Die letzten Plätze im Nirvana

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Unser Tag begann mit der letzten Bootstour auf der Reise. Wir fuhren den Mae Kok aufwärts nach Mae Salak. Zwischen drin stand ein Stopp in einem Karen-Dorf auf dem Programm. Dass die Karen-Völker sich dem Touristenansturm von Nordthailand stark angepasst haben, weiß man von den Langhals-Karen, die in Mae Hong Son ihren Körperkult zur Touristenattraktion ausgebaut haben – sei es freiwillig oder unfreiwillig. Hier war es nicht groß anders. An der Bootsanlegestelle stand ein großes Schild mit der Aufschrift „Big Snake“. Das funktioniert als Touristenfalle aber wohl immer noch besser als „authentic Karen Village“. Die paar Touristen, die sich noch hierher verirren, haben die Möglichkeit ein Bild mit den Riesen -Boas zu machen, die die Bewohner wie ihre Kuscheltiere halten. Also tranken wir unseren obligatorischen Kaffee und machten uns wieder schnell auf die Socken.

In Mae Salak warteten unsere Räder wieder auf uns und es konnte auf ruhigen Nebenstraßen weitergehen in Richtung Thaton. Gemütliche 20 km standen auf dem Programm, inklusive Zwischenstopp bei einer Orangenplantage mit frischgepresstem O-Saft. Da muss man auch nicht hetzen. Unser Durchschnittstempo wurde auch ganz schön gedrosselt, von dem in Thailand urplötzlichen Temperaturanstieg. Man könnte meinen die Laoten hätten ihre Heizungsrechnung nicht bezahlt und Thailand gleich 30 Jahre im Voraus. In Thaton kamen wir in einem kleinen netten Resort an, das idyllisch an einer Flussbiegung des Mae Koks gelegen war. Der Rasen war frisch gemäht, die Bäume sauber beschnitten, rustikale Holzmöbel aus Beton luden zum Sitzen ein und im Hintergrund lief aus versteckten Lautsprechern im Garten einlullende Thai-Klassikmusik. So stellt sich der Thailänder seinen Natururlaub vor.

Vor dem Abendessen ließen wir uns auf den Hügel zum nahegelegenen Prah Maha Jedi Kaew fahren, um den Sonnenuntergang noch von oben sehen zu können. Leider waren wir 5 Minuten zu spät und die Sonnenspitze stürzte hinter den Berg, bevor wir die Stupa erklommen haben. Der Prah Maha Jedi Kaew ist eine riesige Stupa der Extraklasse, erbaut von einem Geschäftsmann aus Singapur und großzügigen Spenden anderer wohlhabenden Gläubigen. Entlang den Wänden des Gebäudes sind einige Namen der Spender aufgelistet zusammen mit den jeweiligen schwindelerregenden Summen. Selbst der Wendelgang zur höchsten Ebene hinauf ist in Form eines Drachenkörpers gebaut und die einzelnen Schuppen aus purem Silber wurden alle einzeln gespendet. Auf jeder Schuppe steht der Name des jeweiligen Gutmenschen, damit man ja eine Referenz hat, wenn es dann bei der Abrechnung vor der Himmelspforte mal hart auf hart kommt. Das Ergebnis ist eine beeindruckende fünf Sterne Stupa. Allerdings kam sie leider nicht zu ihrem verdienten Ruhm, da sie etwa zeitgleich mit dem Wat Rong Khun, der ja eigentlich noch im Bau ist, eröffnet wurde. Googeln nach Bildern lohnt sich. Der wilde Traum in Weiß, stiehlt der (im Vergleich) kleinen Stupa eindeutig die Show. Aber das lag leider nicht auf unserem Weg.

Wieder unten in unserem kleinen Resort plätscherte immer noch die gleiche CD vor sich hin und die einheimischen Touristen testeten schon mal das Feuerwerk für den morgigen Silvesterabend.


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Die üble Palastwache des Paralleluniversums

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

15. Tag, 30.12.2011
Von Na Mawn nach Luang Namtha

Wo sich 2008 noch eine staubige Piste durch Na Mawn schlängelte, kündet jetzt eine noch recht frische Asphaltdecke vom Wirken chinesischer Baufirmen. Kein Wunder, denn die Straße, auf der wir heute den Ort verlassen, führt direkt zum laotisch-chinesischen Grenzübergang Boten nördlich von hier. Doch wir wollen diesmal in Laos bleiben und biegen vorher in Richtung Südwesten ab. Eine der am besten ausgebauten Straßen des Landes verbindet hier auf dem kürzestmöglichen Weg (ca. 250km) China mit Thailand. Für uns heißt das: Bis jetzt war der Untergrund nicht übel – jetzt wird es traumhaft. Zumal der Asphalt nicht irgendwo liegt, sondern sich durch ein wunderschönes malerisches Tal schlängelt, dessen seltsam verschlafene Dörfer in einem skurrilen Verhältnis zur breit ausgebauten Straße stehen. Von Verkehr kann übrigens keine Rede sein, wir sind quasi auf dem bestausgebauten Radweg des Landes unterwegs.

Das Mittagspicknick findet heute in einem sonnengeschützten und auch sonst luxuriösen Bambus-Unterstand statt und ist damit dem extravaganten Speiseangebot angemessen: Auf der Tafel treffen sich Salami und Schwarzbrot mit Mangostane und gerösteten schwarzen Pilzen mit Limette und Chili. Fast niemand kann sich ein heimliches Kichern verkneifen, als es nach schon fast zwei Wochen einmal nicht wir sind, die kritisch das Essen beäugen und mit fremden Geschmäckern konfrontiert werden: Yong kaut skeptisch auf seiner Mini-Salami herum und sieht so aus, als wünschte er sich gerade sehnlichst eine Chilischote mit Krabbenpaste herbei, um den absonderlichen Geschmack zu neutralisieren. Wir tun unser Bestes, um ihn mit aufmunternden Blicken und Bemerkungen im Kampf mit der Mini-Salami zu unterstützen.

Durch die weite Ebene des Nam Tha erreichen wir Luang Namtha, eine überdimensionierte Reißbrettstadt, geboren in den 70er Jahren aus bisher uneingelöstem Entwicklungsoptimismus. Ein wahres Paralleluniversum: Die Stadt besteht aus ganzen drei Parallelstraßen. Doch auch wenn das urbane Schachbrettmuster und die Rollbahn des Flughafens längs der Hauptstraße eine andere Sprache sprechen – die meisten Besucher zieht es aus anderen Gründen nach Luang Namtha. Mit Rucksack, Mückenspray und Kamera wandern sie in die Wälder der Umgebung und lassen sich von ortskundigen Begleitern durch die Bergdörfer führen. Man mag von der Suche nach dem ursprünglichen, einfachen Leben halten, was man will: Der sanfte Tourismus scheint zu den wenigen großen ökonomischen Erfolgsgeschichten des heutigen Laos zu gehören.

Nach der Schmutzbier-Siesta machen wir – in perfektem Einklang mit den lokalen Gepflogenheiteen – eine kurze Schachbrett-Spritztour mit unserem Begleitwagen. Zugegeben – man ist schnell durch mit der Neustadt, in der unsere Unterkunft liegt. Einmal hin, einmal her, um Ecke – gar nicht schwer. Immerhin lockern einige annehmbare Lokalitäten die Strenge der Längs- und Querstraßen auf, wo sich geruhsam dem Abendessen entgegenfreuen läßt. Chinesisch zum Dritten, heute mit authentischem Trinkgelage am Nachbartisch. Wir haben fast alle in China schon mit ähnlichen Tischgesellschaften zu tun gehabt und kennen die Verhaltensregeln: Freundlich lächeln und sich begriffsstutzig stellen, wenn die Aufforderungen zum Mittrinken forscher werden. Zur Not ad hoc eine temporäre Alkoholallergie entwickeln. Wir kommen unbehelligt davon – sieht man einmal von dem ebenfalls schwer angetrunkenen Kellner ab, der uns Tee nachschenken möchte und dabei hauptsächlich meine unbestrumpften Füße überbrüht. Das Essen ist immerhin lecker, wenn auch mit einer Einschränkung: Hier wird nach meiner Wenigkeit das übelste Hühnchen nach Art der Palastwache Asiens serviert. Wenn es denn überhaupt Hühnchen war. Ich überreiche deshalb (leider nur in meiner Phantasie) mit Hinweis auf Seite 28 höflich einen CBB-Katalog 2012, mit dessen Hilfe das Gericht beim nächsten Mal besser gelingen sollte. Ansonsten: ein würdiger Abschluss unserer chinesischen Trilogie, nach der wir bereit sind, uns wieder intensiver ortstypischen Aromen zu widmen.


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