Venedig des Ostens

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Suzhou Stadtbesichtigung. 12 km

Das Wetter stand heute schon eher auf unserer Seite. So gingen wir das Programm für Suzhou an. Als erstes besuchten wir den Garten des bescheidenen Beamten, der als eines der größten und schönsten Gärten von Südchina gilt. Dem Namen nach zu urteilen, scheint Ironie ja hier doch keine vollkommen unbekannte Kunst zu sein. Der etwa 50,000 m² große Garten entzückt mit einer wunderschönen Anlage und lädt einen an jeder Ecke ein, sich für ein Weilchen hinzusetzen, das Grün um sich zu genießen und dem Touristischen Treiben zuzuschauen. Beeindruckend ist auch riesige Kollektion von Penjing (chin. Bonsai).

Anschließend ging es zur nahegelegenen Nordtempelpagode, auf dem man einen guten Überblick über die Stadt bekommt. Wir konnten jedoch auch schon erahnen, was uns auf unseren nächsten Fahrradtagen bevorsteht: Ein Meer aus Beton, soweit das Auge (in dieser Dunstglocke) reicht. Im Teehaus des Tempels kehrten wir ein und ließen uns einlullen von der Atmosphäre und der Guqin Musik aus den Lautsprechern. Vor uns ein malerisches Bild mit weißen Tauben, die von Tempeldach zu Felsen flogen über einem Teich mit plätschernden Fischen. Dazu jeder eine Tasse grünen Tee. Das nenn ich mal Meditieren für Anfänger!

Wir rissen uns irgendwann nach 1,5 Std. dann doch aus unserer Trance und stärkten uns mit fantastischen frittierten Teigtaschen. Vergebens versuchten wir das Rezept den süßen Knet- und Faltdamen zu entlocken. Sie boten uns jedoch an, ein 2 wöchiges Praktikum dort zu machen, um die hohe Kunst des fluffigen Teiges zu lernen. Leider hatten wir dafür nicht die Zeit und fuhren in Richtung Fluss auf der Suche nach einem Bootanleger. Fündig wurden wir, nach dem wir am Kanalufer einige Male hin und her geschickt wurden, in der belebten 7-Meilen-Shantang Straße und tuckerten schließlich den Kanal entlang. Der Kapitän betätigte die chinesische automatisierte Reiseleiterin, welche dann während der Fahrt erzählte von besonders alten Brücken, Wu-Gräbern und Handelszentren während der Blütezeit.

Die Stadt Suzhou wird in manchen Reisebroshüren auch mit Venedig des Ostens beschrieben, ein Vergleich, den viele andere Länder Asiens kennen, wie z.B. meine Heimat Bangkok, obwohl ich das nie nachvollziehen konnte. Die Zeit in der die Kanäle Bangkoks mal romantisch waren, liegt wohl schon länger zurück. Suzhou jedoch kommt da der Sache schon ein bisschen näher, auch wenn Motoren statt Gondolieres benutzt werden.

Eigentlich war für den Abend Grillbuffet geplant. 39 Yuan all you can grill schien jedoch auch einer Menge anderer Leuten zuzusagen, sodass wir ausweichen mussten und uns mit u.a. zarten Kaninschen-Schenkel zufrieden geben mussten. Welch ein Drama!


Neue alte Stadt

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Ruhetag in Datong mit ausführlichem Stadtspaziergang, Sonnenschein bei 25 Grad.

Selten ist ein Frühstück so bemerkenswert wie hier im Hotel in Datong. Der Kaffee kommt aus einer italienischen Espressomaschine, es gibt frische Baguette, Butter, Käse, Sushi, Salt und Obst und diverse warme chinesische Gerichte. Wir brauchen mehr als eine Stunde zum Schlemmen. Unser Fahrer wird zum ersten Mal im Leben mit Brot, Butter und Käse konfrontiert und ist, im Gegensatz zu vielen anderen Chinesen begeistert. Heute erklären wir ihm, wie essen bei uns funktionieret. Danach ist uns eher zu einer weiteren Runde Schlaf zumute, als zu einem Stadtspaziergang, doch wir brechen eisern auf.

Die ganze Innenstadt ist eine große Baustelle, wie wir gestern schon bei der Einfahrt gesehen haben. Ehemals gab es im Zentrum einige Viertel mit niedrigen Häusern und kleinen Höfen, in denen in engen Zimmern bis zu vier Familien wohnten, dann gab es die „Kachelhäuser“ aus den 80ern und einige mehr oder weniger moderne Gebäude aus den letzten Jahren. Bis auf einige wenige der neuen Häuser ist man dabei wirklich alles wegzureisen und durch ein neue Altstadt zu ersetzen. Dabei wird ein so dermaßen historisches Zentrum errichtet, wie es die Stadt mit seiner mehr als 2000jährigen Geschichte noch nicht gesehen hat. Doch der Reihe nach. Zuerst durchlaufen wir noch einen der wenige Straßenzüge mit den chinesischen Wohnhöfen. Wir werfen einen Blick in die engen Höfe, wo es immer eine Mischung aus Messiwirtschaft und Blumenliebhaberei gibt. In den engen Höfen wurde in den letzten Jahren alles angesammelt, was aus der Wohnung flog, alte Fenster, kaputte Töpfe, Baumaterial. Das macht die nur 5 oder 6 Quadratmeter großen Höfe noch kleiner. Dazwischen blühen schöne Herbstastern in großen Blumentöpfen. Die Toilette, die sich 50 Meter die Straße runter befindet, riecht man auch gegen den Wind. Doch schon in der zweiten Straße wartet die Abrissbirne und eine Straße weiter ist das neue alte Zentrum schon im Wachsen. Prachtvolle Häuser im klassischen Stil und wo früher ein kleiner Tempel war, da steht heute ein großer.

Insgesamt will man in die Altstadt 6 Mrd. Euro pumpen und die Stadt zu einer touristischen Größe in China umbauen. Wir haben kaum Zweifel, dass das gelingen wird. Zuerst verweilen wir auf dem neu geschaffenen Platz im Zentrum. Hinter uns plätschern Mozart und Tschaikowsky in Popversionen und vor uns die Fontänen eines Springbrunnens. Jetzt am Vormittag hat sich hier lediglich eine Hand voll Inlineskater eingefunden, um technisch versiert Runden zu ziehen. Das sind keine Jugendlichen, sondern alles ältere Leute um die 60. Gekleidet wie für einen Wettkampf der Olympischen Spiele zeigen sie, was sie können und es sieht richtig gut aus.

Gleich gegenüber liegt der Huayan Tempel. Auch hier wurde viel investiert, aber für die fetten 80 Yuan Eintritt, das sind, nach dem unser Euro in den letzten drei Jahren gegenüber dem chinesischen Geld um 30% abgemerkelt wurde, immerhin 12 Euro, aber dafür bekommt man auch eine toll renovierte Anlage zu sehen. Nur an Leben fehlt es noch im Tempel, lediglich im letzten Tempel wurde gerade eine kleine Zeremonie für eine Pilgergruppe abgehalten. Dann wandeln wir weiter durch die neue Prachtstraße, die Gebäude sind alle fertig, aber noch nicht bezogen, so dass auch hier noch alles leer und tot wirkt, aber in zwei Jahren wird es hier zugehen wie in Berlin auf dem Weihnachtsmarkt. Als nächstes lassen wir uns von einer rüstigen 80 Jährigen durch die Moschee führen, die von Außen kaum von einem buddhistischen Tempel zu unterscheiden ist, lediglich auf den zwei Minarett-Pagoden thront obenauf der Halbmond.

Eins der berühmtesten Denkmale der Stadt enttäuscht ein wenig, die Neun-Drachen-Wand, ein vielleicht dreißig Meter Langes Kachelrelief mit 9 Drachen. Da rundherum alles renoviert ist, verblasst der Charme der wirklich alten Anlage ein wenig.

Einen weitern Tempel nehmen wir uns für heute vor. Der Kofuziustempel mit Gebäuden aus der Yuan Dynastie, also aus dem 14 Jahrhundert. Auch hier kräftig renoviert, aber auch viel alte Bausubstanz erhalten. In den Tempeln werden der Gründer der Religion und seine Beschützer dargestellt und angebetet, die Figuren sind dabei mythisch massiv erhöht und recht furchteinflößend. Auch hier im Tempel dösen alle in der Nachmittagshitze vor sich hin und wir sind die einzigen Touristen. Wir lösen unseren Stadtrundgang dann hier auf und vertagen uns auf den Abend, schließlich haben wir noch einen weiteren verdienten Ruhetag hier.