Mit Sack und Tüten quer durch Passum

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Tagesausflug zum höchsten Kloster der Welt, echt jetzt?

Ich wache auf, es ist mitten in der Nacht. Mein Kopf tut weh. Wahrscheinlich die Erkältung in Kombination mit der Höhe. Einmal von 4000 m auf über 5200 m und dann wieder auf 4400 m runter, das geht ganz schön aufs Gemüt. Ich liege also wach und lausche meinem pochenden Schmerz im Schädel und denke: Irgendetwas stimmt hier nicht.

Dann fällt mir auf, alles ist dunkel. Ich bediene alle Schalter, nichts geht – Stromausfall. Gut. Egal. Ich konzentriere mich darauf wieder einzuschlafen. Wälze mich im Bett hin und her. Auf einmal Wosch!!!! Festbeleuchtung! Alle Lichter brennen. Der Strom ist wieder da. Und ich bin wohl doch eingeschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich erstaunlicherweise ziemlich entspannt und ausgeschlafen. Das Frühstück ist reichlich: Eier, Toast, Eierkuchen, Marmelade, Gebäck, Nüsse, auf Wunsch gefüllte Teigtaschen und vieles mehr. Dann geht’s ab in den Bus und los in Richtung Mt. Everest.

Der Weg führt uns in weiten Serpentinen durch eine endlose braune Mondlandschaft immer weiter bergauf bis wir den Gyol La Pass erreicht haben. Auf der andern Seite sind sie dann, noch von Wolken umflort, doch ab und an erhaschen wir einen Blick: fünf Achttausender und unter ihnen der höchste, der Mt. Everest. Wir stehen zwischen wedelnden Gebetsfahnen und können uns kaum losreißen. Hoffen immer noch auf einen besseren Blick, ein besseres Foto.

Langsam wird es aber kalt im Wind und es geht zur nächsten Station. Zum höchsten Kloster der Welt, dem Kloster Rongbuk. Hier ist auch das Höchste Klo der Welt und das höchste Restaurant. Letzteres haben wir getestet (Susann wagt sich trotz stark lädierter Lippe an ein superscharfes Rindfleischgericht, mutig!). Wir stehen straff im Gegenwind, bewundern das Panorama. Vor uns der höchste Gipfel der Welt und wir wissen, dass wir ihn wahrscheinlich nie wieder so nahe kommen werden. Irgendwo hinter ein paar Serpentinen, 10 km weiter liegt das Mt. Everest Basecamp, was wir Normalo-Reisenden nicht betreten dürfen.

Jetzt sitzen wir gemütlich um den Yakdung-Ofen in unserem netten Homestay in Passum. Es wird langsam mollig warm und wir sind froh, dass wir nach dem zweiten Versuch und einem leicht chaotischen Umzug endlich in der richtigen Herberge gelandet sind. Wir sichten Fotos, trinken Ingwertee, lassen die letzten Tage Revue passieren und gleich gibts Essen.

Da waren`s nur noch fünf

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Dali nach Weishan,72 km, ein Anstieg, etwa 600 HM insgesamt

Das ist wieder so in Tag, an dem die Bildauswahl schwer fällt. Zuerst die Verabschiedung von Claudia und Ulrike, die ihren langen Heimweg antreten. Wir wünschen Euch eine gute Reise und ein schönes Ankommen zu Hause. Es war eine sehr schöne Zeit mit Euch. Xiao Luo und die kleine WenWen werden heute auch noch nach Hause fahren und in ihrer Heimatstadt Jingdong auf uns warten. Ab jetzt sind wir noch zu fünft auf dem Rad unterwegs, und zwar „Entlang der Teestraße“, dem jetztigen Abschnitt der langen Reise Mythos Mekong.

Zuerst radeln wir noch etwas schweigsam vor uns hin. Ich habe Claudias Rad übernommen und den Eindruck, es fährt fast von allein. Die Straße nach Dali Neustadt ist vierspurig, der Verkehr hält sich für die Feiertagswoche aber in Grenzen. Sicher sind alle schon am See und machen Fotos. Hinter Dali Neustadt beginnt unser heutiger Anstieg. Auch der fährt sich gut, denn der Belag ist neu und der Schwerverkehr nimmt die parallel verlaufende Hauptstraße. Dafür besteht der Belag der alten Straße abwärts noch aus Staub, Schotter und Schlamm, so dass wir etwas langsamer am Stausee und den vielen Reisfeldern vorankommen. Unten angekommen fahren wir durch Dörfer der muslimischen Minderheit, hier und da steht eine Moschee und die Frauen tragen Kopftuch. Auf der Passhöhe hatten wir noch mit Regen gerechnet, der Wind war kühl, aber so langsam wird es warm und in der Sonne heiß. Im Vergleich zu den Dörfern am See ist dies eine echte Landpartie, überall wird Mais getrocknet und Reisstroh aufgestellt, vom hippen Leben am nahen Ohrensee bei Dali ist hier nichts zu spüren.

Auch an unserem Zielort Weishan, eine einst blühende Karawanserei auf der Teestraße, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Keine Hochglanzläden, keine sich durch die alten Gassen schiebenden Massen. Heute ist der 21. Reisetag, wir haben schon unglaublich viel gesehen, denke ich so bei mir. Etwas lustlos wandern wir durch Weishan. Zumindest mir geht es anfangs so. Vielleicht waren es nicht genügend Radkilometer, oder es ist einfach zu heiß und die neue Gruppengröße noch zu ungewöhnlich, villeicht drückt die Erkältung auf die Stimmung, wahrscheinlich war von jedem etwas dabei. Nach und nach zieht Weishan mich aber wieder in seinen Bann. Immer mehr Chinesen wollen Fotos mit uns machen und ihr Englisch testen. Am Abend sitzt der Frauenchor vor dem Trommelturm und singt das Geburtstagslied der Volksrepublik in Dauerscheife. Der Dirigent, wahrscheinlich ein pensionierter Lehrer, versucht ein Gespräch mit uns und singt ein paar Zeilen, sichtlich stolz auf seinen Chor.

Was mich aber am meisten fasziniert ist das Restaurant in der Nähe unserer Herberge. Es ist wie bei meinem letzten Besuch hier in Weishan. Noch nie habe ich einen so gut organisierten Laden gesehen. Gekocht wird im Akkord, jeder Handgriff sitzt, die Einheimischen strömen in Scharen herein und ein Gericht nach dem anderem geht über die Ladentheke. Na ja, eine Ladentheke gibt es nicht, denn gekocht wird im Eingangsbereich draußen: drei Woks werden von zwei Köchen bedient, vor ihnen sind die Zutaten schon aus der Auslage ausgewählt und vorbereitet, wofür wieder eine Person zuständig ist. Im Eingangsbereich, wo zwei Frauen die kalten Salate zubereiten, wird auch bestellt und abgerechnet, dort drängen sich die Gäste. Etwas abseits gibt es dann Woks für Suppen und Gemüse. Harald steht eine ganze Weile im Weg und filmt, was den Koch aber nicht im Geringsten zu stören scheint. Dazwischen laute Rufe zur Veständigung, welche Gerichte noch anstehen… hier zuzusehen und auf die Stichflammen zu warten, die in unregelmäßigen Abständen hochschießen, ist einfach ein Genuss. Irgendwann machen wir dann noch einen kleinen Spaziergang und landen schließlich wieder im gemütlichen Innenhof der Herberge.


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2019-10-02_lancang191.gpx“]

An der Goldküste

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Früh um 9 starten wir, der Himmel ist wolkenlos. die Sonne sticht. Wir nehmen die Cycle Route No. 1, und rollen immer der Küste entlang. Links haben einen traumhafte Blick auf die Nordküste Taiwans, rechts faszinierende, grünbewachsene Berge. Nach etwa 40 km, in Yehlui essen wir zu Mittag und besuchen im Anschluss daran den Geopark. „Ja, wenn wir doch schon mal hier sind“, sagt Ina nüchtern. Es hat sich gelohnt. Uns bieten sich beeindruckende Steinformationen, deren Form nur durch Erosion entstanden sind.

Weiter geht es, immer der Küste entlang bis nach Jiufen, einer ehemaligen Goldgräberstadt. Ein ca. 2 km langer Anstieg führt von der Küste hoch in die Berge. Der Anstieg war schweißtreibend. Außer Renate, unserer Bergziege, quälten wir uns alle den Berg hinauf. Eine Kurve folgte auf die andere, es war kein Ende in Sicht. Nur die Aussicht auf das Schmutzbier trieb uns hoch.

Jiufen war bis Ende des 19. Jahrhunderts ein kleiner Ort mit nur neun Familien, daher der Name. Als während der japanischen Besatzung 1893 Gold entdeckt wurde, wuchs das kleine Dorf zu einer Stadt. Die teils in den Berg hineingebauten Häuser sind größtenteils im Japanischen Stil.

Wir kommen in einem Guesthouse unter. Hier gibt es zwei Gebote: Tür zu wegen der Mücken und Schuhe ausziehen. Wir lernen, dass man ein Guesthouse nie mit Schuhen betritt. Die Wirtin gibt uns Schlappen, unsere Schuhe stellen wir in ein mit unserer Zimmernummer versehenen Regalfach. Die Zimmer sind einfach, der Blick dafür grandios auf das im Tal liegende Meer. Leider war die Sonne schon untergegangen als wir unsere Zimmer bezogen haben. Aber morgen früh, zum Sonnenaufgang, bietet sich erneut Gelegenheit, mit gezückten Kameras auf unseren Balkonen zu stehen.

Taifun in Taibei

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Taipeh, die Hauptstadt Taiwans. Eingerahmt in grüne Berge, sauber, ruhig, ordentlich. In der U-Bahn ist essen, trinken, rauchen, auch Kaugummi kauen bei hohen Strafen verboten. Man sieht kaum Müll auf den Straßen, keine frei laufenden Hunde.

Wir sind zu siebt. Sechs Teilnehmer und Rudi, unser Guide. Hugo ist der letzte der ankommt – etwas verspätet, denn das Fahrzeug, das ihn zum Hotel bringen soll, gerät mitten in eine Free Hongkong-Demo.

Für den ersten Tag war geplant, die Stadt zu besichtigen. Den 828 m hohen Taipei 101, den Lanshang-Tempel, das alte Viertel, Märkte. Ein Taifun machte alle Pläne zunichte. Zwar streiften uns nur die Ausläufers des Taifuns, trotzdem blieben viele Geschäfte, Banken und Sehenswürdigkeiten geschlossen, die U-Bahn fuhr in reduziertem Betrieb. So blieb uns nur ein Spaziergang bei Regen durch das alte Viertel Taiwans, denn auch der taifunsichere Taipei 101 war für Touristen gesperrt. Der Kaffee im 47. Stock des Nachbargebäudes bot uns aber auch einen schönen Blick auf die Stadt – und auf den Taipei 101.

Heute, das Wetter ist, als wäre nichts gewesen. An den Wind und den Regen erinnert nur der Müll und Dreck am Ufer des Danshui-Flusses. Entsprechend riecht es auch.
Unsere 22 km kurze Tour von Taipei nach Tamsui führt bei strahlendem Sonnenschein größtenteils entlang des Flusses. Die Radwege sind gut ausgebaut, hier und da liegt außer Müll noch etwas Matsch, den das Hochwasser zurückgelassen hat. Die Skyline von Taipei City liegt bald hinter uns, vor uns sehen wir schon die Skyline von Tamsui. Links neben uns der Fluss, im Hintergrund die grünbewachsenen Berge. Wir fahren vorbei an Mangroven-Bäumen, Palmen, Bäumen mit Papayas und Bäumen mit Drachenfrüchten.

Nach unsere Ankunft in Tamsui checken wir kurz im Hotel ein, essen eine Kleinigkeit, dann bringt uns Wei Xin, unser netter Fahrer, zum Nationalen Palastmuseum. Das Museum beherbergt die weltweit größte Sammlung chinesischer Kunstwerke, die die 8.000-jährige Geschichte Kontinentalostasiens umspannt.

Durch den Feierabendverkehr geht es zurück nach Tamsui und einem leckeren Abendessen in einem burmesischen Restaurant mit Papayasalat, Hähnchen in Zitronensoße, Spinat und anderen Leckereien.

Berge, Berge, Berge, Berge, Berge, Berge….

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

82 km nach Baiba

Es ist 8 Uhr, wir sitzen bei Toast und Tee im Frühstücksraum und die Welt schläft noch. 1. Oktober – Feiertagsstimmung. Die Straßen sind wie leer gefegt. Wir radeln durch den Sonnenschein immer in Richtung Mt. Everest.

Es geht leicht bergan, aber es lässt sich gut fahren. So kann es die nächsten 32 km weitergehen bis zum Gyatso La, dem mit 5248m höchsten Pass des Friendship-Highway. Wir biegen in eine karge dunkle Schlucht. Es ist kalt hier und einsam. Die hohen Felsen beiderseits der Strasse lassen womöglich nur mittags ein wenig Sonne in das stille Tal. Ein Bach plätschert vor sich hin. In der Ferne bellt ein Hund.

Je höher wir kommen, des steiler scheint die Straße und desto kälter wird es. Irgendwann bemerke ich den Schnee am Straßenrand. Unser Fahrer hat direkt einen Schneemann gebaut. Drei Pausen gönnen wir uns bis zum Gipfel. Und zumindest bei der ersten Pause sind wir noch recht fröhlich.

In mir weckt die schneebedeckte Landschaft ungute Kindheitserinnerungen: Im knatternden Trabbi Richtung Fichtelberg. Je näher wir dem Ziel kamen, desto weißer wurde die Landschaft. Und desto kälter wurden auch meine Füße. Skier anschnallen, Berg hochlatschen, runterfahren. Danach mit tauben Eisklötzen anstatt Füßen im Auto sitzen, die werden gerieben bis das Gefühl wieder zurückkehrt, ein widerlich stechendes Gefühl.
Je näher ich dem heutigen Ziel komme, desto mehr schwindet meine Lust weiterzufahren. Etwa 5 km vorm Pass, steigt Susann ab und beginnt zu schieben. Ja, frohlocke ich, jetzt steigen wir ins Auto! Aber Susann will nicht im Auto nach oben und so bleibt mir nichts anderes übrig als zähneknirschend in den sauren Apfel zu beißen.

Oben angekommen ist die Stimmung bei jedermann euphorisch. Uli und Andrea waren mal wieder die ersten und machen fröhlich Fotos von uns „Neuankömmlingen“. Ich versuche meine Gesichtszüge fürs Foto wieder einigermaßen in Form zu bringen. Wir hängen Gebetsfahnen auf und verziehen uns dann schnurstracks in den warmen Bus, wo wir mit Nudelsuppe beglückt werden. So aufgewärmt geht es an die letzte Etappe. 50 km bergab, aber mit Gegenwind. Vollkommen knülle landen wir abends im Hotel.

Happy Birthday, China

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Dali

Heute wird die Volksrepublik 70 Jahre alt. Wir entschließen uns, an diesem Feiertag die Drei Pagoden von Dali zu besuchen. Um die Pagoden wurde eine große Tempelanlage gebaut, die sich in die Cangshan-Berge hinaufzieht. Ein Tempel nach dem anderen, es nimmt schier kein Ende. Das Wetter ist gut, und hier verteilen sich die Touristen, es ist angenehm ruhig. Wir machen noch kurz Pause unter einem der vielen Bäume, dann stürzen wir uns zurück ins Getümmel.

In Dalis Gassen wird es voll und voller. Wir verbringen den Tag in der Bakery 88, bei der Massage und mit individuellem Shoppen. Weil es ein echter Ruhetag ist, und ich mir pünktlich zum Ruhetag eine Erkältung zugezogen habe, soll das für den Blog heute genügen. Morgen enden die „Oberen Schluchten des Mekong“ und Claudia und Ulrike müssen nach Hause fliegen. Es war total schön mit Euch, was sollen wir nur ohne Euch machen?


[map style=“width: auto; height:400px; margin:20px 0px 20px 0px; border: 1px solid black;“ gpx=“https://china-by-bike.de/blog/wp-content/uploads/2019-10-01_lancang191.gpx“]