Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016
Ruhetag in Huai’an
Das Wetter ist gnädig mit uns. Nein, nicht wirklich, auch heute haben wir wieder mit Schauern zu kämpfen. Und mit einigen Wolkenbrüchen. Aber immerhin werden wir meist nicht nass und das Wetter hält sich an unsere Besichtigungszeiten.
Huai’an hat immerhin fast 5 Millionen Einwohner und ist eine der wichtigsten Städte der Provinz Jiangsu. Tatsächlich kommt es uns weniger entwickelt, weniger modern vor als die simplen Kreisstädte, die wir die vorhergehenden Tag besucht haben. Zuweilen fühle ich mich, und mit mir die alten Chinahasen Anke und Sven in der Gruppe ein gutes Jahrzehnt in die Vergangenheit versetzt. Einige Ecken von Huai’an haben sich sicherlich sogar in den letzten 25 Jahren kaum verändert.
Geschichte, wohin man sieht!
Vor allem in der Gedenkstädte für Zhou Enlai, dessen Familie aus Huai’an stammte. Zhou Enlai, neben Mao Zedong während der 1950er und 1960er Jahre das Gesicht der Volksrepublik China, erster Ministerpräsident, Außenminister, sprachkundig, jovial. Der Mann, wie viele Kenner Chinas glauben zu wissen, der hinter der mächtigen Gestalt Maos die Fäden zog. Der die Annäherung an die USA und die Aufnahme in die UNO in den 1970er Jahren maßgeblich vorbereitete. Dem Truman den Händeschlag verweigerte, weil er im Wahlkampf nicht händelschüttelnd mit einem Kommunisten fotographiert werden wollte.
Der Mann, der in der Kulturrevolution Schlimmeres verhindert hat, sagen die einen. Das Weichei, dem das eigene Wohlergehen wichtiger war als der berechtigte Widerstand gegen Maos Politik, beklagen einige. Derjenige, der hinter all den Irrungen und Wirrungen steckte und Mao nur vorschob, behauptet sogar eine verschwindend kleine Minderheit.
In der chinesischen Bevölkerung war und ist Zhou Enlai auf jedenfall ohne Einschränkungen beliebt, das konnte außer ihm nur Sun Yat-sens Anfang der 1980er verstorbene Frau Song Qingling von sich behaupten.
In Huai’an steht nun also seine ehemalige Residenz und seine etwas überdimmensionierte Ehrenhalle. Ehre, wem Ehre gebührt. Eine äußerst informative Ausstellung führt durch Zhous Leben und damit auch durch die chinesische Revolutionsgeschichte.
Und Huai’an war nicht immer eine „rückständige“ Millionenstadt. Zu den Hochzeiten des Kaiserkanals blühte hier der Handel. Letzte Zeuge hiervon finden wir in einem kleinen historischen Viertel von Huai’an, das wir mit der hochmoderen Straßenbahn erreichen.
Ein wenig alte Bebauung und drumherum eine Menge Disneyland chinesischer Prägung. Besser als die seelenlosen Hochhausviertel, die Huai’an prägen allemal. Wir gönnen uns ein leckeres Mittagessen während eines Regengusses und statten dann dem lokalen Giant-Radladen einen Besuch ab.
Morgen geht es endlich wieder auf die Fahrräder!