Spender kommt und was ihm Gutes in Zukunft widerfahren soll. Danach trinken wir – noch immer auf dem Gelände der Anlage – in einem schnuckeligen Café ganz westlich Cappuchino, abgerundet mit einem Bananenmuffin.

Am Abend schieben wir uns durch das Großstadtgewühl von Khorat. Während des Vietnamkrieges war in dieser Stadt eine wichtige Air Base der US Army stationiert. Von hier aus wurden Nordvietnam und Kambodscha angegriffen. Mittlerweile ist das bald vierzig Jahre her und da 60 Prozent der Thais jünger als 25 sind, schwindet die Anzahl der Einwohner, die sich noch an diese Katastrophe und die GIs erinnern. 1967 allerdings waren ca. 40.000 US Soldaten in ganz Thailand stationiert, mehrere tausend davon sicher auch in Khorat. Heute abend scheinen wir aber die einzigen Westler in der Stadt zu sein – sie ist nicht gerade als Touristenhochburg bekannt.

Unser Abendessen ist ein Fest für den Gaumen, verschiedene Köstlichkeiten aus der Region. Währenddessen tobt eine heftige Geräuschkulisse um uns, zwei Fernseher wetteifern miteinander, der Verkehrslärm ist unermüdlich und die vielen Gäste des Lokals kämpfen sich mit ihren Stimmen durch diesen Geräuschpegel. Welcome to Asia!


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2011/12/2011-11-01.gpx“]