Heute mal am anderen Fluss

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Tacheng nach Shigu, 108 km, davon über 60 km im Regen, etwa 880 HM

Eigentlich heißt sie ja Mythos Mekong, unsere lange Tour. Heute sind wir aber über 100 km am Jangtse entlang geradelt. Durch kleine Dörfer, einige Schlammlöcher und vor allem an Tabakfeldern vorbei. Immer begleitet von den tief hängenden Wolken, vor denen es irgendwann kein Entkommen gab. Weil wir schon um vier Uhr angekommen sind, und es just in diesem Augenblick zu regnen aufhörte, blieb noch Zeit für einen kleinen Dorfspaziergang. Was sich als sehr gefährlich herausstellte, denn schon im Hof der Unterkunft war es total glitschig. Irgendwo brach dann noch das Holz ein…  trotzdem haben wir es unfallfrei bis zum Fluss herunter geschafft, zu der Stelle, an der der Jangtse seine berühmte erste 180-Grad-Biegung macht, und Mao auf dem langen Marsch übergesetzt ist. Trotz der Berühmtheit ist Shigu ein eher ärmliches Dorf geblieben, vom Tourismusboom vergleichbar mit Dali oder Lijiang ist hier nicht viel hängengeblieben. Gerade klopft es an der Zimmertür, die Polizei braucht doch noch unsere Pässe. Die Feiertagswoche rückt näher, 70 Jahre VR China, da nimmt man es mit den Vorschriften lieber genau.

PS: Bilder von der Radstrecke folgen, weil meine Kamera wegen Regen heute in der Radtasche geblieben ist und ich erst noch Bilder von den anderen sammeln muss.


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Von klaren Bergseen und schneebedeckten Wipfeln

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019
104 km nach Gyantse und mit dem Wetter hatten wir auch Glück

Es ist kalt heute morgen, gerade mal 0°C. Unter strahlend blauem Himmel fahren wir den schneebedeckten Gipfeln entgegen. Die Beine sind noch schwer von der gestrigen Etappe. 23 km fahren wir stetig bergauf, dann haben wir den Karo La Gletscher erreicht. Außer uns verkrümeln sich in der Weite der Landschaft noch ein Paar andere Touristen und eine Schafherde samt Schäfer. Wir stiefeln in Richtung Gletscher los. Nur Uli und Sven schwingen sich motiviert aufs Rad. Sven hält allerdings bei einem großen Stein und läßt sich da gemütlich in der Sonne nieder. Uli bleibt vor der Geröllhalde stehen und Susann sucht nach Amethysten und findet einen schönen Quarz. René und ich steigen die Halde hinauf. Auch hier finden sich überall gestapelte Steintürmchen. Oben angekommen, wissen wir, daß sich die Mühe gelohnt hat. Vor uns breitet sich ein klarer See aus, am gegenüberliegenden Ufer ist uns der Gletscher so nah wie nie. Wir fragen uns allerdings was die beiden Bojen im See zu bedeuten haben. Geht man hier etwa in eiskaltem Wasser auf fast 5000 m Höhe baden? Freiwillig? Das ist ein Rätsel und wird es auch bleiben.

Beine vertreten ist gut, doch es liegen noch 80 km Radetappe vor uns und etwa 5 km fehlen uns noch zum Pass, der heute erstmalig knapp über 5000 m liegt. Nachdem wir das geschafft haben, haben wir uns wirklich eine leckere Instant-Nudelsuppe verdient. Aber zu viel Zeit können wir nicht vertrödeln, denn auch den Pass geht es zwar erstmal steil bergab, aber dennoch liegen noch etwa 75 km Strecke vor uns mit einigen giftigen Gegenanstiegen. Dennoch kann man die wunderbare Landschaft nur genießen: sanfte Berge, schneebedeckte Gipfel, saftige, grüne Weiden und türkis-blaue Bergseen. Klingt kitschig, oder? Kaum zu glauben? Kommt doch und schaut selbst!

Nur 2 Meter!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

100 km nach Nagarze

Heute wird es ernst: etwa 100 km stehen an und 1300 HM. Wir fahren laut Plan bis auf etwa 4800 m hoch. Extra früh geht es los. Um 7 Uhr, noch vor Sonnenaufgang sitzen wir auf den Rädern und beleuchten mit unseren Stirn- und Fahrradlampen die einsamen Straßen. Doch nach 5 Minuten Fahrt legen wir schon den ersten Stop ein, Susann hat sich einen winzigen Stahldraht eingefahren, also erstmal Schlauch reparieren. Im Dunkeln. Unsere temporäre Werkstadt haben wir dummerweise neben einem LKW aufgemacht, der direkt ausparkt.

Als wir fertig sind, zieht schon der Morgen auf. Es dämmert und ganz langsam erwacht das Leben. Im Nachbarort finden wir eine gemütliche Stube, wo wir Nudelsuppe und süssen Milchtee serviert bekommen.

Dann geht es weiter. Der Kampa La-Pass wartet, aber erstmal geht es noch etwa 15 km eben und gemütlich bei bestem Sonnenschein dem Brahmaputra entlang. Nach und nach werfen wir alle unsere warmen Klamotten ab. Und auch der Anstieg lässt sich gut an. Nach 5 km sind wir alle noch ziemlich frisch, genießen Kaffe und Snacks bei schöner Aussicht und guter Luft. Doch dann zieht sich das Feld nach und nach so ziemlich auseinander. Wir treffen uns auf der Strecke an den diversen Hotspots wieder, Aussichtsplattformen z.B. voller Busse, SUV`s und Jeeps. Hier kann man sich neben Sonnenbrillen-tragenden Hunden und auf Yaks sitzend ablichten lassen.

Die letzten 5 km des Anstiegs werden dann ziemlich bitter. Wir können kaum noch die spektakuläre Landschaft genießen. Susann erinnert sich auf dem letzten Stück nur noch an Aspahlt – letztendlich werden wir aber, oben angekommen, durch einen wunderschönen Ausblick auf den türkis-blauen Yamdrock-See belohnt. Und… waren wir vorher noch in dem Glauben, dass wir uns auf 4700 befinden, werden wir jetzt eines besseren belehrt: Eine Steinstele informiert – wir sind auf 4998 m über dem Meer. Nur zwei Meter noch und wir hätten schon heute die 5000er Marke gekappt (und nicht erst Morgen).

Wußtet ihr eigentlich schon, dass unser Guide ziemlich gut massieren kann? Diese neue Qualität wird uns heute auf dem Gipfel des Kampa La offenbart. Ein zusätzliches Bonbon (neben Ausblick und Massage) ist die kurze Abfahrt zum See. Noch schnell ein paar Fotos schießen dann geht es immer weiter und weiter am See entlang. Sven und ich befürchten nicht mehr rechtzeitig anzukommen und ziehen das Tempo an, Uli hat einfach Spass am Radfahren, René und Susann reicht es, sie steigen ins Auto.

Ein kleiner Höhepunkt ist für uns der Besuch des Hauses unseres Fahrers. Zufälligerweise fahren wir heute durch seinen Heimatort, werden sofort eingeladen und in der guten Stube mit den reich bemalten Möbeln platziert. Bekommen Yakbutter-Tee und Tsampa serviert. Dann gibt es noch eine kleine Führung durchs Haus.

30 km liegen noch vor uns, es ist bereits 16 Uhr und wir überlegen ernsthaft ins Begleitfahrzeug zu steigen, Da kommt die Sonne nochmal raus. Also vertagen wir die Entscheidung auf 15 km später. Und dann reicht es wirklich. Nur Uli würde wirklich gern noch weiter fahren, aber nicht allein. Die letzten 15 km sitzen wir dann gemütlich schwatzend im Auto.
Ziehen ins beste Hotel am Ort ein, hier gibt es zwar kein wirklich warmes Wasser, dafür aber Fußboden-Heizung, und versuchen uns für unsere morgige Etappe zu regenerieren.

Gorillas im Nebel?

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Ruhetag in Tacheng

… nein, es waren keine Gorillas, sondern die wesentlich kleineren Yunnan Goldstumpfnasenaffen (Rhinopithecus Bieti). Und zu dem Nebel kam eine gute Portion Regen dazu. Auf Chinesisch heißen sie Yunnan Goldfellaffen (滇金丝猴), auf Deutsch müßte man wohl korrekterweise Schwarzstumpfnasenaffen sagen. Jedenfalls leben in diesem Schutzgebiet bei Tacheng etwa 70 Tiere, die sich in zehn Familien aufteilen. Das erklärt uns die Nationalparkmitarbeiterin, die nach einer Fahrt im offenen Sightseeingwagen noch eine halbe Stunde mit uns den Berg hinaufsteigt. In einem ziemlichen Tempo, so dass mir zu warm wird, obwohl es hier oben ziemlich kalt ist. Haben wir bisher nicht gefroren, so tun wir das heute. Alle? Nein, Klaus ist gegen Kälte immun und in kurzen Hosen unterwegs.

Auf die Affen müssen wir nicht warten, denn sie werden anscheinend jeden Morgen angefüttert, damit sie zu der Stelle hinunterkommen, an dem die Kameras warten. Was sie bekommen, haben wir nicht gesehen. Jedenfalls halten sich bestimmt 30 Tiere hier auf und fressen Blätter, sitzen ein paar Meter vor uns entfernt oder turnen in den Bäumen herum. Das dünne Seil ist wohl eher für die Besucher als für die Affen gedacht. Nach etwa einer halben Stunde haben wir genügend Fotos geschossen und die feuchte Kälte kriecht in die Knochen. Brrrrr, so stellt man sich einen Nebelwald vor. So richtig warm wird es uns erst wieder nach der recht scharfen Nudelsuppe im Hotel. Danach ist Ausspannen angesagt. Das einzige, was man hier außer einem kleinen Dorfspaziergang bei dem anhaltenen Regenwetter machen kann.

PS: Diese Affenart ist endemisch und kommt in Yunnan und kleinen Teilen Tibets und Myanmars vor. Es gibt anscheinend nur etwa 1.700 Exemplare dieser Art und sie gelten als gefährdet. Dieser Population scheint es ganz gut zu gehen. Und das, obwohl (oder weil?) sie sich ihren Lebensraum mit einigen Dorfbewohnern im Schutzgebiet teilen.


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Garmin steht Kopf

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

72 km nach Qushui

Das Auto ist vollgeladen, die Thermoskannen gefüllt, wir – abfahrbereit. Es geht zuerst geradeaus durch den dichten Stadtverkehr zum Kloster Drepung. Dieser kleine Abstecher beschert uns unseren ersten kleinen Anstieg auf der Tour. Ein Gradmesser für alles, was da noch kommen mag.

Wir fahren schon einige Minuten, da fällt mir auf, dass mein kleiner elektronischer Navigator komische Sachen macht. Ich bin mir sicher richtig zu sein, aber es scheint so, als wolle mich das Teil unbedingt in die andere Richtung schicken. Dann ist plötzlich alles wieder korrekt. Irgendwann begreife ich endlich, dass die Karte Kopf steht. Mehrmals schalte ich das Gerät aus und wieder ein, aber was ich auch mache, das Teil steht Kopf! Muss ich jetzt also andersherum denken? Mir reicht schon mein Links-Rechts-Problem! Fast schon füge ich mich der verkorksten Technik (Vielleicht ein gutes Training für die Koordination der linken und rechten Gehirnhälfte versuche ich mich selbst zu beschwichtigen), da hat René die Idee mal auf Fahrzeugmodus umzuschalten und das scheint der richtige Trigger zu sein, es geht wieder!

So kommen wir am Torbogen des Klosters an. Wir dürfen mit den Rädern passieren. Diese erste kurze Steigung ist wirklich ein Test! Auf dieser Höhe spüre ich mein Herz so deutlich schlagen, als wolle es mir aus der Brust springen! Aber wir schaffen es alle.

Dieses Kloster ist wie alle Klöster Tibets auf der weißen Tara (Die weiße Tara ist eine der am meisten geehrten buddhistischen Schutzgottheiten, sie ist der weibliche Bodhisattva des Mitgefühls und gilt als die Verkörperung der mütterlichen Liebe) gebaut und somit ist das Bächlein, dass durch das Gelände fließt die Ader der Tara. Stellenweiße sehen wir Menschen Reis- und Hirsekörner in das Wasser werfen. Durch diese Opfer wird das Wasser, oder eben das Blut, gereinigt.

Nach der Besichtigung sausen wir den ganzen weg wieder hinab. Dann geht es relativ eben auf gut asphaltierter, aber sehr stark befahrenen Straße nach Qushui. Die Landschaft präsentiert sich in sanften Farben. Immer am Fluß entlang geht es unter tiefhängenden Wolken. Am Straßenrand stehen gebeugte Weiden und Espen in deren silbernen Blättern der Wind spielt.

Tibetische Nudeln und Kartoffeln mit Rindfleisch und Reis gibt es zu Mittag, danach Kaffee und Gebäck. Während wir gemütlich in unseren Bänken hocken, ist, von uns fast unbemerkt, ein heftiges Gewitter direkt über uns hereingebrochen. Wir ziehen uns ins innere des Restaurants zurück, dehnen unsere Kaffee-Pause aus. Bald scheint (fast) wieder die Sonne und es geht weiter. Wir treten kräftig in die Pedalen, aber wir können dem nächsten Gewitter kaum entkommen. Mit den ersten Regentropfen stolpern wir in einen Raum voller Tibeterinnen, die um einen warmen Ofen hockend gemeinsam Tee trinken und Suppe essen. Schnell wird zusammengerückt und auch wir finden Platz am Ofen. Bekommen süßen Tee serviert, der uns gut durchwärmt. Neugier von beiden Seiten. Viel Gespräch, viel Lachen. Meine Sitznachbarin ist überzeugt, dass ich zu kalt angezogen bin und zieht heftig an meinem Hosenbein um es irgendwie zu verlängern. Nach einer gefühlten Ewigkeit müssen wir uns eingestehen, dass dieser kleine Schauer, doch etwas ausdauernder ist, als gedacht. Also werfen wir uns in die Regenklamotten und machen uns wohl oder übel auf dem Weg. Doch wir haben Glück, der Regen wird immer schwächer und die letzten 25 km vergehen wie im Flug.

In Qushui angekommen gibt es eine kleine Verzögerung, da Guide und Hotelier erstmal mit unseren Pässen zur Polizei müssen. Wir nutzen die Zeit für unser erstes Schmutzbier. Während unseres Abendspaziergangs werden wir leider Zeuge wie ein Hund ziemlich heftig angefahren wird. Das sorgt an diesem etwas gräulichen Abend nicht gerade für eine Aufhellung der Stimmung. Auf dem Rückweg gehen wir noch mal zum Fluß und entdecken in einem üppig bewachsenen Hinterhof einen Laubengang voller erntereifer Weintrauben. Erstaunlich, was hier so alles in dreieinhalbtausend Meter wächst!

Chinesische Landpartie

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Weixi nach Tacheng, 86 km, 885 Höhenmeter

Mit nur 86 km und unter 1.000 Höhenmetern war es heute ein schön entspannter Radtag. So viel chinesisches Landleben wie heute habe ich selten fotografiert. Ob Reisernte, Holzblockhäuser oder winkende Kinder, diese Strecke an der Straße 215 könnte ganze Fotobücher füllen. Dabei haben wir einfach nur vom Mekong- ins Jangtsetal gequert, hier ist vor allem die Volksgruppe der Lisu ansässig. Nach einem 700m Aufstieg folgen wir einem kleinen Wasserlauf, der sich durch die grünen Hügel windet.

In der Gegend herrscht gerade eine Schweinepest, an allen Ausfahrten und Ortseingängen sind mit Desinfektionsmittel durchtränkte Tücher ausgelegt, über die gefahren werden muss, die Fahrzeuge werden teilweise sogar abgespritzt. Auch wir rollen immer wieder über diese Tücher. Einmal wollen wir eine kleine Brücke überqueren, die aber gesperrt ist, uns bleibt nichts anderes übrig, als die Räder über die Absperrung zu tragen.

Übringens ist Emmerich der unangefochtene Bergkönig, in dem alle anderen ihren Meister gefunden haben. Morgen legen wir aber erst einmal einen Ruhetag ein, um auszuspannnen und uns die Yunnan-Stumpfnasenafffen anzusehen.


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Biking in the rain? – Nö!

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Besichtigung des Klosters Sera

Was sagt ein Tibeter, wenn man ihm nach dem Wetter fragt? Er erwidert: Das Wetter ist wie die chinesische Regierung – mal so, mal so. Diese Erfahrung haben wir heute am eigenen Leib gemacht. Also – auf’s Wetter bezogen. Nach einer regenreichen Nacht reißen die Wolken auf und wir frühstücken beim herrlichsten Sonnenschein. Frühestens mit unserem Aufbruch zum Radladen, das ist eine halbe Stunde später, regnet es heftig. Wir springen in unseren Bus, schreiben während der Fahrt einen Einkaufszettel, dann starten wir einen Großeinlauf. In zwei Einkaufswagen türmt sich unsere Beute: Thermoskannen, Suppen, Kekse, Obst, Kaffe, Tee, Cola und so weiter. Die zwei Flaschen Schnaps (bai jiu und yao jiu), standen zwar nicht auf dem Einkaufszettel, dürfen aber nicht fehlen. Auch gibt es keine Einhorntasse und keinen bunten Lolli für Susann, sie wird es hoffentlich verkraften.

Am Radladen angekommen wird gewechselt, geschraubt und justiert. Das braucht seine Zeit und als wir endlich fertig sind, na was wohl? Genau! Da regnet es schon wieder. Wir schieben also unsere Räder zurück in den Laden und flüchten in das benachbarte Restaurant. Hier gibts Jasmin-Tee und heiße Nudelsuppe, der wir ordentlich Chilisoße zusetzen. Und wer sagt’s? Kaum fertig gegessen, scheint auch wieder die Sonne prall und prächtig vom Himmel. Doch der Schock folgt auf dem Fuß, der Radladen mit unseren Rädern drin ist verriegelt und versammelt.Klar, es ist Sonntag und der Laden wurde nur für uns geöffnet. Nach einem kurzen Telefonat ist der Laden, wir satteln die Räder und sind abfahrtbereit. Dachten wir. Denn wir können sagen: René steht ab heute in der Pannenstatistik ganz weit oben und zwar mit dem ersten Platten noch bevor wir losfahren. Das hat beim meinen Touren bisher noch keiner geschafft. Aber der Schlauch ist schnell gewechselt und wir machen uns endlich auf zum Kloster Sera, einem der drei bedeutenden Debattier-Klöster Lhasa. Nach sechs lockeren Kilometerchen empfängt uns ein friedlicher, nahezu touristenfreier Ort. Tibeter aller Altersklassen schreiten die schattige Allee mit den Klosterhallen und Debattier-Höfen hinan. Kinder mit geschwärzten Nassen tollen und springen herum. Alles erscheint uns deutlich entspannter, leichter und freundlicher als direkt in Lhasa.

Nach der Besichtigung ist die Lust auf einen Kaffee groß und da Andrea und Sven in Hotelnähe ein Kaffee ausgemacht haben, was mit dem Slogan: Guten Tag es ist cafe Zeit, Ich spreche Deutsch, wirbt, ist der Entschluss schnell gefasst.

Der Café-Betreiber stellt sich als 40jähriger Tibeter heraus der lange in der Schweiz und auch in Deutschland gelebt hat und René gleichmal auf Schweizerdeutsch begrüßt. Der Kaffee ist wirklich lecker und Delek hat uns schon ganz schlau nicht im Café sondern im gegenüberliegenden Kunsthandwerksladen platziert, den er auch betreibt. Unter den vielen schönen Dingen werden Andrea, Sven und Susann schnell fündig. In einer versteckten Ecke entdecke ich einen wunderschönen gestickten Thanka, den ich Susann und René zeige, die auch sofort begeistert sind (siehe Foto). Zu guter letzt schenkt Delek Susann noch eine originale Kuhglocke für ihre Sammlung.

Was gab es also heute? Ein bisschen shopping, ein bisschen Sport, ein bisschen Kultur und noch ein bisschen shopping. Und da ja bekanntermaßen gutes Essen Leib und Seele zusammenhält, verabschiede ich mich für heute zum Abendessen.

Auf und Ab am Mekong

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Cizhong nach Weixi, 138 km, über 1.200 Höhenmeter

Nach der obligatorischen Nudelsuppe und dem Gruppenfoto mit der Familie des Gästehauses geht es auch schon los: Auf und Ab, am Mekong entlang, Auf und Ab und Auf und Ab. Dabei sind auf 138 km gute 1.200 Höhenmter zusammengekommen. So genau weiß ich es nicht, weil sich mein Garmin verabschiedet hat. Es will einfach keine Satelliten mehr finden, obwohl über China genügend Satelliten herumkreisen.

Nach einigen Tunnels ziehen die ersten Reisfelder vorbei. Die Landschaft ist nicht mehr so spektakulär wie gestern, eher lieblich mit vielen Dörfern in den Hängen und noch mehr Landwirtschaft. Der Mais ist geerntet und hängt zum Trocknen an den Balkonen, der Reis wird teils auch schon eingeholt, außerdem ist Walnusszeit. Die ersten Blättter verfärben sich, es wird langsam Herst in Yunnan. Zwei Staustufen passieren wir, danach wird der Mekong wieder zu dem reißenden Fluss, den wir gestern kennengelernt haben. Im letzten Drittel der Fahrt verlassen wir das Mekongtal und biegen in Richtung Jangtse ab. Kurz vor unserem Zielort Weixi, den wir kurz nach sechs erreichen, nimmt der Verkehr dann zu. Es war ein langer Tag und ich bin froh, mal nicht mehr auf dem Sattel zu sitzen, und gleich in mein Kingsize Bett zu fallen, deswegen sollen diese Bilder genügen:

Die sechs Heiligen aus dem Abendland mit ihren vierzehn Gesichtern

Auf dem Dach der Welt, vom 17.09. bis 10.10.2019

Besichtigung des Potala-Palastes und des Jokhang Tempels

Die Sonne scheint, es gibt Frühstück und wir haben noch bis 12:30 Uhr Zeit bis zu unserem ersten Besichtigungstermin, dem Potala-Palast. Also lassen wir es entspannt angehen. Erinnern uns an die Ankunft und an die weißen Schals, die wir zur Begrüßung umgelegt bekommen haben. Die Begrüßung mit weißen Schals ist eine tibetische Abwandlung einer indischen Sitte, wo den Neuankömmlingen zur Begrüßung Blumenketten gereicht wurden.

Wir sinnieren darüber, wie diese Schals am besten und nutzbringenden einzusetzen wären und finden die Idee des Schweißtuches am attraktivsten: 14 Radtage -14 Abdrücke unserer tibetstaubbedeckten Gesichter.

Pünktlich 12:30 fahren wir dann die kurze Strecke zum Potala-Palast. Unser tibetischer Guide Sam hat eine ganz besondere Beziehung zu diesem Ort, denn sein Großvater stammt aus der zweiten Linie des Dalai Lama und er selbst lebte bis 1959 auf diesem Gelände. So erfahren wir vieles auch sehr persönliches über die Geschichte und das Leben hier. Gut dreieinhalb Stunden lauschen wir gebannt Sams Ausführungen und Geschichten. Damit unsere Reise unter guten Sternen steht, hat Sam seine Beziehungen spielen lassen und wir erhalten die Segnungen und guten Wünsche zweier Mönche des Ordens.

Es ist bereits später Nachmittag als wir den Potala verlassen. Ein letztes Mal genießen wir die Aussicht, jetzt von der Rückseite des Palastes über das weitgestreckte Lhasa-Tal und die sanften Hügel auf denen die Wolken ihre Schatten werfen. Wir stärken uns mit Kaffee und Tee, dann geht es weiter zum Jokhang, Tibets Nationalheiligtum. Wir müssen uns sputen, denn man wird nur bis 18 Uhr eingelassen, aber wenn ist man erstmal drin, kann man mehr oder weniger bleiben solange man will. Dieser Tempel wurde vom tibetischen König Songtsen Gampo im siebten Jahrhundert errichtet. Dieser für den tibetischen Buddhismus so wichtige Herrscher, ehelichte drei Frauen: eine tibetische, eine nepalesische und eine chinesische. Genauso vereint der Jokhang den tibetischen, nepalesischen und chinesischen Stil. Es ist unglaublich wie gut erhalten und lebendig heute noch die 1400 Jahre alten Wandmalereien und Schnitzereien sind!

Als wir im Innenhof ankommen, wird gerade heilendes Wasser – ein Aufguss aus medizinischen Kräutern- an chinesische Touristinnen verteilt. Dieses Wasser, so unser Guide, heile Augenkrankheiten, sei gut gegen hohen aber auch niedrigen Blutdruck und verschönere die Haut der Frauen. Man müsse nur daran glauben. Einer seiner Freunde konnte eine Augen-OP abwenden, indem er sein krankes Auge dreimal täglich mit dem Heilwasser wusch.

Es sind zwar noch einige Gruppen unterwegs, dennoch wirkt das Areal in der Abendstimmung angenehm ruhig. Das liegt wohl auch daran, dass der Jokhang vor allem morgens und vormittags den vielen Pilgern vorbehalten ist.

Es war ein interessanter, ausgefüllter und schöner Tag. Die vielen Eindrücke, Gerüche, Farben und Bilder müssen erstmal verarbeitet werden.

Morgen steigen wir endlich auf die Räder und schauen mal, wie gut wir schon an die Höhe angepasst sind.

Von Kirchen und Wein am Mekong

Die Oberen Schluchten des Mekong, vom 12.09. bis 03.10.2019

Von Deqin nach Cizhong, 70 km, davon etwa 1.500 m Abstieg und meist am Mekong entlang

Die Grillen zirpen, nebenan rauscht der Bach, und auch die anderen Gäste aus Dali verabschieden sich langsam in ihre Betten. Wir sind angenehm satt und haben ausgiebig vom Rotwein gekostet, den wir den Missionaren aus der 1880er Jahren zu verdanken haben.

Heute früh hingen die Wolken tief, auf der steilen Abfahrt Richtung Mekong hat es noch geregnet. Am Mekong wird es dann besser, ein Panorama jagt das nächste. Was ist die berühmte erste Biegung des Jangste schon gegen jene Wendungen, die der Mekong hier nimmt. Gegen halb drei kommen wir in Cizhong an. Der kleine Ort ist bekannt für seine katholiche Kirche, die während der Tibetmission in den 1880er Jahren von französischen Jesuiten hier aufgebaut wurde. Wir unterhalten uns mit einem der beiden Pfarrer. „Wir halten hier unsere Sonntagsmesse mal auf Chinesisch und mal auf Tibetisch. Denn einer unserer Pfarrer kommt aus Tibet.“ erzählt er. Ein Gehalt bekommen sie nicht. Sie sind von den Spenden der 600-Seelen-Gemeinde abhängig. „Sonnatgs ist die Kirche voll, etwa 100 Gläubige kommen hierher“. Der Rest muss auf dem Feld arbeiten oder ist anderswo beschäftigt. Ein ganz guter Schnitt, wie ich finde. Ganz in der Nähe gibt es noch vier andere Kirchen, die die Pfarrer bedienen müssen. Auch in China herrscht ein Mangel an Nachwuchspriestern. Eine Haushälterin haben sie nicht, Rente gibt es keine, also arbeitet der hiesige Pfarrer so lange es geht. Ich frage nach Messdienern. Die kenne er, habe aber keine. Ich erzähle, dass in Deutschland die Pfarrer oft Freundinnen haben, heimlich natürlich. Er lacht, ja, natürlich sei das in China auch so, genauso heimlich. Aber in der Stadt sei es einfacher, in einem kleinen Dorf eher unüblich.

Nach dem Rundgang durch die Kirche finden wir uns bald wieder in unserer Herberge ein. Wir haben schöne Holzzimmer im Obergeschoss, davor eine kleine Dachterrasse, auf der wir unsere Wäsche trocknen. Das Abendessen stammt wieder aus dem Gemüsegarten hinter dem Haus, der Weinberg ist etwas weiter entfernt. Der Wein schmeckt etwas ungewöhnlich, aber nicht schlecht. Schließlich sitzen wir zu zehnt am Tisch. Zu uns sechst gesellen sich unsere Fahrer Xiao Luo und Xiao Ding, ihre Tochter WenWen und die etwa gleichaltrige Tochter des Hauses, die froh ist, eine Spielkameradin gefunden zu haben. Nebenan sitzen ein paar Gäste aus Dali, die sich ihr Abendessen selbst gekocht haben. Bei Wein und Schnaps wird es gesellig, so lässt es sich leben. Unser Dank gilt hier den Missionaren, die mit der Religion auch den Weinanbau in diese Gegend gebracht haben.

Abendessen bei den katholischen Gastgebern: