Endlich Tee

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Pu`er nach Puwen, 70 km, knapp über 1.000 HM

Heute Morgen sind die Muskeln schwer. Wir haben alle etwas unruhig geschlafen, als ob man im Traum noch weiterfährt, über den nächsten und übernächsten Hügel. Beim Radeln wird es besser. Nach der Stadtausfahrt auf der großen Straße, die auch viele LKW nehmen, biegen wir ab in die Teehügel. „Das hätten wir aber auch einfacher haben können“, wird Harald am Abend bemerken, als er unseren Umweg durch die Teeterrassen im 3D-Flug auf seinem Handy anschaut. Ja, hätten wir. Dann gäbe es aber auch keine Bilder vom Hauptanbaugebiet des Pu`er Tees. Zuerst fahren wir an einer riesigen Teefabrik vorbei, dann an kleineren. Neugierig schauen wir uns um, in der ersten laufen zwar Maschinen, aber es scheint niemand da zu sein. In der zweiten dürfen wir fotografieren. Aber hier wird Schwarztee hergestellt, der im Gegensatz zum Pu`er Tee durchfermentiert wird. Gepflückt wird der Tee zwischen Februar und etwa November, eben in der Wachstumszeit der Pflanze. Ursprünglich gab es Teebäume, die zur einfachen Gewinnung zu Büschen herunter gezüchtet wurden. Die Büsche werden mit Pestiziden gespritzt, weshalb die Verbraucherzentrale NRW vor einigen Jahren vor dem vermehrten Verzehr von Pu`er Tee gewarnt hat. Heute sind wenig Pflücker unterwegs, die Hochsaison ist wahrscheinlich vorbei. „Traditionell wird der Tee gepflückt, im Wok erhitzt, gerollt, in der Sonne getrocknet und zu Fladen gepresst.“ Erzählt Xiao Luo am Abend, als sie uns Fladen von ihrem eigenen Tee schenkt. Der stammt von Teebäumen, nicht von den uralten wild gewachsenen, sondern von gepflanzten. Pestizide kommen hier nicht zum Einsatz. Sie zeigt uns auch Bilder von über 200 Jahre alten Teebäumen, die selbst ihr Großvater schon gekannt hat.

Wir spazieren eine gute Stunde in den Teeplantagen bei Chabolan Yuan, wo wir eigentlich auch wohnen wollten, wenn das Hotel nicht gerade renoviert würde. Langsam kommt auch die Sonne heraus und das Licht für Fotos wird immer besser. Mit dem Fahrrad dürfen wir allerdings nicht in die Anlage fahren, obwohl China by Bike Gruppen schon x-mal hier gewohnt haben, es gut ausgebaute Wege gibt und außer uns niemand da ist. Wir müssen uns wohl zukünftig nach einem anderen Ort in den Teefeldern umsehen. Nach einem ausgedehnten Spaziergang schlürfen wir die Nudelsuppe, die Xiao Ding uns aus dem letzten Dorf besorgt hat. Denn bis nach Puwen sind es noch 45 Kilometer, die teils steil durch ein Waldschutzgebiet führen. Unterwegs sehen wir neben Tee noch viele blühende Pflanzen, eine riesige Raupe, Kaffeesträucher, Zuckerrohr und Drachenfrucht- und Bananenanbau.  

Am Nachmittag gibt es den mittlerweile schon üblichen Regenschauer. Heute fällt er kräftiger aus, wir nähern uns immer mehr dem tropischen Regenwaldgebiet. Die Temperaturen sind gestiegen und in Puwen erkennt man schon die Einflüsse aus Südostasien, zum Beispiel an der Thai-Bauweise und den Thai-Pagoden. Gegessen wird später, auch mal nach acht, wenn die Luft sich etwas abgekühlt  hat. In den nächsten Tagen wird es wohl noch wärmer, wenn wir weiter wir nach Süden und in tiefer gelegene Gegenden kommen.

PS: Gegenüber schallt es schrill aus dem Karaoke-Tempel, mal sehen, wieviel Schlaf wir heute bekommen.

PPS: Leider hat sich mein GPS heute mal wieder verabschiedet. Laut Haralds Aufzeichnungen sind wir 70 km und 1.081 HM gefahren.

Im Dorf der Kopfjäger

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Am Morgen stehen unsere Räder startklar vor dem Hotel – frisch gerichtet, alles durchgecheckt. Amao hat am Abend noch hervorragende Arbeit geleistet.

Nachdem zum Frühstück wieder Kaffee und Tee serviert wird, auch wenn es nur Instant-Tüten-Kaffee ist, sind wir glücklich und starten mit unseren frisch gerichteten Rädern. Die ersten 30 km sind flach. Wir fahren der Küste entlang, die Sonne sticht. Wenn mal kein Auto kommt, kann man die Brandung des Pazifiks hören. Dann macht die Straße einen Rechtsknick und es geht hoch in die Berge. Auf einer Strecke von etwa 14 km erklimmen wir ca. 450 Hm. DIe Steigung ist gut zu fahren, die Straße auch, wenn nur die vielen Autos und LKWs wären. Oben kommt uns eine große Gruppe Radfahrer inklusive zweier Giant-Begleitfahrzeugen entgegen. Sie machen das Daumen-Hoch-Zeichen und winken uns zu. Einer davon ruft mir gegen Ende der Steigung zu „you are almost there!“ Oben angekommen, ziehen wir uns erst einmal etwas über, es ist kühl hier oben, und wir sind völlig durchgeschwitzt. Zum Glück hat sich die Sonne schon am Anfang der Einfahrt in den Berg verzogen. Und jetzt geht es wieder bergab. Mittagessen, wir kommen!

Nach etwa 13 km gabelt sich die Straße und wir essen in einem kleinen Restaurant zu Mittag. Die meisten von uns wählen die sauer-scharfe Maultaschensuppe. Sie schmeckt herrlich, auch wenn wir wieder mit Sojasoße nachwürzen, um unseren Salzhaushalt aufzufüllen. Jetzt sind es nur noch 8 km weiter bergab, bis wir am Ziel der heutigen Etappe sind.

Im kleinen Örtchen Xuhai ist unser Hotel. Wir befinden uns immer noch im Gebiet der Paiwan. Die Paiwan, erzählt Rudi, wurden vom Westen der Insel durch die chinesischen Einwanderer an die Ostküste zurückgedrängt. Früher waren die Paiwan recht gefürchtet, denn sie hatten den Ruf als Kopfjäger. Wenn sie von ihren Streifzügen nachhause kamen, brachten sie die Köpfe der getöteten Feinde mit, die dann an Steinsäulen aufgehängt wurden. Nur gut, dass sich das geändert hat.

Unser B&B ist klein und schnuckelig. „Legales Bed and Breakfast“ steht auf dem Schild vor dem Haus. Leider gibt es keinen Aufzug, wir stöhnen. Schon wieder die schweren Koffer die Treppe hochtragen. Aber Amao ist so hilfsbereit und unsere Koffer hoch. Die meisten auf jeden Fall. Ihm gebührt heute unser großer Dank!

Zum Abendessen fahren wir ein kurzes Stück ans Meer und essen dort in einem Restaurant zu Abend. Vor dem Restaurant sind kleine Aquarien mit Fischen, ein Fischrestaurant also. Für mich als nicht Fisch-Esser ist die Auswahl heute nicht besonders groß, aber ich werde trotzdem satt und das Essen ist gut. Rudi bestellt drei Portionen Fisch. Fischbällchen, Fischallerlei mit Mayonaise, Als letztes wird uns ein Schnapper (Seehühnchen) serviert. Der Fisch wird uns in seiner voller Größe auf dem Stövchen, mit den nicht mehr vorhandenen Augen schaut er mich an. Er wurde gegart in einem Sud aus Ingwer und allerlei fremdartigen Gewürzen. Die anderen sagen, er hätte hervorragend geschmeckt.

Zum Glück waren wir mit dem Abendessen recht früh dran. Das Küchenpersonal ist aber jetzt schon etwas hektisch, denn es sind zwei Busse zum Essen angekündigt. Diese kommen, als wir gerade gegessen haben. Das Restaurant füllte sich mit Menschen, es wird laut. Der erste Bus mit ca 50-60 Personen fand im Restaurant noch genügend Platz. Wir sehen zu, dass wir bezahlen und hier verschwinden. Jetzt wird jede Unterhaltung unmöglich. Der zweite Bus kam, als wir gerade das Lokal verlassen. Jetzt wird es hier richtig kuschelig, der Lärmpegel steigt vermutlich ins Unendliche.Kommentar von Hans: Schlimmer als bei der Lufthansa mit Doppelbuchung. Nix wie weg hier.

Als wir wieder im Hotel sind, ist es noch nicht einmal 19 Uhr. Wir kaufen im lokalen Lebensmittelgeschäft noch einen Absacker, den wir in unserem B&B trinken. Den haben wir auch nötig, den vor unserem B&B steht ein Bus. Wenn die alle hier untergebracht sind, kann die Nacht laut werden.

Ausklang

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Kathmandu

Ausklang. So kann man es wirklich nennen. Nachdem wir nun die letzten drei Tage auf extremen Pisten in die nepalesische Hauptstadt eingeradelt sind, finden wir uns heute in der morgendlichen Hitze im Swayambhunath wieder, einer großer Tempelanlage im Westen Kathmandus, von der man, da auf eine Hügel gebaut, einen wunderbaren Blick über die Stadt hat. Gebaut ist wohl nicht das richtige Wort, denn die Legende besagt, dass der Monkey-Tempel, wie das Heiligtum wegen der vielen hier lebenden Rhesusaffen auch genannt wird, nicht von Menschenhand geschaffen wurde. Vielmehr erschuf sich dieser Ort aus sich selbst.

Jetzt stehen wir hier. In unseren Ohren erklingt das leichte Läuten der Tempelglöckchen, das hektische Flattern der Gebetsfahnen, die auch hier überall gespannt sind und nicht zuletzt das sirrende Dröhnen und Klingen der Klangschallen, die zu Hauf zum Verkauf angeboten werden. Ausklang. Eine Französische Reisegruppe älterer Damen malt und zeichnet, gescharrt um einen jugendlichen Lehrer, motiviert die zentrale Stupa ab. Wir werden sie später in der Altstadt vor dem einen oder anderen Tempel in gleicher Konstellation wieder treffen.

Hier, wie überall in Kathmandu, sind die Folgen der Erdbebens von 2015 nach wie vor unverkennbar. Auch wenn überall emsig aufgebaut und restauriert wird, zeugen eingestürzte Bauten und traurige Ruinen nicht nur vom Glanz längst vergangener Zeiten, sondern auch von der Kraft und Unbarmherzigkeit der Naturgewalten.

Wir steigen die Stufen des Tempels hinab, fahren nach Boudnath in den Nordosten Kathmandus. Einer der mit 36 m Höhe größten Stupas machen wir hier unsere Aufwartung. Traditionell umrunden wir das Gebäude im Uhrzeigersinn, tuen das gleiche nochmal auf dem Dach. Ein angenehmer Luftzug weht. Die Sonne scheint. Gestört wird das Idyll nur durch das ein oder andere Flugzeug – der Flughafen liegt recht nah, gemahnt uns an die nahende Abreise.

Die vielen Eindrücke müssen verarbeitet werden und so führte uns Bhasker, unser nepalesischer Guide, in ein Kaffee auf einern der Dachterrassen, hier genießen wir noch einmal einen schönen Blick auf die Stupa, während wir eisgekühlte Limonade und heißen Cappuccino schlürfen.

Zu guter Letzt in die Altstadt. Es ist bereits Nachmittag, wir sind schon einigermaßen geschafft, können uns aber dieses letzte Highlight nicht entgehen lassen. Leider sind die meisten Sehenswürdigkeiten heute nicht zu besichtigen. Wegen der gerade stattfindenden Feiertage laufen die Geschäfte nur auf Minimal-Betrieb, die meisten Mitarbeiter haben frei. Das wird auch deutlich, wenn man die Aufsteller vor vielen Restaurants sieht: only Beverage, no Food. Selbst die Kumari, kindliche Göttin, zeigt sich uns heute nicht. Dennoch bekommen wir einen guten Eindruck von der Stadt. Schlagen uns durch dunkle, enge Gassen ins Hotel zurück.

Es ist schon spät am Nachmittag. Letzte Einkäufe wollen besorgt werden. Gepackt muss gepackt werden. Das letzte gemeinsame Mahl – unser Abschiedsessen steht noch an.

Wir blicken auf drei Wochen gefüllt mit Erlebnissen, unvergesslichen Eindrücken und einmaligen Ausblicken zurück. Einmal von Lhasa bis Kathmandu. Einmal von der unermesslichen Weite Tibets in das bunte Chaos der nepalesischen Kultur. Mystisch anmutende Berglandschaften, deren Karg- und Klarheit fast schon im Auge schmerzt gegen quirlig, buntes, nach Gewürz duftendes Leben. Wir sind auf einige Grenzen gestoßen. Erstmal die chinesisch-tibetische. Die war schonmal sehr beeindruckend. Aber auch auf die Grenzen unserer Körper, die uns bewußt wurden mit jedem Meter, den wir über 4000 m weiter und höher und immer höher krochen. Und die Grenzen der Kulturen: Tibet – Nepal, so viele Unterschiede in so vielen Belangen.

Ich sehe den Flugzeugen nach, die über mir am Himmel kreuzen. Bald wird mich eins zurück ins kalte Europa bringen. Zeit all das Erlebte Revue passieren zu lassen Es gibt einiges zu tun.

Über tausend Hügel musst du fahr`n

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Jinggu nach Pu`er, 133 km, 2.079 Höhenmeter

… oder wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht. Oder: einmal abgefahren, zweimal angekommen, wie Wilfried vorgeschlagen hat. Der heutige Tag hätte viele Titel verdient, vielleicht sogar Königsetappe, Neuland Teil 2… ich kann mich schier nicht entscheiden.

Heute Morgen haben wir uns noch ganz entspannt eine Stunde Zeit für das Frühstück gelassen. Es gab Buffet im schönen überdachten Innenhof, Kaffee und Nudelsuppe. Was will man mehr. Da standen noch knapp 90 km und unbekannte Höhenmeter auf dem Plan. Neuland eben. Die erste Überraschung war der 19 km lange Anstieg, wir haben jeden möglichen Hügel mitgenommen, etwa 600 HM, und eine tolle Abfahrt. Unten angekommen geht es am Fluss weiter, die Nudelsuppe  mit ausgedehnter Mittagspause bei Kilometer 54. Soweit so gut. Wir wissen nur, dass noch ein Anstieg bis zu unserem Zielort Ning`er kommen muss. Weil der Fluss einen anderen Weg nimmt als die Straße. Also schrauben wir uns immer weiter hinauf, bis wir wieder auf über 1.400 Meter Höhe sind. Zum zweiten Mal heute. In Ning`er angekommen zeigt das GPS gut 1.400 HM. Die Landschaft war schön und der Verkehr hielt sich in Grenzen, obwohl es gestern ruhiger war. Wenn die Autobahn einmal fertig ist, wird es hier wohl noch ruhiger.  

Aber das war es noch nicht für heute. „Ausländer dürfen bei uns nicht wohnen“, ist die monotone Antwort der Rezeptionistin im Hotel in Ning`er. Hallo, bei der Reservierung ist extra danach gefragt worden. Nach vielen Telefonaten, unter anderem mit der hiesigen Polizei, bleibt es dabei. Unsere gute Seele Xiao Luo läuft zu Höchstform auf. Was ist denn das für eine Servicehaltung, erst ja dann nein, und überhaupt, wir sind doch hier in Yunnan und nicht irgendwo. Es bringt alles nichts. Ich habe vor ein paar Jahren zweimal in Ning`er übernachtet, und keine besonders gute Erinnerung daran. Die Stadt ist das ehemalige Pu`er und musste den Namen an die heutige Hauptstadt des Pu`er Tees, ehemals Simao, abgeben. Völlig zurecht, wie ich mittlerweile finde. „Wenn Ning`er nicht will, wollen wir auch nicht“, denke ich bei mir. „Dann geht es eben weiter nach Pu`er“. Nochmal 40 km. Die anderen sind willig, also nichts wie weg hier.

Da war es schon weit nach vier. Was soll ich sagen. Wir sind um kurz nach sieben in Pu`er angekommen. Nach insgesamt 2.079 Höhnmetern und 136 km (Xiao Ding hat die Kilometerzahl nach einem Blick auf das Autonavi auf 133 herunterkorrigiert), und mit dem letzten Licht. Puh. Durchatmen, Räder versorgen, Dehnen, Schmutzbier hinunterstürzen, Duschen und Essen. Und einen guten Schluck von Xiao Dings Baijiu trinken. Ich freue mich über das nette Hotelpersonal, die Stadtatmosphäre und auf das Bett. Mal sehen, was die Muskeln morgen sagen. Das soll es für heute sein. Gute Nacht.    

PS: Wir haben zwar eine Strecke in Laos mit über 2.000 HM im Programm, aber ich weiß von keiner ähnlichen Etappe in China.

PPS: Übrigens gab es heute abend ein Gericht aus Teeblättern und Rührei. Den Tee haben Xiao Luo und Klaus selbst gepflückt und im Restaurant abgegeben. Lecker, obwohl Xiao Luo meint, das Ei sei zu stark gebraten und weniger Öl hätte es auch getan. Leider war ich so hungrig, dass ich vergessen habe, Fotos davon zu machen.


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Soviel Schlaf wie sonst nie

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Gestern Abend sah ich noch die Attraktion für uns Touristen in Ruisui: die Müllabfuhr. Ina und ich hatten es in Taipei schon gesehen, dort ist es wegen der größeren Menschenmassen spektakulärer. An fünf Tagen die Woche kommt sie, immer abends. Zwei Fahrzeuge, eines für Restmüll, eines für Recycling. Man hört sie schon von Weitem, in Endlosschleife wird Tekla Bądarzewskas Gebet einer Jungfrau aus den Lautsprechern der Wagen gespielt. Die Leute stehen schon vor ihren Häusern oder rennen schnell auf die Straße. Hier werden keine Mülltonnen geleert, jeder wirft seinen Müllbeutel selber in den Wagen. Wenn man die Nachbarn kennenlernen will gibt es wohl keine bessere Gelegenheit als die Müllabfuhr

Wir haben einen Fahrerwechsel auf der Tour. Wei Xin verlässt uns für ein paar Tage, jetzt fährt Amao das Begleitfahrzeug. Er ist ein junger, sympathischer Mann, sehr zuvorkommend. Sein Englisch ist besser als das von Wei Xin, man kann sich besser mit ihm unterhalten. Aus Frauensicht gesehen: Wei Xin sieht auf eine natürliche Weise sehr muskulös und durchtrainiert aus, ohne wie ein Muskelprotz zu wirken. Amao ist nicht ganz so muskulös, Renate würde sagen, „so wie er ausschaut, isst er sicherlich gerne“. Wobei, richtig dick ist er auch nicht.

Damit mich keiner falsch versteht: Auch Wei Xin ist ein sehr sympathischer und angenehmer junger Mann, aber eben völlig anders, etwas ruhiger vielleicht. Hans fragte uns Frauen, ob wir schon sein Gewicht, seine Muskelmasse und sein Trainingsprogramm herausgefunden hätten. … Ich meine, wir können ja nicht gleich am ersten Tag mit der Tür ins Haus fallen 🙂

Also, mit neuem Fahrer und neuem Fahrzeug starten wir heute in Richtung Berge. Wir überqueren wieder das breite und fast ausgetrocknete Flussbett des Xiugulan-Flusses. Etwa 50 km geht es eben durch das East Rift Valley. Unsere Straße schlängelt sich durch Reisfelder, die Gipfel der Berge links und rechts sind von Wolken verdeckt. Es ist bewölkt, so dass die Temperatur zum fahren angenehm ist.

Nach ca. 50 km, im Örtchen Fuli, machen wir eine frühe Mittagspause. Wir finden ein nettes Restaurant. Eine kleine, zierliche Frau betreibt den Laden, sie kocht hervorragend. Der Großteil von uns isst Jiaozi, also die chinesischen Teigtaschen, Hugo und Rudi eine Nudelsuppe, die auch sehr lecker aussieht. Ich muss gestehen, als Schwabe bin ich es ja gewohnt, Maultaschen mit Kartoffelsalat zu essen, aber Maultaschen in Sojasoße mit Knoblauch zu tunken, dazu Sambal Oelek, das ist schon auch lecker. Und dazu natürlich Kaffee von Mr. Brown.

Ina und ich fragen die Wirtin, ob wir sie in ihrer Küche fotografieren dürfen. Sie stimmt erfreut zu, will aber auch gleich ein Bild mit uns beiden machen.

Ab jetzt beginnt der Aufstieg in die Berge, der sich über etwa 15 km hinzieht. Die Landschaft ist wieder traumhaft schön. Wir fahren vorbei an tiefen Schluchten, der Berg ist durch die vielen Kurven gut befahrbar. Unterwegs hat Ina einen Platten und konnte froh sein, dass das Begleitfahrzeug noch hinten war, so konnte ihr schnell geholfen werden. Ich bin gespannt, bis jetzt hat noch nie ein geflickter Platten beim ersten Mal geholfen. Noch hält die Luft…

Die letzten Kilometer zu unserer Unterkunft geht es mit atemberaubendem Blick auf die Berge wieder etwas hinunter ins Tal. Untergebracht sind wir heute in einem Gästehaus der Ami, einer Gruppe der taiwanischen Urbevölkerung. Als wir zum Abendessen in deren Restaurant gehen – wir sind die einzigen Gäste – werden uns neben einer Schüssel Reis noch zwei Gemüsegerichte und ein Teller mit Zwiebelfleisch serviert, dazu Kohlrabisuppe. Wir schauen erst die auf dem Tisch stehenden Teller an, dann uns und fragen uns schließlich, wann Nachschub kommt. Immerhin sind wir mit unserem Fahrer acht hungrige Leute mit 73 km und gute 800 Hm in den Beinen. Den Nachschub müssen wir extra bezahlen, im Übernachtungspreis war nur dieses eher enthaltsame Abendessen enthalten. Ohne Getränke wohlgemerkt. Getränke können sie uns keine anbieten. Damit wir doch zu unserem verspäteten Schmutzbier kommen, fuhr Amao für uns ins nächste Dorf. Er ist unser Held, wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet.

Jetzt sind wir mitten in Nirgendwo, Abendessen war schon um 17 Uhr und Rudi will uns keinen chinesischen Kulturvortrag halten sondern empfiehlt stattdessen deutsches Fernsehen im Hotel-TV. Aber wie sagte Renate heute morgen: So viel Schlaf wie hier bekommt man sonst nie. Deshalb. Gut‘s Nächtle 🙂

Heute: Fahrrad-Bus-Hotel

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
70 km nach Kathmandu

Frühstück gibt es heute auf der Terrasse. Reichlich. Brot, Ei. Müsli, Obst, Marmelade. Der letzte Radtag heute. Und etwa 70 km stehen an. Diesmal fahren wir die lange Strecke. Die kürzerer, landschaftlich schönere, verkehrsarme ist wohl übers Jahr unbefahrbar geworden und miserable Straßenverhältnisse hatten wir ja schon, das will keiner mehr. Erst gehts idyllisch am Fluß entlang. An Hängebrücken vorbei. Statt Yaks stehen jetzt Wasserbüffel im Vorgarten. Immer wieder Reis im saftigen grün. Obstbäume und Bananenstauden säumen den Weg.

Es ist heiß geworden. Wir verlassen den Fluß und hoffen, dass die Schnellstraße nach Kathmandu, neben einen relativ guten Belag auch möglichst verkehrsfrei ist während der Feiertage. So die Hoffnung. Etwa 20 km vorm Ziel sitzen wir dann doch alle wieder im Bus. Zu heiß, zu schmutzig zu laut, es reicht. Wir fahren also mit dem Bus und etwa gedrückter Stimmung in Kathmandu ein. Das Hotel empfängt als wäre Oase der Ruhe. Wir bekommen erstmal einen Eistee serviert, dicht gefolgt von einem leckeren Everest-Beer, unserem Favoriten. Langsam tritt Entspannung ein.

Holder die Polder, … Platsch!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
53 km nach Trisuli

Der Morgen erwacht in Dhunche und die Berge lösen sich aus ihren nächtlichen Schatten. Man kann jetzt schon spüren, dass es warm werden wird und feucht. Ganz anders als in Tibet. Wir sind wie in einer anderen Welt. Zum Frühstück gibt es leckeres Omelett, frittiertes Brot uns Bananen. Dazu das Panorama der schneebedeckten tibetischen Berge, die uns noch immer begleiten.

Dann geht es los. An den Berghängen entlang, mitten durch ein Naturschutzgebiet in dem geschützte Arten wie rote Pandas und Schneeleoparden leben sollen. Die beschützen sich aber in erster Linie selbst indem sie sich nicht sehen lassen, denn über die aufgerissenen Schlamm und Steinlawine, die hier Straße genannt wird, wälzt sich gefühlt der halbe Touristenverkehr Nepals. Und nicht jedes Gefährt macht die Straßenverhältnisse so gut mit wie unsere Räder, die bisher Gottseidank bis auf kleinere Aussetzer gehalten haben. Ein kleiner Truck voller französischen Abenteuer liegt fahrunfähig in einer Kurve während der lokale Reparateur schon das Schweißgerät ausgepackt hat.

Langsam wälzen sich die Nebelschwaden über Weg und Abhänge. Wir fahren weiter durch Schlamm, Sand, Geröllhaufen und durch Wasserfälle, die sich über den Weg ergießen. Man muss höllisch aufpassen, sonst passiert es ganz schnell, dass man dann doch nicht mehr auf dem Rad sitzt, sondern wie Uli und ich irgendwo daneben. Die Pfütze in der ich gelandet bin war zum Glück nicht besonders tief und nicht schlammig…

Dann haben wir den Pass geschafft. Die Abfahrt wird sonnig und führt durch landwirtschaftlichen Gebiet. Reis- und Hirsefelder, Bananen und Obstbäume, das ein oder andere Dörfchen schmiegt sich an die Straße. Dann noch über eine flache Sandpiste und dann sind wie auch schon da. Unser Hotel hat einen Garten zum entspannen und wir genießen unser schmutziges Schmutzbier, während die Moskitos uns genießen.

Unendliche Wälder, die noch keine Gruppe beradelt hat

Entlang der Teestraße, vom 03.10. bis 12.10.2019

Von Zhenyuan nach Jinggu, 110 km, 1.400 HM

Die Lichtstimmmung am Morgen ist fantastisch. Vor uns liegt ein 21 km langer Anstieg, was wir aber noch nicht wissen. Denn diesen Weg hat noch keine Teestraßen-Gruppe vor uns genommen. Tief hängende Wolken über einer Straße, die sich durch den Urwald schlängelt. Dazu roter Sand und weiter oben blauer Himmel. Vogelgezwitscher überall, und große bunte Schmetterlinge. Wir betreten also „Neuland“. Es macht einen tropischen Anschein, ich bin völlig begeistert. Die Straße kann noch nicht sehr alt sein, denn rechts und links sind noch keine Felder angelegt und es gibt kaum Häuser, geschweige denn Siedlungen. Es ist die Alternativroute, zu der wir gezwungen sind, weil auf der ursprünglichen Strecke die Autobahn gebaut wird. Bis etwa km 50 folgen wir der Alternative durch den nahezu unberührten Wald. Zwischendurch tauchen die ersten Teeplantagen auf, und die Abfahrten bieten tolle Ausblicke in immer weitere Täler.

Nach dem Mittagessen in einer kleinen Bude ist mir eigentlich nach einer ausgedehnten Pause zumute. Denn es ist warm und wird immer wärmer. Aber weil wir nicht genau wissen, was noch auf uns zukommt, fahren wir lieber weiter. Außerdem eignen sich die kleinen Hocker auch nicht zum längeren Aufenthalt, bei Liegestühlen wäre uns der Aufbruch wohl schwerer gefallen. Was folgt, sind Tee- und Kautschukplantagen, bunt blühende Bäume, viele Aussichtspunkte und Annanas. Es ist wohl gerade Saison, denn die Verkaufsstände sind voll davon. Wir probieren natürlich und genießen die süßen Früchte. Schließlich gibt es noch zwei kurze erfrischende Regenschauer, bei strahlendem Sonnenschein. Gegen zwanzig nach vier sind wir am Zielort. Das war mal eine richtig schöne Alternativroute, hier ein paar Eindrücke.


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Abschied von der Küste

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Pünktlich um 5:48 Uhr geht heute morgen über dem Pazifik die Sonne auf. Ich stehe, die Kamera griffbereit, auf dem Balkon. Trotz der frühen Uhrzeit sind auf der Straße vor dem Hotel schon viele Taiwaner unterwegs. Radfahrer, Jogger, Menschen die zur Arbeit gehen.

Das Frühstück ist lecker, sogar gedämpften Brokkoli und leckere Sweet Sesame Buns gibt es. Und es ist schon das dritte Hotel, in dem es beim Frühstücksbüffet Pommes gibt. Hier sind sie aus Süßkartoffeln gemacht. Ich kann irgendwie nicht widerstehen …

Wir fahren heute weiter Richtung Süden. Erst geht es ein Stück an der Küste entlang, vorbei an interessanten Steinfiguren, links von uns der Pazifik, rechts die Berge.

Nach wenigen Kilometern kommen wir in das das East Rift Valley. Die Straße ist sehr gut befahrbar, angenehme Steigungen wechseln sich ab mit schönen Abfahrten. Gleich in den ersten Kurven dröhnt uns fast ohrenbetäubendes Zwitschern der Vögel entgegen. Es müssen hunderte, tausende Vögel gleichzeitig sein, die hier in den Büschen und Bäumen zwitschern.

Hier wird viel Obst angebaut. Orangenfelder, Papayas, Drachenfrucht, Ananas, Bananen, Reis und vor allem Pomelos. Riesige Felder von Pomelos. Dazwischen Palmen und andere Tropenpflanzen. Stellenweise komme ich mir vor wie im Subtropenhaus des botanischen Gartens nur viel, viel größer.

Die Gegend ist fast ungewohnt. Erst in der Mittagszeit kommen wir in ein Dorf, in dem die Urbevölkerung lebt. Hier machen wir ein gemütliches Picknick mit chinesischen Würsten mit extremem Knoblauchgeschmack, Butter aus Dänemark, Käse aus Holland, Creme Brulet von Ov(om)altine und … Nutella. Dazu der bei uns beliebt gewordene Kaffee von Mr. Brown.

Während Hans seit einigen Tagen pannenfrei fährt, hat Hugo heute diesen Part übernommen. Innerhalb kurzer Zeit mußte zweimal der Schlauch seines Hinterrads gewechselt werden. Mit dem Rad über Baustellen zu fahren hat eben so seine Tücken.

Unser heutiges Ziel ist Ruisui, ein Ort, der für seine heißen Quellen bekannt ist. Das Wasser kommt direkt aus den Bergen und wird, als wir im Hotel ankommen, gerade in die Becken im Außenbereich gelassen. Das Wasser hat eine Temperatur von angenehmen 39 °C. Auch die Badewannen unserer Zimmern können wir mit dem Wasser der Quellen füllen.

Im Ruisui lebt die Minderheit der Hakka. Die Hakka (Gäste) sind eine der acht han-chinesischen Volksgruppen. Abendessen gibt es in einem typischen Hakka-Restaurant. Rudi erzählt, dass bei den Minderheiten an der Ostküste Taiwans hauptsächlich ein Matriarchat herrscht. Das können wir daran sehen, dass die Wirtin unseres Restaurants den gutbesuchten Laden alleine schmeißt.

Auch dieses Mal hat es wieder köstlich geschmeckt und wir kehren satt und zufrieden ins Hotel und den heißen Quellen zurück.

Waschtag

Die Schöne Insel, vom 29.09. bis 20.10.2019

Ein Beitrag von Susanne.

Ruhetag = Waschtag. Nach einem späten Frühstück fahren wir um 10:00 Uhr los. Der Regen der Nacht hat inzwischen aufgehört. Der Waschsalon liegt ganz in der Nähe. Alle außer Ina und meiner Wenigkeit werfen ihre Wäsche in die Maschine und schauen uns fragend an. „Was glaubst du, warum ich so einen großen Koffer dabei hab“, sagt Ina.

Danach teilen wir uns auf. Ina und ich haben keine Lust auf das Skulpturen-Museum und fahren stattdessen zum Fotografieren an den Strand und zu einem Friedhof, an dem wir gestern vorbeikommen sind. Auf dem Rückweg zum Hotel radeln wir noch zu einem schönen Tempel. Jetzt sitzen wir gemütlich auf dem Balkon des Hotelzimmers, trinken Kaffee und genießen den Ausblick auf den Pazifik.