Maulbeershake gegen Whisky-Eimer

Land der Tausend Elefanten, 16.12.2011 bis 8.1.2012

6. Tag, Vang Vieng

Ein Eldorado des Fremdschämens. Ein Ballermann Südostasiens. „Aber der Norden ist schön!“ ist ein bekannter verbaler Reflex auf naserümpfende Missbilligung des Treibens an diversen Stränden Mallorcas. Genauso möchte man jedem, der Vang Vieng in Grund und Boden kritisiert, entgegnen: Aber die Landschaft ist tatsächlich wunderschön, und die britisch-australische Jugend wird sich irgendwann ausgefeiert haben – zumal, wenn der Trend im Ort zukünftig eher zum gediegenen Bungalow-Resort als zur Discount-Absteige für Rucksacktouristen geht. Was bleiben wird, nachdem die Pioniere des Banana Pancake Trail weitergezogen sind, weil anderswo die Whisky-Eimer größer und billiger sind: der idyllische Fluss Nam Xong, malerische Kalsteinfelsen, eine professionelle touristische Dienstleistungs-Infrastruktur. Die das gesamte Tal beschallenden Wummerbässe von der „Party-Insel“ sind dem Vernehmen nach bereits weniger geworden und verstummen um 18 Uhr.

Als DIE Sensation der Tropfsteinhöhle Tham Chang, die unser heutiges Ausflugsprogramm einleitet, werden uns alle die buddhistischen Mönche und Novizen in Erinnerung bleiben, die wie wir zur Besichtigung dorthin gekommen sind. Nicht nur werden wir von den safranfarben Gewandeten aufs gemeinsame Foto gebeten (dies kommt in China im Unterschied zu Laos unentwegt vor); auch gelingt es in einem günstigen Moment, einen verstohlenen Blick auf die vor der Höhle in einem Bach badenden Mönche zu erhaschen und das Rätsel zu lösen, das die Gruppe schon seit einigen Tagen umtreibt: Was trägt der buddhistische Mönch eigentlich drunter? Natürlich verbietet die Diskretion an dieser Stelle, unsere Entdeckung im Detail hier auszubreiten. Sie werden ja hoffentlich selbst einmal Gelegenheit haben, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Anschließend machen wir uns mit den Streckenverhältnissen abseits der Nationalstraße vertraut: Gut 6 km geht es über eine steinige Staubpiste und durch ein Weberdorf zur ‚Blauen Lagune‘. Der schattige Platz lädt zum Baden und Entspannen ein, bevor wir zum Mittagessen die 1996 gegründete Bio-Kooperative nördlich des Ortszentrums von Vang Vieng ansteuern, die sich auf die Kultivierung von Maulbeerbäumen in ökologischer Landwirtschaft spezialisiert hat. Hier wird alles nur Erdenkliche aus Blättern und Früchten der Maulbeere hergestellt.

Den ersten Eindruck der Organic Farm direkt am Xong-Fluss dominiert leider die Störakustik vom gegenüberliegenden Ufer: Wir befinden uns nun sozusagen mitten in der Höhle der Partylöwen, so nah sind wir dem Epizentrum der Bassdetonationen und der Quelle, die die Whisky-Eimer speist, bislang nicht gekommen. Das Urteil ist augenblicklich in allen Gesichtern abzulesen: Mehr als gewöhnungsbedürftig. Die exzellenten Maulbeer-Joghurt-Shakes reißen uns zum Glück wieder aus dem temporären Stimmungstief, auch die Maulbeerpfannkuchen (amerikanische Art) gefallen und die Maulbeerblätter-Tempura wird immerhin wohlwollend als interessant eingestuft.

Nach dem Essen freuen wir uns wieder auf die beschauliche Ruhe unseres Resorts. Einige lassen sich vom Begleitfahrzeug absetzen, der andere Teil der Gruppe paddelt mit Kayaks über den Xong in den Sonnenuntergang. Das Hotelrestaurant hat sich bereits am ersten Abend als gute Wahl erwiesen und speist uns auch heute vorzüglich. Wir sind wieder mit Vang Vieng versöhnt.


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