Highway to Hell

Goldenes Dreieck, 10.12.2011 bis 04.01.2012

Heute Morgen verabschiedeten wir uns von der Langsamkeit, von dem Kommunismus, von den vielen Kindern am Wegesrand, vom besten Bier Südostasien, von Laos. Bei dem kleinen Grenzübergang zwischen Huay Xai (Laos) und Chiang Khong (Thailand) ist zwar eine Brücke in Planung. Aber mit thailändischen und laotischen Bauarbeitern kann das Ganze noch ein Weilchen dauern. Es wäre die 4. Brücke, die Thailand mit Laos über den Mekong verbindet. Auf einer Länge der gemeinsamen Grenze von etwa 850 km entlang des Mekongs, sind die 3,5 Thai-Laotische-Freundschaftsbrücken ein gutes Symbol für die politische Beziehung der beiden Länder. Auch die 4. Brücke ist eher von Thailand und China geplant worden. Laos ist da nur Nebendarsteller. Also heißt es für uns noch mal Bootfahren, wenn auch nur für 2 Minuten.

Auf der anderen Seite des Flusses erwartet uns Dtaw, der thailändische Reiseleiter mit Loung (Onkel) Tawin, dem Fahrer. Die Einreise ging etwas flotter als in Laos und wir konnten schon bald auf der linken Straßenseite unsere Tour de Thailande norde beginnen. Leichter gesagt als getan. Denn gleich nach der ersten Kreuzung, bin selbst ich, als geübter Linksfahrer, auf die falsche Straßenseite abgebogen. Wir verabschiedeten uns vom Mekong und von Laos und verspürten schon bald darauf ein kleinen Anflug von Heimweh, nach dem Schmuseasphalt mit den wadenschmeichelnden Ondulationen, als die ersten Steigungen in Thailand anfingen. Bei den Steigungen hier kommt man genau so schnell den Berg hinauf wie schieben. Das hat man halt davon, wenn Pickups vor dem Straßenausbau in Massen importiert werden. Das Leid haben dann die Radfahrer zu tragen. An die hat natürlich keiner gedacht.

Oben auf dem Gipfel angekommen, kamen wir gerade rechtzeitig zu einer Hmong-Neujahrsfeier. Hierzu werfen sich die in Trachten gekleideten Dorfbewohner Stoff- und Tennisbälle zu. Das soll der Kommunikation dienen und erinnert etwas an ein Kennenlernspiel aus der Waldorfschule. Allerdings mit schwerwiegenderen Konsequenzen, wie etwa einer Hochzeit. Anders als noch in Laos haben die Bergvölker hier hochhackige Schuhe, Handys und Spiegelreflexkameras. Der Fortschritt ist wesentlich fortgeschrittener in Thailand. Was für uns Fahrradfahrer aber auch heißt, dass sich fast jeder ein Auto leisten kann und die Straßen wieder lauter und, be- und abgefahrener sind.

Eine Ahnung davon, wie viele Autos in Thailand wirklich unterwegs sind bekamen wir, als wir etwa 15 km vor unserem Zeil auf die Hauptstraße Nummer 1 stoßen. Der Name ist Programm, die Phahonyothin ist die 2. Längste Straße Thailands und ich könnte sie etwa 900 km immer weiter geradeaus fahren und käme dann bei meinen Eltern in Bangkok an. Nach Chiang Rai rein hat sie teilweise 8 Spuren und wir gehen regelrecht unter in dem Meer von Fahrzeugen. Nach der Entspannungskur in Laos sind die Hauptstraßen hier ziemlich respekteinflößend, um es vorsichtig auszudrücken.

Zum Abendessen bot sich zur Begrüßung von Thailand das „Sawasdee“-Restaurant an, was „guten Tag“ auf thailändisch bedeutet. Es begrüßte uns gebührend mit thailändischen Curry-Suppen, Hähnchen mit Cashewnüssen und anderen Leckereien.


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Die Ziege der Na Mawn All Stars

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

Von Oudomxay nach Na Mawn

Ein paar Früchte vom Markt in Oudomxay, und schon sind wir unterwegs nach Na Mawn. Ein kleiner Ort, den ich wegen seiner freundlichen, gelassenen Atmosphäre in guter Erinnerung habe: Am späten Nachmittag, vor Sonnenuntergang, kann man gemeinsam mit dem ganzen Dorf im Fluss baden – eine schöne Abwechslung von der üblichen Dusche danach. Im Laufe eines langen sonnigen Radfahrtages auf laotischen Straßen mischt sich der Schweiß mit einer stattlichen Schicht roten Staubs, der sich auf uns ebenso beiläufig ablagert wie auf all den Pflanzen, Autos und Häusern, denen man unterwegs häufig insgeheim eine riesige Putzfrau wünscht, die mit einem überdimensionalen Staubwedel mal kräftig über die ganze Landschaft wedeln möge.

Kurz hinter unserem Pass des Tages machen wir uns an einem schattigen Plätzchen auf der Picknickdecke aus Bananenblättern über die chinesischen Köstlichkeiten her, die wir im Versorgungsmobil aus Uodomxay mitgenommen haben. Ein paar Kekse und Obst dazu, und schon geht der Stäbchenwettkampf los. Die geschmorten Auberginen sind beliebt, während das doch arg knochige scharfe Huhn nur selten den ungestüm zuschnappenden Hölzchen ausgesetzt ist. Zum Dessert gibt es heute eine hübsche kleine Verdauungsabfahrt.

Wir passieren einige Dörfer der Hmong und kommen gerade richtig, um einen alten Neujahrsbrauch aus der Nähe erleben zu können: Ein Ballspiel zwischen jungen Männern und Mädchen, bei dem der Ball zur Partnerwahl eingesetzt wird: Wer sich mag, wirft sich den Ball zu. Aber ganz so einfach ist es doch nicht, denn das Ganze dauert stundenlang, und nur wer es schafft, bis zum Schluss keinen steifen Arm zu bekommen, hat Chancen auf die Gunst des Gegenübers. Eine interessante und preiswere Balzmethode, aber doch ein wenig mühsam.

Am Ortseingang von Na Mawn passieren wir den Markt und erbeuten eine 10kg-Kiste mit importierten chinesischen Mini-Mandarinen, die für uns die nächsten Tage für saftige Pausenstopps garantieren. Geschmacklich die besten Mandarinen überhaupt, süß, saftig und mit einer locker sitzenden, leicht abzupellenden Schale. Nur eben sehr klein, so dass man sie gleich im Dutzend essen möchte.

Na Mawn überrascht: Eine widerspenstige Ziege, bei deren Zähmung Albin tatkräftig mit Hand anlegt, weist uns den direkten Weg vom Schmutzbier zu einer rauschenden laotischen Boule-Party. Wir werden johlend und mit gefüllten Gläsern und amtlichem soundsystem lao auf einem Hinterhof begrüßt, wo den Trikots nach zu urteilen gerade die Na Mawn All Stars sich im präzisen Kugelwurf üben. Die große Beliebtheit des Boulespiels in Laos ist wie Baguette und Crèpes ein Erbe der französischen Kolonialherrschaft. Wenn man es recht bedenkt, hätte es auch genau andersherum sein können: Ein so gemächliches Spiel könnte durchaus glaubwürdig in Laos erfunden und erst von den französischen Kolonialherren in ihr Mutterland gebracht worden sein. Man wirft ab und an eine Kugel, zwischendurch bleibt viel Zeit zum Essen, Trinken und Diskutieren des besten Armschwungs.

Das soundsystem lao ist übrigens eine beliebte batteriebetriebene Verstärker-Lautsprecher-Kombination, mit der man mühelos ganze Dörfer beschallen kann – was die Nachbarschaft selten daran hindert, ebenfalls die eigene Anlage bis zur Verzerrung aufzudrehen. Ganz zu schweigen von den restlichen Familien im Dorf.

Erfreut stellen wir heute fest, dass die Musik aus den Lautsprechern viel weniger peinigend in den Ohren klingt, wenn man selbst mittendrin mittanzt. Wir lernen auch ein neues Trinksystem kennen, denn bei den Boulespielern gibt es für 25 Personen nur ein Dutzend Gläser. Das System ist schnell verstanden: Anstoßen, austrinken und dann schnellstens das Glas an den Nachbarn weitergeben. Wer zu langsam ist und sein Glas nicht rechtzeitig los wird, riskiert, die nächste Runde Beerlao gleich wieder mittrinken zu müssen – auf Ex, Ehrensache. Die Gläser füllen sich, einmal ausgetrunken, in bester Füllhorn-Manier quasi augenblicklich wie von selbst wieder.

Wir steuern auch ein paar Getränke bei und wenden uns der Boule-Bahn zu, um bei der nächsten Gelegenheit mit einzusteigen. Wahrscheinlich um uns eine schmachvolle Niederlage zu ersparen, bieten unsere aufmerksamen Gastgeber nicht gerade die erste Garde zum Wettkampf auf, sondern stellen als Kanonenfutter ein Team zusammen, dessen Virtuosität im Umgang mit den Metallkugeln insgesamt wenig einschüchternd ausfällt. Wir erweisen uns als gute Gäste und gewinnen (wie vorgesehen) souverän.

Die Ziege hat man in der Nähe an einem Baum angebunden. Sie schaut uns interessiert zu, über den Verlauf dieses Tages sicher nicht weniger erstaunt als wir.


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