Schlamm und andere Hindernisse

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Transfer von Jingdong nach Zhenyuan

Machmal kommt es anders als geplant. Die ganze Nacht hindurch hat es geregnet, und beim Frühstück wird es nur noch stärker. Es ist wie ein tropischer Platzregen. Regen bei der Abfahrt ist zwar nicht schön, aber kein Hindernis. Das eigentliche Problem ist die Autobahn, die hier gebaut wird. Denn nach 40 km müssen wir auf eine Umgehungsstraße ausweichen, die bei diesem Wetter schlammig und rutschig, außerdem stark befahren ist. Das heißt, nach 40 km müßten wir uns sowieso ein zweites Auto für den Transport besorgen. Da das hier in Jingdong einfacher ist als unterwegs im Regen, beschließen wir, direkt mit dem Auto zu fahren.

Die Zeit bis zur Abfahrt vertreiben wir uns mit einem Marktspaziergang. Bananenbaum-Herzen, Wiebenwaben, Bambussprossen, Yamswurz, Taro, Bohnen in allen Farben und Formen und etliches uns unbekanntes Obst und Gemüse kann man hier entdecken. Dazu viele Snacks aus Klebereis und Roter Bohnenpaste.

Mit dem Auto unterwegs zu sein, kommt mir viel länger vor als mit dem Fahrrad. Heute dauert es noch etwas länger, weil zwei Fahrzeuge auf der schmalen Straße nicht aneinander vorbei fahren können oder wollen und einen langen Stau verursachen. Irgendwann kommen wir doch noch in Zhenyuan an. Es hat aufgehört zu regnen, wir spazieren noch etwas an der Uferpromenade entlang und probieren den Fisch in einem Restaurant im Stil der Dai-Minderheit. Es war ein etwas seltsamer Tag, und ich freue mich darauf, morgen wieder auf dem Rad zu sitzen.

Happy birthday, Emmerich

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Nanjian nach Jingdong, 108 Kilometer, etwa 1.200 HM

Heute sind wir über 100 Kilometer zu Emmerichs Geburtstagsfeier gefahren. Dafür stehen wir früh auf, um viertel vor sieben wird es gerade hell, als uns die Hotelchefin verabschiedet. Sie hat uns noch gekochte Eier und Joghurt mit auf den Weg gegeben. Unterwegs essen wir die obligatorische Nudelsuppe, dann geht es los. Auf halben Weg zum heutigen Pass hält ein Auto, die Hotelchefin steigt aus und überreicht Emmerich selbst angebauten Tee. Sie hatte heute früh von dem Geburtstag erfahren und war uns kurzerhand hinterher gefahren. Nach dem Aufstieg durch die grünen Hügel geht es viel bergab, die Vegetation wird üppig. Riesiger Bambus, Bananen und Papaya säumen schon den Weg, auch die ersten kleinen Teeplantagen sind zu sehen. Leider wird gerade eine neue Autobahn gebaut, das liebliche Flusstal ist an einigen Stellen arg geschunden und die Baulaster wirbeln Staub auf. Harald ist angeschlagen und hat sich heute für das Auto entschieden, so dass wir ohne die kleinen Renneinlagen zwischen ihm und Emmerich gemütlich radeln. Gemütlich ist relativ, denn wir kommen schon um halb drei im Hotel von Xiao Luos Schwester an. So haben wir noch etwas Zeit zum Ausruhen.

Um fünf Uhr beginnt die Geburtstagsfeier. Wir sind in Jingdong, Xiao Luos Heimatstadt, und sie hat sich sehr gefreut, dass Emmerich gerade an diesem Tag Geburtstag hat und eine Feier angekündigt. So ganz genau wissen wir noch nicht, was uns erwartet, wir lassen uns überraschen. Zuerst fahren wir zum Abendessen. Xiao Luo hat Pilze gesammelt, und dazu gibt es so viele Gerichte, dass wir sie selbst mit Hilfe der herbeigerufenen Freunde nicht bewältigen. Dabei sollte das nur der Auftakt sein. „Wir machen einen Verdauungsspaziergang am Fluss entlang, dann grillen wir und essen Kuchen“ war die Ansage. Unsere Bäuche sind kugelrund, wie soll da noch etwas reinpassen? Dann knistert das Feuer vor Xiao Dings Werkstatt, die er zur Party ausgeräumt hat. Nach und nach landen weitere Unmengen an Fleisch und Gemüse auf dem Grill und bei uns auf dem Tisch. Dazu Obst und Schnaps. Glücklicherweise sind noch viele chinesische Freunde eingeladen, so dass die Essensfrage gelöst ist. Wilfried beschäftigt die vielen Kinder mit seinem Chinesisch-Lernbuch, wir unterhalten uns, probieren doch noch vom Gegrillten und genießen den Abend und die gelöste Stimmung. Um halb neun gibt es dann ein Ständchen von den Kindern, und den Kuchen. Darauf haben sich Emmerich und die Kinder schon den ganzen Abend lang gefreut. Danke, Xiao Luo und Xiao Ding! Diesen Geburtstag werden Emmerich und wir wohl nicht so schnell vergessen.


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Zurück in die Zukunft Teil 2

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

70 km nach nach Jilong zhen

Nachdem wir nun also einen Tag früher als geplant in Jilong (Stadt) angekommen sind, können wir heute ganz entspannt angehen. Denn es ist zwar bei den für heute geplanten 70 km Strecke geblieben, allerdings ohne Pass auf über 5000 HM. Stattdessen Jahren wir kontinuierlich bergab und werden am Ende des Tages auf moderaten 2900 HM landen. So tief waren wir schon lange nicht mehr!

Wir starten nach einem reichlichen chinesischen Nudelsuppen- und Teigtaschen-Frühstück bei (natürlich) blauem Himmel und Sonnenschein. Ohne Stress gegen 10:30 geht es los. Und wir lassen es einfach rollen. Immer flussabwärts. Das plätschern und rauschen des Wassers wird uns den ganzen Tag begleiten. Zuerst is† die Landschaft wie gewohnt karg, dazu schroff und felsig. Der geplante Autobahnbau, der Nepal mit Lhasa verbinden soll, hat bereits seine Schmeißen in die Landschaft geschlagen.

Pünktlich gegen 11:30 Uhr kommt langsam Wind auf, Gegenwind, der nach und nach so stark wird, dass wir, obwohl wir bergab fahren ordentlich in die Pedale treten müssen. Aber es macht trotzdem Spass, denn mit jeder Radumdrehung wird es grüner um uns herum. Erst Sträucher, dann vereinzelte Bäumchen, dann üppiger Wald. Überall lümmeln wollige Yaks auf Wiesen und am Straßenrand. Schneebedeckte Berge begleiten uns noch immer. Nach zwei Wochen der Beobachtung von Licht und Schattenspielen auf nackten Bergen tut das viele Grün den Augen einfach gut. Sven wähnt sich gar in den Alpen.

Jetzt ist bald Abschied angesagt, denn morgen geht es nach Nepal. Sam und seine beiden Begleiter werden uns verlassen und ein wenig Wehmut kommt auf, denn Tibet mit seinen weiten Landschaften unter dem ewig blauen Himmel mit seinen wettergegerbten schönen Menschen hat uns nachhaltig beeindruckt.
Mit Vorfreude und Neugier schauen wir aber auch auf das, das vor uns liegt: Viert Tage Nepal werden unsere Reise abrunden, bevor es wieder heimwärts geht.

In die Schlucht und zurück

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Gestern Abend schon hatte Wei Xin unsere Fahrräder auf das Dach des VW-Busses geladen. Dieser Mann hat Armmuskulatur! Um ein Fahrrad auf das Auto zu laden, steigt er erst auf eine 3-stufige Trittleiter, nimmt ein Fahrrad und hievt es auf das Auto. Umd das sieben Mal. Dafür hat er meinen größten Respekt!

Eigentlich war für heute Ruhetag geplant, aber weil für morgen Regen angesagt ist, gibt es eine kleine Programmänderung. Der für morgen geplante Ausflug zur berühmten Taroko-Schlucht wird vorgezogen, statt der Zugfahrt fahren wir Auto. Wir fahren den Berg hinunter und weiter in RIchtung Hualien. Aber anstatt gleich auf die Hauptstraße zu fahren, fährt Wei Xin durch kleine Dörfer und lässt uns die Landschaft genießen.Viele Berge sind mit Strommasten versehen, auch die Einwohnerauf den Bergen müssen schließlich mit Strom versorgt werden. „Turn left“ sagt das Navi, das uns immer auf die Hauptstraße nach Hualien leiten will. Wei Xin ignoriert die Stimme und biegt rechts ab. „In 300 meters turn right, make a u-turn, then turn right“ sagt die Stimme wieder. Wei Xin fährt geradeaus, weiter durch kleine, schnuckelige Dörfer.mit Wasserbambus, Obstbäumen und Gärten. Wir überqueren viele breite Flussbetten, sie sind größtenteils ausgetrocknet. Nur in der Mitte ist noch ein schmaler Bach. In bewohnten Gebieten ist links und rechts des Flussbetts noch ein Damm, man kann also erahnen, wie hoch das Wasser hier werden kann.

Irgendwann kommen wir auf die Hauptstraße. Jetzt ist die Gegend unbewohnt. Wir fahren durch die Berge Richtung Hualien. Kurven, Tunnel, Pässe, immer dem Meer entlang. Kurz nach Erreichen des Taroko Nationalparks machen wir Pause. Wir sind beeindruckt von dem Blick, der sich uns bietet: steil abfallende Felsen und türkisfarbenes Wasser.

Wir lassen uns zum Eingang der Taroko-Schlucht bringen und wechseln dann auf die Räder. Die Strecke hinein in die Schlucht zieht sich über etwa 20 km und 400 Hm. Ich bleibe mit Hugo im Auto und lasse mich von Wei Xin hochfahren. Ich bin erkältet, will meine Kräfte schonen. Die Schlucht ist grandios, der absolute Wahnsinn. Die Schlucht, schreibt das Taiwanesische Tourismusbüro,

„entstand durch einen Fluss, der sich durch die Marmor- und Granitberge hindurch gearbeitet hat. Eine Straße, die in das mächtige Gestein gehauen wurde, schlängelt sich durch mehrere hundert Meter hohe, steil aufragende, bewaldete Berge, während viele Meter weiter unten der Fluss an riesigen Marmorfelsen vorbeitost. Hier und da klammern sich Pavillons, Pagoden oder Tempel an die in Nebel gehüllten Berghänge, an anderen Stellen schießen Wasserfälle aus Gesteinsspalten heraus und stürzen steile Felswände hinab.“

Die Bilder sprechen für sich.

Hinunter ins Tal fahren wir alle zusammen. Etwa 40 flache km sind es zum Hotel. Wir haben etwas Eile. Der erste Grund sind die Arbeiten am Fels. EInmal pro Stunde wird die Straße freigegeben, 10 Minuten in die eine Richtung, 10 Minuten in die andere RIchtung. Wenn wir die 15-Uhr-Öffnung nicht erreichen, müssen wir eine volle Stunde warten, das wollen wir vermeiden. Schnell essen wir unsere Dumplings, Wei Xin holt die beiden Räder vom Auto und ab geht es ins Tal. 5 Minuten vor 15 Uhr sind wir an der Baustelle. Es ist Wochenende, die Straße ist voll mit Fahrrädern, Motorrädern, Bussen und Autos. Wir schlängeln uns vor, um noch vor den Autos durch den Bauabschnitt zu kommen. Weiter geht es bergab. Durch Tunnel, vorbei an Touristen, die Bilder machend mitten auf der Straße stehen, noch ein Tunnel und noch einer. Wir sind froh, dass unsere Räder mit Licht ausgestattet sind.

Unten im Tal sehen wir den zweiten Grund zur Eile. Über dem Meer ist noch blauer Himmel, während hinter uns große, dunkle Regenwolken aufziehen – und wir wollen noch trocken ins Hotel kommen. Wobei, trocken ist bei dieser hohen Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 30 °C so eine Sache ….

Wir sind in einem Fahrrad-Hotel angekommen. An den Wänden hängen alte Rennräder und hochmoderne Rennmaschinen. Es gibt einen Shop, in dem man Werkzeug kaufen kann, die Wände in der Lobby sind voll mit Fahrradschilder und -Sprüchen.

Das Wetter hält und zum Abendessen fährt uns Wei Xin auf den Dongsamen-Nachtmarkt. Neben Kitsch wie überall in Asien (und auch deutschen Jahrmärkten) gibt es hier alles mögliche und unmögliche zu Essen. Wir entscheiden uns für Pfeffer-Nudeln mit Beefsteak und Hühnerschnizel, dazu holen Renate und Rudi an einem anderen Stand Gemüse.

Wir gehen zu Fuß zurück zum Hotel und genießen die milde Abendluft. Morgen ist Ruhetag.

Zurück in die Zukunft

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Eigentlich 132 km nach Kamenba, aber dann doch 200 km nach Jilong

So. Kurz nach 11. Abends. Ich teile mir ein Zimmer mit Sven, der gerade das Wetter für morgen checkt. Und was Wettervorhersagen angeht, da ist, wie wir wissen, auf Sven Verlass. Eigentlich sollten wir jetzt zu sechst in einer Sammelunterkunft in Kamenba weilen am malerischen Haiku Tso – einem riesigen blauen Salzsee-, sind nun aber doch in Jilong gelandet. Da sollten wir erst morgen sein. Wir sind also heute mal geradewegs in die Zukunft gefahren. Und das kam so:

Wo waren wir stehen geblieben? Ah ja, shopping in Tingri. Danach gab es noch ein leckeres Abendbrot beim örtlichen Sichuanesen. Am nächsten morgen wurden wir dann mit leckeren Eierkuchen und Kaffee aus der Hotelküche überrascht und starteten in ein wunderbares Panorama. Natürlich erst nachdem wir den morgendlichen Raureif von den Sätteln entfernt hatten…

Die Schneeberge sollten uns noch den ganzen Tag begleiten. Zuerst der Choomolangma (Mt. Everest) und der Cho Oyu, später als wir den Friendship-Highway links liegen lassen, erblicken wir noch den Xixiapangma, einen weiteren Achttausender. Unser Weg führt uns weiter durch die von Bergen gesäumte tibetische Hochebene. Heute ist eigentlich auch der Tag der Forts. Dicht an dicht stehen die Ruinen der Bauwerke aus dem 17. Jahrhundert. Daneben weiden Kühe, Pferde, manchmal Schafe. Wie aus der Zeit gefallen, wirken diese alten, ihre Funktion beraubten Gemäuer.

Bis Menbu geht es gut voran. Mittlerweile sind sämtliche Zehen und Finger wieder aufgetaut und die Kleidung verringert sich für Schicht für Schicht, denn die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau und wir müssen (eigentlich) keine maßgeblichen Steigungen überwinden.

Nach dem Mittagsstop kommt er aber langsam auf, der Gegenwind oder der „Gegen-uns-Wind“ wie wir ihn nennen. Erst unmerklich, dann aber immer stärker werdend und die letzten 20 Kilometer vor unserem Zielort die reinste Qual. Wir können die schöne Landschaft kaum noch genießen. Sind kirre vom Wind. Diese 20 Kilometer sind eine reine Gemeinschaftsleistung und alles andere als ein Genuss! Aber wir nähern uns Meter für Meter, kämpfen uns voran. Vor uns sehen wir schon den tiefblauen See an dessen Ufern wir heute nächtigen werden. Dann der Schock: Sam ist vorausgefahren und hat schlechte Nachrichten. Unsere heutige Unterkunft entpuppt sich als Zementfabrik mit angeschlossener Baracke für Bauarbeiter. Einziges Gebäude irgendwo im Nirgendwo. Wir sollen uns den „Aufenthaltsraum“ mit der Gastgeberfamilie teilen. Etwas ratlos stehen wir da. Dann beschließen wir, einfach in das für morgen vorgesehene Hotel zu fahren. Hängen also nochmal rund 70 km dran und überqueren den dritten fünftausender Pass (5236m).*
Die Zimmer sind telefonisch schnell gebucht. Vor Ort gibts dann doch Probleme, denn was am Telefon nicht klar war – wir sind Ausländer. Und das scheint in der Verbindung Tibet und 70. Jahrestag Chinas nicht so günstig zu sein. Meint zumindest oder offenbar die Rezeptionistin, die schon ihr Bett gerichtet und keinen Lust auf uns zu haben scheint.

Am Ende klappt dann aber doch alles, Dank Sam’s Einsatz. Nur das wir anstatt vier nur drei Zimmer bekommen und so teile ich mir jetzt also ein Zimmer mit Sven, er gerade das Wetter für morgen checkt.

* im Auto…

Leichtes Radeln am Schwarzen Fluss

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Weishan nach Nanjian, 40 km, stetig bergab

Das ist wieder so ein Tag, der für drei reicht. Die Strecke nach Nanjian ist mit 40 km sehr kurz, dazu geht es immer leicht bergab. Also fahren wir erst gegen ein Uhr ab. Am Mogen ist Weishan voller als sonst. Wir kommen gerade rechtzeitig in die Nudelbude, danach wird es voll und die hungrigen Spätaufsteher warten schon auf unsere Plätze. Da ist das Frühstück schon fast stressig. Auch auf dem Markt herrscht reges Treiben, wir decken uns nur schnell mit kleinen süßen Bananen ein, dann geht es weiter in den Park. Hier zwitschern die Vögel um die Wette. Ihre Besitzer, alles ältere Herren, bringen sie jeden Tag in Käfigen an diesen Ort, damit Mensch und Tier ihre sozialen Kontakte pflegen können. Käfig ist zwar Käfig, aber wahrscheinlich leben diese Vögel vergleichsweise gut.

Es ist mittlerweile halb elf, da kann man sich eine Kaffeepause gönnen. In einem Hotel in der Fußgängerzone, kurz hinter der traditionellen Nudelherstellung, werden wir fündig, und Wilfried nimmt einen längeren Weg in Kauf, um einen halben Kuchen aus unserer Lieblingsbäckerei zu holen. Die Frau Bäckerin kennt uns schon, wir treffen sie später auf der Straße und werden natürlich als Stammgäste begrüßt. Es ist ein kleiner Ort und wir sind die einzigen Langnasen weit und breit. In Weishan gibt es eine Art Museum für Lokalgeschichte, das in ein restauriertes Tempelgelände eingebaut ist. Dort schlendern wir durch Malerei- und Fotoausstellungen und in die Hallen zur Nanzhao-Zeit. Einiges haben wir schon in natura gesehen, wie die berühmten Höhlengrotten mit der „Mona Lisa“ vom Steinschatzberg. Fast verlieren wir uns, als Emmerich, Wilfried und ich in eine der engen Gassen abbiegen. Dann wird es Zeit, auf die Räder zu steigen. Aufgehalten werden wir aber von einem Beerdigungszug, der direkt an der Herberge vorbeizieht. Begleitet von Musikinstrumenten wie der charakteristischen Suona-Tröte, Papierkränzen und unzähligen Trauergästen wird ein Sarg durch die Straßen getragen. Jetzt haben wir eine weitere chinesische Tradition kennen gelernt, von der ich aber keine Fotos gemacht habe.

Die 40 Kilometer am Schwarzen Fluss entlang rollen wie von selbst. Mit einem 25er Schnitt geht es vorbei an Feldern, grünen Hügeln, vielen Eukalyptusbäumen und den ersten Drachenfruchtplantagen der Tour. Wir halten nur einmal, um Fotos zu machen, dann sind wir schon in Nanjian und trinken Tee in der Hotellobby.

Hier empfängt uns später die Hotelchefin, um uns kurzerhand zu ihrem Lieblingsrestaurant zu fahren. Dazu muss man sagen, dass Nanjian ein lang gezogener Ort ist, wir übernachten am hinteren Ende, die Restaurants sind eher am Ortsanfang angesiedelt. Also quetschen wir uns zu sechst zur Hotelchefin ins Auto. Ich war schon einmal in dem Lokal, aber es ist mittlerweile umgezogen. Trotzdem erkenne ich die Inhaber wieder, und nach einem üppigen Abendessen bekommen wir noch Tee aus Nanjian geschenkt. An der Gastfreundschaft hier kann man sich ein Beispiel nehmen. Wasserspiele gab es auch noch zu sehen, und während der Rückfahrt im kleinen offenen Elektrostadtbus rutschen wir zusammen, es weht ein laues Lüftchen – für heute reicht das. Ab jetzt folgen „richtige“ Radtage, morgen steht eine lange Etappe an und wir wollen nicht zu spät im Heimatort von Xiao Luo ankommen.

PS: Es ist gerade ausgehede Pilzzeit in Yunnan. Die Hochsaison für Pilze ist im August, aber auch jetzt noch sind die Märkte und Speisekarten voller Pilzgerichte, durch die wir uns fast täglich durchtesten. Also, wer im August bis Oktober nach Yunnan fährt, unbedingt probieren.


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Hoch zu den Zitronengärten

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Neben den heissen Quellen ist Jiaoxi bekannt für den dreistufigen Wufengqi-Wasserfall, unserem ersten heutigen Ziel. Er ist nur wenige Kilometer vom Hotel entfernt, und schon von weitem können wir den tosenden Wasserfall hören. Wir sind die einzigen nichtasiatischen Touristen hier. Auf dem Gelände Wasserfall stehen Verkaufsstände mit Souvenirs, Essen und Getränken unterschiedlichster Art. Wir gehen etwa 15 Minuten treppauf und stehen mitten drin. Das Wasser spritzt weit auf die Besucherplattform und somit auch auf uns. Wir genießen diese kleine Erfrischung, unsere Kameraobjektive müssen wir danach erst einmal von den angetrockneten Wasserspritzern befreien.

Wir fahren weiter zur Kavalan Brennerei. Die Firma King Car produziert den berühmten und in Deutschland sehr teuren Kavalan Whisky (Werbung der Firma: Kavalan: Besonderer Genuss für Whisky-Kenner ) und stellt außerdem den in Taiwan bekannten Mr. Brown Kaffee her. Hier wirbt King Car mit Mr. Brown: Lifestyle und Koffein-Glück zugleich.

Wir besichtigen zuerst die Brennerei mit anschließender Whisky-Verkostung. Das Wasser für den Whisky stammt aus den zahlreichen Quellen der Region Yilan, das Wasser soll leicht und frisch sein. Durch das subtropische Klima, schreibt die Firma, soll der Whisky einen weichen und fruchtigen Charakter besitzen.

Nach dem Mittagessen im Café von Mr. Brown geht es weiter durch kleine Dörfer, vorbei an Plantagen mit Wasserbambus, kleinen Gärten, einer Entenfarm, Palmen und Reisfeldern. Die letzten 2,5 km ging es wieder bergauf, das Schmutzbier musste ja wieder verdient sein. Renate, unsere Berggazelle fuhr wieder allen voraus und war fast gleichzeitig mit dem Begleitfahrzeug oben beim Hotel angekommen.

Unser Hotel, die Shangrila Leisure Farm, liegt am Fuße des Bergs Da Yuan, in 250 m Höhe. Auf der Straße hoch zum Hotel treffen wir noch andere Radfahrer, die den Weg als Training benutzen. Oben angekommen trinken sie etwas und fahren wieder hinunter.

Unsere Zimmer bieten einen herrlichen Blick auf die Berge und die unten im Tal liegende Stadt Dongshan. Zur Farm gehört ein herrlicher Garten mit Obstbäumen, u.a. Zitrusfrüchte, Passionsfrucht, Drachenfrucht, auch Baumtomaten wachsen hier. Wer schwindelfrei ist kann über eine der Hängebrücken gehen, die es dort gibt.

Nach dem Abendessen haben wir noch Gelegenheit, eine touristischen Vorführung zu besuchen. „Das ist wie Weihnachten, Neujahr und Ostern an einem Tag“ sagte Rudi. Ich muss mir das nicht ansehen, und auf den vorgezogenen Mitternachtssnack, der um 21 Uhr serviert wird, habe ich keinen Hunger. Ich bin müde, habe keine Lust mehr mich wieder anzuziehen und das Zimmer zu verlassen, und überlasse das zweite Abendessen gerne anderen.

Shopping Queen

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
Fahrt nach Tingri, übern Daumen gepeilt 50 km

Es ist 7 Uhr, wir schälen uns verschlafen aus unseren Schlafsäcken, erheben uns von unseren Schlafstätten. In der Stube brennt schon der Ofen. Heißer Ingwertee, Kaffee, warmes Brot, Eier. Nach dem Frühstück noch schnell ein Foto mit unserer Gastgeberin, dann geht es ab in den Bus und wir schlängeln uns Serpentinen hoch und wieder hinunter, zurück über den Gyol La in Richtung Bebar. Wunderbar blau ist der Himmel und kein Lüftchen weht.

Doch obwohl die Landschaft ganz wunderbar ist und das Spiel von Licht und Wolken auf den Bergen einfach nur zauberhaft, will bei uns keine richtige Stimmung aufkommen. Außer bei Uli, der findet: Es ist ein schöner Tag.
Wir strampeln also in Richtung Tingri. Von hier hat man wieder einen wundervollen Blick auf die Schneeberge. Und wie gesagt, das Wetter ist einfach traumhaft, blauer Himmel und Sonne. Wir können’s nur noch nicht so richtig genießen.

Nachdem wir uns im Hotel einsortiert haben, noch ist es früher nachmittag, beschließen wir, Tingri zu erkunden. Eigentlich besteht der Ort aus einer Straße an der sich ein paar verschlafenen Wohnhäuser, Restaurants und Einkaufsläden reihen. Auch einen Autoschrauber finden wir. Auf der Straße wird frisch Geschlachtetes verkauft.

Als wir so die Straße entlang schlendern stehen wir plötzlich vor einem riesigen Verwaltungsgebäude und ein wenig später auf einem weitläufigen, neugebauten Platz um uns schließlich in einer überdimensioniert wirkenden, noch unbewohnten Satellitenstadt wiederzufinden. Alles ist leer hier, nur eine kleine Werkstadt lebt, in der junge Menschen mit Behinderung Taschen nähen. Susann und Sven schlagen sofort zu und erstehen ein paar sehr hübsche Stücke. Wer sagt’s denn? Selbst mitten in der Pampa ist shopping möglich!

Sonnenbrand, heiße Quellen, Grillhähnchen

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Morgens um 7 klopft es an der Zimmertür, die sehr nette und bemühte Hauswirtin bringt das Frühstück: Eine Tüte mit warmer Sojamilch und ein Sandwich mit Ei und Schinken. Tee und Kaffee gibt es in Form von Teebeuteln und Beutelchen mit löslichem Kaffee im ersten Stock.

Gestern Abend hatten wir hatten uns auf einen schönen Ausblick auf das Meer am Morgen gefreut. Aber statt des klaren Blicks ist es diesig, man sieht nicht viel. Die Taiwaner behaupten, es wäre der Smog vom Festland, aber da Taiwan das größte Kohlekraftwerk der Welt besitzt, und auch die Industrie kräftig Abgase ausstößt, ist es fraglich, ob wirklich nur das Festland an der schlechten Sicht verantwortlich ist.

Wir verlassen Jiufen und fahren hoch zum Buyan-Pavillon, der einen Pass markiert. Nach einer kurzen Erholungspause geht es endlich in Richtung Tal. „Lasst euch vom Rausch der Geschwindigkeit nicht leiten“ sagt Rudi. Er hat recht, die Kurven sind teilweise recht richtig eng, trotzdem macht die Abfahrt einen Riesenspaß. Für Asien ist es hier außergewöhnlich still, wir genießen die Idylle. Stellenweise hört man nichts außer Vogelgezwitscher und das Rollen der Reifen. Schmetterlinge fliegen an uns vorbei, am Straßenrand Obstbäume, Palmen, Gärten, aber auch viele Gräber. Ein paar Rennradfahrer kommen uns schwitzend entgegen. Das haben wir schon hinter uns.

Nach knapp 30 km haben wir wieder die Küste erreicht und umfahren die nordöstliche Spitze Taiwans. Vom Kap Santiago radeln den Pazifik entlang, immer der Cycling Route No 1 folgend. Wir machen einen kurzen Abstecher zu einem Leuchtturm, was uns einige zusätzliche Höhenmeter beschert. Die Sicht von oben war leider nicht besonders gut, es ist diesig, die Chinesen sind Schuld. Siehe oben.

Nach etwa 73 km erreichen wir Jiaoxi. Verschwitzt aber glücklich genießen wir unser lang ersehntes Schmutzbier im Schatten vor dem Hotel.

Für Hans war heute ein Pechtag. Nachdem der erste Platten geflickt war, folgte bald darauf der zweite und dann der dritte. Wei Xin war ratlos. Aber Hoffnung naht: morgen früh wird das Hinterrad ausgetauscht!

Zum Abendessen gab es eine lokale Spezialität. Ein ganzes gegrilltes Hähnchen wurde uns serviert, mit Kopf und Beinen, um es dann vor unseren Augen zu zerteilen. Dazu gab eine Salz-/Pfeffer-Mischung und eine Soße zum Eintunken des Fleischs.

In einer Stunde, ab 20 Uhr, wird im Hotel noch ein verfrühter Mitternachtssnack serviert. Wir sind zwar alle satt, aber etwas Süßes geht immer.

Die Entdeckung von Weishan

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Ruhetag in Weishan mit Besichtigung des Weibaoshans

Für mich war es ein echter Ruhetag. Denn wegen der Erkältung bin ich von den anderen zu einem Tag Radpause verdonnert worden. Na ja, nicht wirklich verdonnert, sondern gut beraten, was ich gern angenommen habe. Das war wohl das Beste, denn mittlerweile geht es mir wieder gut. So habe ich diesmal die Bilder von Klaus und die Erzählungen der anderen. Den knapp 700 m Aufstieg mit dem Rad haben sie locker in einer Stunde zehn Minuten gemeistert, auf teils staubiger Piste, und von den 22 daoistischen Tempeln des Weibaoshans bestimmt sechs angesehen. Gegen halb zwei waren die Herren auch schon vom Ausflug zurück. Ich wäre gern dabei gewesen, hier die Eindrücke:

Beim zweiten Teil des Tages bin ich wieder dabei. Freizeit stand auf dem Programm, die haben wir mit einem Kuchen im Innenhof und einem Friseurbesuch für Klaus und Emmerich gefüllt. „Ich bin schon 30 Jahre hier in Weishan im Geschäft“ meint der Friseurmeister in der Fußgängerzone. „Ich habe euch gestern schon hier vorbei spazieren gesehen, aber da ward ihr euch wohl noch nicht sicher“. Recht hat er, wir haben gestern abend schon Ausschau nach guten Friseursalons gehalten. Nach vielen Fotos und einigen Videos sind Emmerich und Klaus zufrieden, und der Friseurmeister und seine Lehrlinge auch.

„Etwas zum Trinken wäre jetzt fein“, meint Emmerich. Weil wir noch Zeit bis zum Abendessen haben, gesellen wir uns zur teetrinkenden Bevölkerung von Weishan dazu. Die ganze Straßenecke ist voller Teetische und Liegestühle, die Stimmung feiertagsentspannt, die Temperaturen mild, es ist einfach gemütlich. Beim Abendessen kämpft Harald tapfer mit dem Fisch, der im Gegensatz zu gestern nicht sauer-scharf, sondern Chilli- und Sichuanpfeffer-scharf ist. Beim Flanieren stoßen wir zufälllig noch auf eine Art Biergarten mit Livemusik, in dem wir den restlichen Abend verbringen, nur die Trinkspiele des Animateurs scheinen weder uns noch die restlichen Gäste wirklich anzusprechen. Auch beim Feiertagsspecial, 12 Flaschen Bier für 78 Yuan, passen wir heute. Trotzdem, Weishan gefällt uns immer besser.

PS: Heute nacht tönte ein Schrei aus Emmerichs Zimmer: er hatte nächtliche Besucher, denn das offene Dach des rustikalen Holzhauses lässt genügend Platz für neugierige Nagetiere. Also folgt ein Umzug in den unteren Stock, der ist sicher. Hm, dass Emmerich da so empfindlich ist, dachte ich noch bei mir. Etwas später werde ich eines Besseren belehrt. Denn auch bei mir gibt es auf dem Dach Getrappel, und eine Nasenspitze lugt aus den Dachbalken hervor. Das geht viermal so, dann habe auch ich genug, kann Emmerich verstehen, packe meine sieben Sachen und schlafe friedlich im unteren Stockwerk weiter.


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