Stillleben mit Wäscheleine

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Nun haben wir endgültig den letzten Tag unserer Radtour erreicht, der nochmal eine abwechslungsreiche Strecke, aber auch einiges an Autoverkehr bereithält. Zunächst hält uns eine bergige Umgehungsstrecke durch die Vororte noch ein wenig auf Distanz zur Hauptstraße, aber bald müssen wir uns unsere Route wieder mit dem chinesischen Feiertagstourismus teilen. Einen Stopp legen wir noch ein am Huanglingmiao, einem Tempel, der Yu dem Großen und seinem gelben Ochsen gewidmet ist, die der Legende nach gemeinsam die drei Schluchten geschaffen haben.
In der Haupthalle hat man noch zwei Säulen mit den Marken des Jahrhunderthochwassers von 1870 belassen, bei dem selbst dem großen Yu das Wasser bis zum Mantelkragen gestanden hätte. Wie er da so steht. Aber tatsächlich ist er ja erst nachher aufgestellt worden, also kann man jetzt sagen, dass er nach seiner Verewigung in Form einer Statue die Fluten erfolgreich zurückgehalten hat.

Ein paar Kilometer weiter setzen wir zügig mit der Zweirad- und Personenfähre über, während Xiao Yang mit seinem wahlweise gas- oder dieselgetriebenen Mobile etwas länger an der größeren Autovariante warten muss. Der nun folgende letzte Passanstieg unserer Tour hält nochmal einige schöne Ausblicke auf die letzte der Drei Schluchten bereit, die allerdings wieder durch das diesige Wetter getrübt werden.

Karin sagt, ich soll den Blog mal in fototechnischer Hinsicht aufpeppen und Hautnahes aus dem chinesischen Alltag präsentieren – es kann auch ruhig mal etwas Schlüpfriges dabei sein. Diesem Wunsch sein hiermit mit dem Stillleben mit Wäscheleine entsprochen.

Der Rest unserer heutigen Strecke bringt uns heftiges Stauen an einem chinesischen Vergnügungspark mit Bungeerampe und Riesenschaukel und eine doch irgendwie ganz interessante Stadteinfahrt mit älteren verschlafenen Vororten und einem recht ansehnlichen großstädtischen Zentrum. Heute Abend verabschieden wir auch noch unseren Fahrer Xiao Yang, der uns fast drei Wochen begleitet hat und sich morgen auf den Heimweg in seine 750 km entfernte Heimatstadt Xi’an machen wird. Sicher werden wir uns noch lange an ihn erinnern, unser tägliches hautnahes Beispiel chinesischer Kultur. Er hat uns tatkräftig zur Seite gestanden, hat uns angefeuert, für musikalische Untermalung gesorgt, uns heimgeleuchtet (in den Tunneln), Essen eingekauft und zwischendurch auch ab und zu mal sich und sein Bäuchlein mit einem kurzen Schönheitsschlaf verwöhnt.


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Der Tempel, der aus Disneyland geflogen kam

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Durchwachsenes Wetter und kein Blick auf den heiligen Berg

Vor acht Jahren sind Andreas und ich von Deqin zum Feilai Si, dem „Tempel, der von weit angeflogen kam“ geradelt. Der Tempel stand einsam an einem Hang, kein Gebäude weit und breit. Zwei Kilometer und eine Kurve weiter blickten wir von einem hölzernen Teehaus auf das Massiv des Kawa Karpo, jenem heiligen Berg, der der Sitz des gleichnamigen Schutzpatrons der Gegend ist.
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Der Kurweg von Dali

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

27 km Wanderung im Cangshan-Gebirge, 670 HM, Regen, Nebel, Sonne

Diesen Begriff hat Henning geprägt. Nach dem Frühstück lassen wir die erwachende Altstadt und die bereits touristenvolle Filmstadt und Talstastion der Seilbahn von Dali hinter uns. Bei klarem Wetter hätten wir den Weg auf den Gipfel (per Seilbahn oder alternativ zu Fuß) versucht. Heute aber nehmen wir die Treppen, die durch den Nadelwald zum Pfad auf halber Höhe führen und nur eine handvoll Wanderer angelockt haben. Einmal oben angekommen, könnte man hier oben etwa 12 km mit dem Rollstuhl entlang flanieren – ein ebener, gepflasteter breiter Weg bietet schöne Ausblicke auf den Ohrensee und die Altstadt. Heute sehen wir fast nichts, deswegen entschließen sich einige aus der Gruppe nach dem Mittagsstopp am daoistischen Zhonghe-Tempel zu einem Experiment.

Am Ende des Kurwegs führt der Pfad weiter durch die Hügel. Ein Schild („Nicht regelmäßig gepflegt, möglicherweise tödlich, kenne deine Grenzen“) erklärt ausdrücklich, dass ab hier Weitergehen auf eigene Gefahr stattfindet. So gefährlich wie angekündigt war der Weg nicht, dafür aber sehr schön, nur leider etwas nass. Nach etlichen Kilometern an einem Waldweg, vorbei an den Gräbern der Stadt, erreichen wir etwas müde und durchnässt die Altstadt von Dali. Aber wir hatten es nicht anders gewollt: ein Minibusfahrer hat vergeblich versucht, uns aufzunehmen. Von 30 Kuai pro Person war er auf 20 Kuai heruntergegangen und hatte sogar freundlicherweise angeboten, uns das Reststück kostenlos mitnehmen. Seltsam, diese Deutschen…

Am Abend erwartet uns in einer einfachen Garküche (die man gar nicht so genau untersuchen möchte) das mit Abstand beste Essen der Tour. Nach einer Massage falle ich müde ins Bett. Heute kann mich selbst der Lärm der beiden Diskotheken gegenüber nicht mehr am Einschlummern hindern.


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Durch die Schluchten

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Heute morgen müssen neben unserem Gepäck auch erstmal unsere Räder verladen werden, denn diesmal können sie nicht mit aufs Boot, sondern müssen einen ca. neunstündigen Umweg durch die Berge nehmen. Wir dagegen wollen mit dem Boot die Drei Schluchten durchfahren und uns außerdem den im hinteren Teil befindlichen Staudamm anschauen. In den letzten Tagen hatten wir glücklicherweise immer gutes Wetter und es hat nicht geregnet. Das könnte allerdings auch mit dazu beigetragen haben, dass sich heute mal wieder eine in China häufig anzutreffende Wetterlage durchsetzt, die alles in einen trüben Dunst hüllt. Auch das vollbesetzte Linienboot lässt nur eine mangelhafte Aussicht zu, so dass wir von den Schluchten heute insgesamt nur wenig zu sehen bekommen.

Gegen Mittag erreichen wir dann unseren Hafen und steigen um in den Bus, der uns zum Staudammareal bringt. Die Ferien zum chinesischen Nationalfeiertag sind in vollem Gange und wir reihen uns in den Touristenstrom ein, der generalstabsmäßig geplant durch das riesige Staudammareal geschleust wird. Es gibt verschiedene Aussichtspunkte auf den Damm und die Schiffshebewerke und zum Ende noch einen Gedenkpark für die Maschinen, die beim Bau des Staudamms verschlissen wurden. Zu dieser Jahreszeit ist der Wasserstand nicht besonders hoch und alles sieht recht ruhig aus, aber wer schonmal die Stromschnellen in der Tigersprungschlucht am oberen Yangzi gesehen hat, der kann sich vielleicht ungefähr vorstellen, welche Kräfte hinter der 2 km langen Mauer aufgestaut werden. 660 km lang ist der Stausee, über 1 Mio. Menschen wurden umgesiedelt. In China hat man es immer gerne ein bisschen größer als anderswo. Die Energiegewinnung und die bessere Hochwasserregulierung sowie die bessere Schiffbarkeit des Yangzi gegen die ökologischen Folgen und die Folgen der Umsiedlung. Schwer zu sagen, wie lange es noch dauern wird, bis man hierzu eine endgültige Bilanz ziehen kann.

Wir haben heute auch das Drei-Provinzen-Eck von Shaanxi, Chongqing und Hubei hinter uns gelassen und haben endgültig die Provinz Hubei erreicht. In dieser Region befand sich vor gut 2000 Jahren das Königreich Chu und da wir am Abend in der Stadt auf ein Restaurant treffen, dass das entsprechende Zeichen in seinem Namen trägt, nehmen wir gleich die Gelegenheit war, uns mit der Küche dieser Gegend vertraut zu machen. Insgesamt etwas weniger scharf als weiter im Westen und etwas ausgewogener gewürzt wie wir finden. Davon kann es ruhig noch ein bisschen mehr sein in den nächsten Tagen.

Nur mal schnell zum Mekong

Auf den Spuren von Wanda, 26.09. bis 14.12.2013

Königsetappe. Legenden, Drama, Nebel, Sonne. Alles zwischen 10 und 25 Grad

Wenn Chinesen Straßen bauen, machen sie es richtig. Weg mit störenden Bergen, Häusern oder anderen Hindernissen. Täler werden überbrückt, Pässe untertunnelt und Dörfer umgesiedelt.

Manchmal steht aber auch die Topographie dagegen. „Nur mal schnell zum Mekong“, wie Uli es in einer Bierlaune ausdrückte, heißt auch für den Straßenbauer, dass sich ein über 4.000 Meter hohes Felsmassiv nicht so einfach ignorieren lässt. Auch wir haben Respekt vor der heutigen Etappe, holen unsere Räder aus dem klostereigenen Minimarkt und satteln gegen 8:30 die Drahtesel. Auf den ersten Kilometern haben die chinesischen Straßenbauer ganze Arbeit geleistet. Verschwunden sind die endlosen Auf-und-Ab-Fahrten in jedes Seitental, die Andreas und mir vor acht Jahren das Leben so schwer gemacht haben. Flüsterasphalt und konstante 7-8 Prozent Steigung.

Bis die neue Straße ein Erdrutsch zugedeckt hat. Auf zwei Kilometer Länge. Das heißt für uns: Eine steile Rampe hinauf bis zur alten Straße, durchbrochener Asphalt, nun dann doch Steigungen bis zu 10 Prozent, aber immerhin ein Anflug von Nostalgie. Nach gut zehn Kilometern hat uns die neue Straße wieder, Straßenarbeiter aus Sichuan versichern uns, dass die neue Straße Erdrutsche und andere Unwägsamkeiten vergessen machen wird („so wie heute?“, liegt mir die Frage auf der Zunge). Die Luft wird dünn, die Steigung steil und die Luft zunehmend kühler. Nebel verdeckt die Bergspitzen, die ersten Radler steigen auf das Begleitfahrzeug um. Nur Christa zieht wie eine Nähmaschine nach oben und ward bis zum Abend nicht mehr gesehen.

Sehnsüchtig fällt der Blick auf fast fertiggestellte Tunnel, die unsere Strecke ein wenig abkürzen würden. Stattdessen: Ein Extrapass, irgendwo im Durcheinandern zwischen alter und neuer Straße eingefügt. Also drei Pässe über 4.200 Meter für uns, mit jeweils 100 Höhenmetern Abfahrt zwischen den Passhöhen und dann das gleiche wieder nach oben. Während Christa im Wortsinne über alle Berge ist, quälen Rudi und ich uns als die letzen Mohikaner die Nebel umwogenen letzten Meter den finalen Pass hinauf. 500 Meter Radeln, eine Minute Luftholen. Wieder 500 Meter Radeln, wieder eine Minute Pause. Schließlich stehen wir auf 4.290 Metern Höhe, könnte aber auch in der Lüneburger Heide bei Nebel stehen, die Aussicht ist die gleiche. Rudi schnappt nach Luft und fährt schon mal ab, ich warte auf das Begleitfahrzeug mit der Gruppe. Dramatisch reißt der Nebel auf und legt Bergspitzen frei, die ich in Europa in den Dolomiten verorten würde. Dann ist der Rest der Gruppe auf der Passhöhe angekommen.

Eine kurze Abfahrt, dann wartet Rudi auf uns, von Christa immer noch keine Spur. NUn laden auch Rudi und ich unsere Räder auf das Auto und fahren gemeinsam mit der Gruppe nach Deqin. Da wartet dann nach Christa. Wäre dies die Tour de France, Christa hätte heute den entscheidenen Vorsprung herausgefahren.

Dann schlägt die große Stunde unseres Fahrers. Beziehungsweise seines Navigationssystems. Unser Hotel sei nicht in Deqin, sondern in Feilaisi, 10 Kilometer weiter. Leider bin ich zu müde, um zu insistieren, dass ich ein Hotel in der Stadt und nicht in der Tourizone gebucht habe. Das bringt uns eine halbstündige Fahrt bei Dämmerung nach Feilaisi, und dann, nachdem Xiao He, unser Fahrer eingesehen hat, dass das Hotel doch in der Stadt liegt (weil das Hotel in seinem Navi zwar ähnlich heißt, aber keine Zimmer mehr hat), eine halbstündige Fahrt bei Dunkelheit wieder zurück nach Deqin.

Das Hotel in Deqin weiss dann von uns, wir halten kurz den durchschwitzten Körper unter warmes Wasser und kehren in der kleine Garküche gegenüber für das bisher beste Essen der Tour ein.


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Uli ist die Härte

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Strecke,70 – 105 km, Wetter wechselhaft

Ein kurzes Hoch auf Uli, unseren schwäbischen CBB-Veteranen (bereits zum fünften Mal mit uns unterwegs) – nur kurz und schon das ist ihm sicherlich peinlich! Er ist in Topform und das, obwohl er noch in Lhasa leichtes Fieber hatte. Heute z.B. ist er als einziger komplett durchgefahren, über einen 5000m-Pass, durch Sonne, Wind, Hagel und Schneeregen. Und wenn es sein muss, wartet er geduldig auf die Nachzügler. Feine Leistung!

Die Höhe scheint er gut abzukönnen, wir sind ja alle noch unter ihrem Einfluss, die einen mehr und die anderen weniger. Herbert hat schwer zu kämpfen, kommt aber langsam in Schwung. Reinhard hatte eine miese Nacht (auf 4400m, das ist aber auch ein großer Sprung) und hat sich heute durchgeschleppt. Jürgen radelt sonst wie der Weltmeister, aber auch er muss der Höhe Tribut zollen. Für uns alle ist die Performance noch tagesformabhängig, aber wir geben alles: Rosi und Helmut fahren im Gleichtritt den Karo La hoch (5015m), es gibt wenig höhere Pässe auf der Welt. Dagmar ist heute später auf das Rad gesteigen und ließ es dann richtig rollen und Eckhart hat sich bis kurz unter die Passhöhe gekämpft, bis ihm der Magen Probleme gemacht hat.

Eins ist aber mal klar: bei dieser Landschaft ist es schlussendlich egal, wie sehr man sich plagen muss und ob man ab und zu im Fahrzeug sitzt oder nicht. Was bleibt wird in jedem Fall der Eindruck dieser Landschaft sein, durch die wir klein und winzig durchrollen dürfen.


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Steinschatzberg

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Transfer von Lijiang nach Dali mit Besichtigung des Steinschatzberges

Zwischen Lijiang und Dali liegt versteckt in den Hügeln eine Tempelanlage aus der Zeit des Nanzhao Königreiche, die von 750 bis zum Einfall der Mongolen um 1250 unabhängig vom Chinesischen Reich bestanden hatten. Die Bilder sprechen für sich, ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.

Am Abend in Dali war die Enttäuschung groß. Die Drei Pagoden stehen nämlich nicht, wie auf den meisten Fotos suggeriert, am See, sondern am Fuße des Hügels. Nach guten sechs Stunden Fahrt, Straßensperrungen und dem Stau am Südtor stelle ich entsetzt fest, dass wir heute auch noch umziehen müssen. Mit Sack und Pack schon wieder durch die Menschenmenge und am Ziel angekommen die beiden angesagtesten Clubs der Stadt… wir hätten uns einen schöneren Abschluss für diesem schönen Ausflug gewünscht.


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Drei-Sterne-Tour

Die Drei Schluchten des Yangzi, 13.09. bis 08.10.2013

Unsere Tour der Drei Schluchten ist nicht umsonst auch eine Drei-Sterne-Tour. Neben der Königsetappe gibt es hier nämlich auch noch eine heimliche Königsetappe. Wer von einem der Dreischluchtenstädtchen zum nächsten fahren will und gerade kein Boot zur Verfügung hat, muss über den Berg. Unweigerlich. Die Streckenführung ist aber einfach. Zuerst geht es ganz lange bergauf und dann ganz lange bergab. Zum Ende hin dann wellig. Das klingt einfach und schaut auf dem Höhenprofil recht harmlos aus, kann aber nochmal ganz schön fies werden. Insgesamt macht das gut 80 km mit fast 1700 Höhenmetern. Da unsere Stadtein- und ausfahrten heute ganz besonders tief im chinesischen Straßenlärm und –dreck versinken, wird der Tag nochmal zu einem kleinen Härtetest für Beine und Nerven.
Im welligen Teil der Strecke treffen wir gegen Ende noch auf die Stadt des Weißen Kaisers und machen einen kurzen Abstecher. Ihr Platz befindet sich auf einem Felsen, der mittlerweile von den Fluten des Yangzistausees umspült wird, oft nebelverhangen gewesen sein soll und deshalb wegen seiner mythischen Aura ausgewählt wurde. Davon ist heute nicht allzu viel zu spüren, sondern vielmehr die geballte Wucht des chinesischen Feiertagsverkehrs, der sich über die Uferstraße voranstaut. Heute bestimmen kilometerlange Autoschlangen und rangierende Reisebusse das Bild.

Fengjie hinterlässt einen etwas zwielichtigen Eindruck bei mir. Wir suchen noch ein Restaurant für unser Abendessen und laufen die Hauptstraße herunter, aber erstmal Fehlanzeige. Wir versuchen, uns durchzufragen. Oh ja, man kann uns helfen, gleich um die Ecke soll ein Restaurant sein, das unsere Wünsche erfüllen kann, man wird uns gleich hinbegleiten. Wahrscheinlich gehört das Restaurant der Schwägerin, aber na gut, muss ja nicht schlecht sein. Das Restaurant ist ein bisschen schmuddelig und das ist nicht so gut, also weiter. Schräg gegenüber gibt es einen Einkaufstempel mit einer großen Restaurantreklame, das versuchen wir als nächstes. Es gibt einen Fahrstuhl und ich will erstmal nach oben fahren, um die Lage zu prüfen. Der Fahrstuhl fährt ins Tiefgeschoss und ein Meister im Arbeitskittel fängt an, Mülltonnen in den Aufzug zu wuchten. Wir fahren weiter ins nächste Tiefgeschoss und die Mülltonnen werden wieder ausgeladen. Es sieht aus wie in den Katakomben des Dresdner Hauptbahnhofs, die ich kennenlernen durfte, als ich noch richtig arbeiten musste. Keine gute Erinnerung. Wir fahren zum Glück wieder nach oben. Noch mehr Mülltonnen. Wir erreichen den fünften Stock mit dem Restaurant, ich stolpere über ein paar Müllberge und lande in einem Schnellrestaurant. Es ist zwar ausreichend hell hier, aber das macht es auch nicht besser. Also weiter. Wir laufen noch ein Stück die Straße hinunter und landen an einer großen Brücke. Und endlich – hinter dem Geländer tut sich ein großes Loch auf, angefüllt mit Restaurants. Von unten leuchten die roten Lichter der Restaurantreklamen und Dampfschwaden von Feuertöpfen steigen auf in den Nachthimmel. Das ist nicht nur einfach nur eine Fressgasse, sondern eine regelrechte kleine Fressstadt. Wenn der Höllenfürst immer noch in der Geisterstadt Fengdu weiter oberhalb am Yangzi wohnt, dann könnte ich mir vorstellen, dass er demnächst hierhin umzieht.


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Ruhetag in Lijang

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 17.09. bis 09.10.2013

Ruhetag in Lijang

Kann man in Lijiang überhaupt einen Ruhetag einlegen? Ja, in der Stunde vor dem Frühstück, wenn die Geschäfte noch geschlossen sind und nur einige Fotografen unterwegs sind. Heute hat uns sogar der Jadedrachen-Schneeberg seine gletscherbedeckten Gipfel gezeigt.

„Die Stadt befriedigt alle Bedürfnisse“, meint Astrid, als wir am Abend bei einem Bier im schönen Innenhof unsere Erlebnisse vergleichen. „Shoppen, Kaffee trinken, Ausgehen und Karaoke am Ballermann von Lijiang, Massage… sogar Kultur ist dabei, namlich das Naxi Orchester von Xuan Ke, das sich in diesem Jahr auf ein einheitliches Erscheinungsbild geeinigt hat.“ Ruhe hat sie am Hausberg von Lijiang gefunden, der „am Hintern der großen Mao-Statue beginnt“ und in einem Rundweg über die Friedhöfe der Stadt führt.

Ich habe mich am Nachmittag mit Kathrin auf einen Kaffe verabredet. In der Altstadt ist es mittlerweile so voll, dass ich nur noch raus möchte. So gehen wir möglichst durch Nebengassen zum südlichen Ende, wo der lokale Markt stattfindet. Hier kann man herrlich stöbern und neben Gewürzen, Tees und allerhand Haushaltsgegenständen die eine oder andere Rarität aus der traditionellen chinesischen Medizin entdecken. Ich suche aber nach Bananen für die morgige Fahrt nach Dali. „Ich habe hier noch drei Pfund süße kleine Banenen und eine handvoll Mandarinchen“, ruft mir eine Verkäuferin zu. „Nimm alles zusammen für 20 Kuai, dann kann ich endlich nach Hause gehen“. Ein guter Deal für beide, und sie packt ihren Stand für heute zusammen.

Am Abend besuchen die meisten der Gruppe das Naxi Orchester von Xuan Ke. Hier spielen uralte Männer auf noch älteren Instrumenten etwas gewöhnungsbedürftige Stücke der Naxi und Traditionelles aus der Tangzeit. Allen hat`s diesmal gefallen. „Na ja, da war noch der Gesang der Frauen“, schmunzelt Robert. Die Stimmlage geht zugegebenermaßen ein Stückchen über die Schmerzgrenze des westlichen Ohrs hinaus. Trotzdem würden wir jedem Lijiangreisenden neben Shopping und Co den Besuch dieser Kulturveranstaltung sehr empfehlen.

Höhenrausch

Auf dem Dach der Welt, 24.09. bis 20.10.2013

Strecke: knapp 70 km, Wetter: bewölkt, später sonnig

Wir sind in Nagarze angekommen und sogar zum Schmutzbier zu kaputt, das will was heißen. Stattdessen ein Becher Kaishui (heißes Wasser) auf dem Zimmer. Der Kampa-La, der erste große Pass auf unserer Tour, hat uns heute fast den ganzen Tag gekostet…der Ort Nagarze und vor allem das Hotel sind kalt, der Wind weht eisig vom Yamdrok-See herüber. Aber man kann heiß Duschen, d.h. wenn man den Trick raus hat.

Aufbruch war früh und nach einer Stunde waren wir am Pass, von da an ging es 20km nur bergauf, 1200 Höhenmeter. Das klingt machbar, aber auf dieser Höhe fordert es das Doppelte an Energie. Hier ist der Luftdruck nur etwa halb so hoch wie auf Meeresspiegel und dementsprechend schwach ist die Sauerstoffzufuhr. Angekommen sind wir schließlich auf 4800m, einige haben sich durchgehechelt, andere sind zwischendurch in den Begleitbus gestiegen, oben der fantastische Blick auf den wunderschönen Yamdrok- See und alle Schmerzen waren vergessen. Am See sind wir dann noch 25km entlang gefahren, dann waren wir durch: die Höhe, der Anstieg, der Wind. Kurz nachdem wir für die letzten 30km ins Fahrzeug gestiegen sind, hat es zu schütten angefangen, gut gemacht.

Jetzt haben wir üppig gespeist und sind wieder hergestellt. Morgen wird auch nicht leicht, wir knacken die 5000m-Marke und wenn alles nach Plan läuft, werden es über 100km.


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