Land der Tausend Elefanten, 19.11. bis 11.12.2011
Wussten Sie das?
Eine Kriegserklärung hatte es nie gegeben. Warum auch, schließlich musste man die Freie Welt vor dem Kommunismus retten, da bedarf es keinerlei Formalitäten. Trotzdem durfte man nicht ganz so öffentlich und offensichtlich vorgehen. Aber dafür hat man ja die CIA, das ist deren Spezialgebiet. Die CIA bildete in den 1960er und 70er Jahren vorwiegend Angehörige der Hmong zu einer Guerillaarmee gegen die Pathet Lao, die kommunistische laotische Widerstandsbewegung insbesondere gegen die französische Kolonialmacht, aus und versorgte sie mit Waffen und Munition. Unterstützt wurden die Bodentruppen großzügig aus der Luft. Amerikanische Bomber ließen im so genannten Geheimen Krieg 2,3 Millionen Tonnen Bomben über Laos regnen, besonders betroffen waren der Osten und der Süden an der Grenze zu Vietnam. Also mehr Sprengstoff, als im gesamten zweiten Weltkrieg abgeworfen wurde. Ein laotischer Kopf musste durchschnittlich 2,5 Tonnen ertragen.
Was es heute in Laos nicht gibt gab es damals erst recht nicht: Städte, die man durch gezieltes Bombardement einebnen konnte. Der Feind lagerte versteckt im Dschungel. Daher wurden in der Operation Rain Dance – was für ein perfider Name! – vorzugsweise Clusterbomben (Streubomben) eingesetzt. Clusterbomben sind bombenförmige Behälter, die nach dem Abwurf aus einem Flugzeug und dem Aufprall auf der Erde viele kleine Sprengsätze auswarfen und über einen größeren Radius verteilten, wo diese dann explodierten. Oder auch nicht. Rund ein Drittel dieser etwa tennisballgroßen, Bombies genannten Sprengsätze ging nicht hoch, blieb jedoch scharf. Und das bis zum heutigen Tag.
Amerikaner lieben three-letter abbreviations, also Abkürzungen, die aus drei Buchstaben bestehen. Hier die dazugehörige: UXO. UXO steht für Unexploded Ordnance, übersetzt „Nicht explodierte Munition“ oder schlicht „Blindgänger“. Davon gibt es wie oben erwähnt in Laos reichlich. Darunter leiden und dadurch sterben auch heute noch viele Einwohner. Ein falscher Tritt im Geländ, ein falscher Schlag mit der Feldhacke in den Boden, schon ist man ein Fuß, ein Bein, eine Hand, ein Arm los. Oder auch mal sein Leben.
Die Beseitigung der Blingänger in Laos ist eines der größten Probleme des Landes und wird es noch auf nicht absehbare Zeit bleiben. Das UXO-LAO Programm ist eines der größten Arbeitgeber im Lande, überwiegend finanziert durch das UNDP (United Nations Development Programme / Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen). Neben dem Räumen von Blindgängern und Landminen gehört die Aufklärung der Bevölkerung zu den Hauptaufgaben von UXO LAO. Die US-Amerikanische Regierung beteiligt sich nicht daran. Aufräumen gehört nicht zu den Stärken der Amis. Search And Destroy schon eher…
Kennen Sie den?
Mitte der 1970er Jahre gab es in Laos einen Gerichtsmediziner. Mehr nicht, nur den einen. Sein Name war Dr. Siri Paiboun. Zusammen mit seinem Team, bestehend aus einer Krankenschwester und einem Assistenten mit Down-Syndrom, untersuchte er nicht nur die Toten, die auf seinem Tisch landeten, sondern gleich dazu die Umstände, die zu ihrem Ableben führten und brachte die Täter zur Strecke. Oft mit einer gehörigen Portion Geisterglauben und Geisterhand. So ist das halt in Laos. Der Humor kommt dabei auch nicht zu kurz.
Mehr will ich aber nicht verraten, lesen Sie lieber selbst! Dr. Siri und seine Abenteuer sind nämlich die Erfindung des britischen Autors und Zeichners Colin Cotterill. Derzeit gibt es acht Bücher aus der Dr. Siri Serie. Im früheren Leben war Cotterill Lehrer in verschiedenen (Entwicklungs-)Ländern und ist eher über Laos zum Schreiben von Büchern gekommen als umgekehrt. Cotterill schreibt über Laos, vor allem aber für Laos. Seine Dr. Siri Bücher (zumindest die englische Taschenbuchausgabe) lässt er in Laos drucken und alle Tantiemen fließen in Bildungsprogramme von Hilfsorganisationen in Laos. Und in UXO Projekte.
Das war die erste Überleitung zum dem Text weiter oben. Die zweite ist der achte Band der Abenteuer von Dr. Siri. „Slash And Burn“ heißt er, ist erst dieses Jahr erschienen und behandelt, quasi als Nebenkriegsschauplatz, die amerikanische „Intervention“ in Laos und deren explosiven Nebenwirkungen.
Und wir?
Eine Überleitung zu unserer Reise an diesem Tag gibt es jedoch nicht. Weder sind wir (zu unserem Glück) über Blindgänger gestolpert, noch (zu unserem Pech) Dr. Siri über den Weg gelaufen. Wir sind sogar weder gestolpert noch viel gelaufen, sondern wie es sich gehört mit dem Rad gefahren. Nicht lange, nur 60 Kilometer und rund fünf Stunden mit einigen Pausen. Aber schön war es!
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