Sorry, just Lao food!

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

7. Tag, von Vang Vieng nach Kasi

Nach den letzten Schotterpassagen hinter Vang Vieng wird der Straßenbelag deutlich geschmeidiger, man könnte auch sagen: der Landschaft angemessen, die zunehmend den Blick zum Umherschweifen einlädt. Spektakuläre Karstkegel und -wände, bedeckt mit saftigem Grün, Bambuswälder, Bananenstauden. Große Monokulturen sind von der Straße aus nicht zu sehen, eher überschaubare Anpflanzungen von Zuckerrohr, Teak, Bananen und vereinzelt Ananas.

In den Dörfern passieren wir heute endlose Reihen von Verkaufständen. Zentnerweise Mandarinen, kunstvoll zu großen Pyramiden aufgeschichtet, warten dort auf Käufer. Es muss sie also abseits der Straße doch geben, die Monokulturen. Die Straße wird ab Mittag von unzähligen Fernreisebussen passiert, die Einheimische und Touristen zwischen Luang Prabang und Vientiane transferieren.

Für uns bedeutet der Weg von Vang Vieng nach Luang Prabang eine dreitägige laotische Landpartie: Die nächsten Etappenziele Kasi und Kiu Kacham bieten deutlich mehr Lokalkolorit und weniger touristisch konfektioniertes Ambiente. Die Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen, ist trotz der zahlreichen Anstiege bis auf über 1400m dennoch dem Bus vorzuziehen. Nicht nur um der Freiheit willen, jederzeit an landschaftlich herausragenden Punkten Fotostopps einlegen zu können (beim Halt auf einer Brücke über den Xong erkennen wir direkt vor uns ein Postkartenmotiv aus Vang Vieng wieder); man spart als Radler zudem die eine oder andere Spucktüte ein, die auf der kurvenreichen, mitunter in engliegenden Serpentinen verlaufenden Straße von den Passagieren der häufig am Tempolimit umherbretternden Busse gefüllt werden dürfte. Nicht zu vergessen die berauschenden Abfahrten, die immer wieder für kilometerlange Anstiege entschädigen.

So sind wir denn nicht die einzigen Radler auf der Strecke und treffen in den folgenden Tagen mehrfach alte Bekannte aus Vang Vieng wieder: Ein Schweizer Pärchen, eines aus Australien, später kommt George dazu, ein alleinreisender Thai. Angesichts der langen, manchmal garstigen Steigungen sind wir einigermaßen froh, im Unterschied zu unseren individuell reisenden Mitradlern den Großteil des Gepäcks unserem laotischen Fahrer Laa anvertrauen zu können.

Für heute kommen wir mit einem großen Berg und 590 Metern Gesamtaufstieg noch sehr gediegen davon und rollen nach knapp 60 km gemütlich am frühen Nachmittag in Kasi ein, wo uns nicht nur unsere Schweizer Freunde schon erwarten, sondern auch absurd große Bungalows im Tanzsaalformat und ein – gemessen an der Größe und Bedeutung des Ortes – sehr ordentlicher Standard: Statt dem weit verbreiteten Überschwemmungsbadezimmer, in dem man je nach persönlicher Reichweite gleichzeitig duschen, Zähne putzen und auf der Brille sitzen kann, gibt es eine noble gemauerte Duschkabine. Über Details wie Waschbecken ohne Wasserzufuhr oder (wahlweise) mit verstopftem Abfluss lässt sich da großzügig hinwegsehen.

Im Restaurant geht es im Vergleich zu Vang Vieng sehr rustikal zu: Die Köchin hat unser Menü für den Abend bereits ungefragt zusammengestellt, so dass die Essensbestellung für heute entfällt und ich nur hier und da ein wenig ändern und ergänzen kann. Ihre Auswahl trifft praktischerweise unseren Geschmack schon ganz gut.

Generell haben wir ein absolut positives Verhältnis zum laotischen Essen entwickelt. Als Kenner der chinesischen Küche mit ihrer unerschöpflichen Vielfalt an Zutaten, Zubereitungen und Geschmacksnuancen haben wir natürlich schnell bemerkt, dass man in Laos die Messlatte insgesamt etwas tiefer hängen muss. So lange es schmeckt, ist das jedoch zweitrangig, und jede Neuentdeckung willkommen (ausgenommen Krabbenpaste!). Niemand konnte die tiefen Sorgenfalten verstehen, in die sich Yongs Stirn legte, als er sichtlich unzufrieden vor einigen Tagen von einer Restaurant-Erkundung zurückkam und verkündete:

Sorry, no noodle soup here. Just Lao food.

Klar, dass längst ein running gag daraus geworden ist.


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Rafting mit dem Motorboot

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Heute mussten wir unsere Räder gegen ein Motorboot eintauschen, dass uns zu unserem nächsten Ziel, Muang Ngoi, bringen sollte. „Muang“ heißt Stadt oder Dorf und „Ngoi“, heißt so viel wie, kurz vor dem Abknicken bzw. Umfallen… nicht gerade gutes PR-Management, was die Stadt da hat. Mit an Bord waren noch Frau und Kind des Kapitäns, die nach Hause in ein Dorf auf dem Wege fuhren. Bequeme Bussitze mit verstellbarer Rückenlehne wurden für die verwöhnten Touristen eingebaut und machten die hin und wieder leicht holperige Bootfahrt recht komfortabel. Denn stille Wasser sind tief und flaches kann ganz schön wild sein, so auch der Nam Ou in der Trockenzeit. Immer wieder musste der Kapitän im Slalom den Felsen ausweichen, die aus dem Wasser ragten und erahnen ließen, dass nicht viel Platz zwischen Schiff- und Flussboden blieb. Unbeeindruckt drückte der Kapitän auf die Tube, passte sich den Rhythmen der Wellengänge an und raste auf die Felsen zu um kurz vorher von der Strömung drum herum gerissen zu werden. Der Mann wusste was er tat. Hut ab Herr Kapitän! Eine langweilige Kaffeefahrts-Bootstour mit Wärmedecke war das definitiv nicht.

Nach etwa 2 Stunden Fahrt hielten wir an einem kleinen Dorf um die Beine etwas strecken und den Nacken zu entkrampfen. Hardy kennt das ja alles schon. Aber als er das letzte Mal da war, und Aussichten auf einen guten selbstgebrauten Lao Lao (Reisschnaps) hatte, wurde er leider enttäuscht. Diesmal aber war die Zeit richtig. Der Reis war geerntet und gelagert und die Leute haben Zeit sich um die weniger lebensnotwenigen Lebensmittel zu kümmern. Wir kosteten das edle Gesöff und Toh kaufte gleich 3 Flaschen, eine für den Homestay am kommenden Tag, eine für die Freunde daheim und eine für Hardy. Die Frau des Brenners war eine Weberin und hatte schöne Sarongs im Angebot. Dirk entschloss sich eines mitzunehmen. Hauptsächlich, weil das Dorf und die Familie so nett sind. Martin ließ sich auch noch schnell seine gerissene Hose flicken. Alles in allem ein recht geschäftiger Tag für das alte Pärchen. Anschließend schlenderten wir durch das Dorf zum Dorftempel, in dem eine alte Bombe aus dem Vietnamkrieg als Tempelglocke recycelt wurde. Eine schönere Wiederverwendung kann es wohl kaum geben. Nach weiteren 2 Stunden kamen wir dann in der „fast abgeknickten Stadt“ an, die alles andere als geknickt wirkte. Stadt ist selbst für laotische Begriffe etwas übertrieben. Das Dorf erstreckt sich über eine Länge von etwa 250 Metern entlang einer kleinen Straße, die nie von Autos befahren wurde, da hier noch keine Straße hinführt und der einzige Zugang der Nam Ou ist. Strom gibt es hier auch nur in begrenzten Dosen. Der Dorfgenerator wird abends von 6-9 ein Mal angeschmissen. Zeit genug um die Autobatterien aufzuladen für den Gebrauch von Küchengeräten oder einer kurzen Folge von Thai-Dramen im Fernseher. Das soll sich allerdings leider bald ändern. Die Straße ist in Planung, die Stromkabel auch bald verlegt. „Leider“ ist vielleicht etwas egoistisch. Man gönnt den Dorfbewohnern ja eigentlich den Fortschritt. Nur kommt dann ein größerer Ansturm von Touristen. Für die Bevölkerung hier natürlich eher vorteilig, für den Alternativtouristen, der seinen Geheimtipp bewahren will allerdings nicht.

Auch der Eingang unseres Hotels war von Bombenhüllen flankiert. Überhaupt sieht man in der Gegend viele alternative Verwendungen von Bomben. Amerika führte damals einen geheimen Krieg gegen die kommunistische Patet Lao. Das erklärt allerdings immer noch nicht, warum Laos zu den meist gebombten Land der Welt zählt (1968-69 fielen in Laos mehr Bomben als die Amerikaner in Deutschland während des ganzen 2. Weltkriegs abgeworfen haben). Ein Großteil davon ist allein der Faulheit der Amerikaner zu verdanken, die sich den Papierkram nach der Landung mit restlicher Munition ersparen wollten.

So traurig die Vergangenheit auch sein mag, die gemalte Landschaft und die Freundlichkeit der Leute lässt sie immer mehr Verblassen, sodass nur noch Bomben-Tempelglocken, Bomben-Blumentöpfe und andere kreative Bomben-Gegenstände als Vorbild dienen, wie man mit seiner deprimierenden Vergangenheit am besten umgehen kann. Wir genossen auf jeden Fall die entspannte Atmosphäre und schöne Aussicht auf der Flussterrasse und bewegten uns bis zum Abendessen keinen Meter mehr.


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