Imperial Chill-out-Zone

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Sightseeing in Chengde, per Pedes und per Velo rund 20 Kilometer.

Es ist noch gar nicht so lange her, ca. 300 Jahre, da ritt der zweite Kaiser der Qing Dynastie (1644 bis 1911) auf der Suche nach neuen Gegenden für sein Hobby durch die Gebirgslandschaft nördlich von Beijing.
Sein Hobby war die Jagd und gefunden hatte er dabei Chengde, welches damals noch Jehol, Rèhé bzw. 热河 hieß. Der Kaiser hieß Àixin Juéluó Xuányè, aber besser bekannt ist er unter seinem Regierungsnamen, nämlich Kangxi (1654 bis 1722).

Kangxi war klug und potent. Er ließ in Chengde eine Parkanlage erbauen, die ihm (und den nachfolgenden Potentaten der Qing) als Sommerresidenz diente, denn Beijing ist im Sommer fast unerträglich heiß. Die Parkanlage sollte China en miniature darstellen. Daher lassen sich auch heute noch Elemente in der Anlage finden, die aus Südchina geklaut sind. Wie zum Beispiel eine Seeenlandschaft, die an den Westsee in Hangzhou bei Shanghai erinnern soll. Insgesamt 36 Hotspots hat Kangxi in dem fast sechs Quadratkilometer großen Areal anlegen lassen.

Drum herum ließ Kangxi buddhistische Tempel in verschiedenen Architekturstilen errichten. Damit wollte er sich das Wohlwollen der nationalen Minderheiten in seinem riesigen Reich (China war damals größer als die heutige Volksrepublik) sichern, vornehmlich jenes der Tibeter und Mongolen. So ist der Xumi-Fushou-Tempel (Tempel der Glückseligkeit und des Langen Lebens des Sumeru-Berges) ein Nachbau des Potala Palastes in Lhasa. Die politischen und religiösen Führer der einzelnen Volksstämme kamen nach Chengde um den Kaisern Tribut zu zollen. Dabei wurden sie zudem mit allen erdenklichen Vergnügungen bewirtet: Wein, Weib und Gesang. Und natürlich dem Hobby Kangxis, die Jagd.

Apropos Weib, Kangxi war auch in dieser Beziehung (oder sollte ich besser schreiben in diesen Beziehungen?) sehr potent, er hatte 35 Söhne und 11 Töchter.
Wenn man durch die Sommerresidenz schlendert kann man den Eindruck gewinnen, Kangxi habe ein wahres Lotterleben geführt. Überall bei den oben erwähnten Hotspots wird auf Infotafeln darauf hingewiesen, welche Sinnesfreuden jeweils angesprochen werden. Dabei war Kangxi neben Qianlong (1711 bis 1799) der geschickteste Kaiser der letzten Dynastie in China. Er regierte 61 Jahre lang.

Jetzt aber Schluss mit dem Geschichtsunterricht und hinaus zu den Sights. Zuerst natürlich zur Sommerresidenz selbst. Der Eingang liegt direkt gegenüber von unserem Hotel, wir mussten nur die Straße überqueren und nach einer happigen Tributzahlung von 120 RMB (knapp 15 Euro) gewährt man uns Einlass. Rund drei Stunden haben wir in der Anlage verbracht, haben anfangs die Zeremonial- und Wohngebäude besichtigt und sind dann durch den hinten angrenzenden Park flaniert. Von den sechs Quadratkilometern haben wir vielleicht einen gesehen.

Zeit für eine Stärkung. Heute standen zum Mittag Teigtaschen (Jiaozi) auf der Speisekarte. Chinaessen, lecker lecker!

Den Rädern gönnten wir nur einen halben Ruhetag. Zu den Acht Äußeren Tempeln läuft man nämlich besser nicht zu Fuß. Wir haben uns zwei vorgenommen, den bereits erwähnten Xumi-Fushou-Tempel und den Puning Tempel (Tempel des universellen Friedens). Letzten mussten wir etwas im Schnelldurchgang machen, denn wir waren bereits spät dran und wollten noch ein paar Besorgungen in der Stadt erledigen.

Dann war es Zeit für die abendliche Stärkung. Auf der Speisekarte stand Feuertopf. Das ist wie Fondue. In die Mitte des Tisches kommt ein Topf mit Brühe, der von unten mittels eines Gasbrenners kräftig angefeuert wird. Ich wählte eine Yin-Yang-Topf (erinnern Sie sich noch an meinen Blogeintrag von vor ein paar Tagen?), bei dem die Mitte geteilt ist. Auf der einen Seite eine scharfe Brühe, die andere Seite neutral. Nun schmeißt man Fleisch und Gemüse in den Sud, wartet einen Augenblick und fischt dann mit den Stäbchen im Trüben nach den Köstlichkeiten.
Chinaessen, lecker lecker!


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Tage in Beijing II

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Spaziergang durch die Stadt, von der Liulichang über den Platz des Himmlischen Friedens durch die verbotene Stadt und durch die Hutongs.

Auch eine Fahrt mit der U-Bahn gehört in Beijing dazu. Für gerade einmal 2 Yuan liegt dem Fahrradmuffel die Stadt zu Füßen. Die Preise waren schon einmal höher, sind aber vor den Olympischen Spielen gesenkt worden, nicht wegen der ausländischen Besucher, sondern für die chinesischen Besucher und um den Autoverkehr zu vermindern.
Gedrängel gehört dazu, vor allem beim Aussteigen muss man die Ellenbogen spitzen, um die Hereindrängenden wegzuschubsen. Rückicht ist hier nicht angesagt.

Recht schnell ist man dann am Ziel, die Ausschilderung ist vorbildlich, auch in Englisch.
Zuerst sehen wir uns die Kunststraße Liulichang an. Hier gibt es Künstlerbedarf, Kunstläden und Antikläden nebeneinander. Ich liebäugele schon wieder mit tollen Buddhafiguren, die aber deutlich mein Budget überschreiten. Für eine Grüne Tara in Bronze, ca. 50 cm hoch, mit Bemalung fordert der Verkäufer schon mal 2000 €. Aber der Besitz einer Figur bringt uns (mich) ja keinen Schritt weiter in Richtung Erleuchtung und Nirvana und wie uns schon der Große Buddha lehrte ist es wichtig sich von Begierde zu befreien.

In den Hutongs südlich vom Tian An Men Platz herrscht reges Leben, auch die neuen Einkaufsmeilen im Neu-Alt-Stil, die am Anfang noch recht seelenlos schienen, haben sich in den letzten Jahren mit brodelndem Leben gefüllt. Wer Beijing nicht kennt, hält den Straßenzug südlich des Qianmen wirklich für alt. Aber das ist er nicht, eigentlich sollte er zu den Olympischen Spielen fertig gestellt sein, das war er dann auch, lediglich einige Nebenstraßen waren noch unter Konstruktion. Heute flanieren die Touristen zu Tausenden durch die Straßen mit den dreistöckigen Häusern im alten Stil. In der Hauptstraße gibt es hauptsächlich teure Boutiquen und Markenläden, doch in den Nebenstraßen herrscht der Kleinhandel vor, sogar einige ganz passable Restaurants lassen sich finden.
Über das vordere Tor, Qian Men, gelangt man dann auf den Platz des Himmlischen Friedens. Dort gibt es an jedem Eingang Sicherheitskontrollen, wie auch an vielen anderen Stellen, in vielen Museen und auch in der U-Bahn. Inzwischen mache ich mit einen Spaß daraus, meinen deutlich an der Seite herunterhängedes Messer überall mit hinzunehmen. Nicht einer einzigen Sicherheitskontrole ist das aufgefallen und das waren inzwischen mehr als ein Dutzend.

In diesem Jahr tue ich es wieder einmal, ich quäle mich durch den Kaiserpalast, in den letzten Jahren konnte ich mich immer erfolgreich drücken, da es noch etwas zu organisieren gab, doch in diesem Jahr fällt mir keine Ausrede ein.
Natürlich ist der Kaiserpalast mit seinen gigantischen Hallen, weiten Plätzen und verschachtelten Höfen und Gängen für den Chinatouristen eine Ereignis, aber ich bin hier schon morgens in diesen Gemäuern gewesen, da war man fast ungestört. Heute sind hier zu jedem Zeitpunkt hunderttausend menschen in der Anlage. Es ist so gut wie unmöglich einen Blick in die Tempel zu werfen und einen Blick auf den gelben Kaiserthron zu erhaschen, da sich die menschen in riesigen Knäueln hier zusammenballen. Vor allem in der Gruppe ist es ein Horror und selbst, wenn ich hier nur mit Martina und Wolfgang unterwegs bin, man passt nur eine Sekunde nicht auf , wirft einen Blick zur Seite oder macht ein Foto, schon sind die anderen in der Menge untergetaucht und nur mit Mühe wieder zu finden. Nach zwei Stunden haben wir es geschafft und sind am Nordausgang und wurschteln uns durch die Hutongs zurück zum Hotel und zum Abendessen, diesmal etwas einfacher in meinem Pekinger Lieblingsrestaurant.

Wollt ihr nicht doch reiten?

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Von Qiaotou in die Tigersprungschlucht zum Naxi Guesthouse, 6 km, etwa 2 Stunden reine Gehzeit

Wir hatten uns am Morgen um sieben Uhr zum Frühstück verabredet (zu dem Zeitpunkt wird es in Yunnan gerade hell), um das Hotel pünktlich um acht Uhr zu verlassen. Mit einigen Zwischenstopps –natürlich müssen wir unseren ersten Yangziblick festhalten und die berühmte erste Biegung bei Shigu betrachten, die verhindert, dass der Fluss wie der benachbarte Mekong und der Salween nach Süden abfließt und stattdessen die Biege Richtung Osten macht– gelangen wir per Auto an den Anfang der Tigersprungschlucht. Ich kenne die Tour sonst nur vom Rad aus und muss mich beherrschen, nicht ständig laut Vergleiche anzustellen, was mir aber schlecht gelingt. Nach einer guten Portion gebratener Nudel, die Sabine und Lutz nicht ganz vertilgen wollen, geht es endlich in die Berge.

Es ist immer wieder schön, hier zu sein. Nicht nur wegen der fantastischen Landschaft, der tollen Schmetterlinge und artenreichen Flora oder vielleicht der einfach stimmigen Architektur der Hütten, sondern vor allem der Menschen wegen ist diese Schlucht etwas Besonderes. Unterwegs hat man die Gewissheit, auf einige Nationalitäten zu stoßen, mit denen man (soweit man eine gemeinsame Sprache findet), ohne störende Hintergrundkulisse Geschichten auszutauschen kann. Heute war es eine Gruppe Australier mitsamt dem Inhaber einer kleinen Reiseagentur, ein Thema war natürlich das nachhaltige Reisen mit kleinen Gruppen in reizvollen Gebieten. Selbst der lokale Pferdebesitzer („Wollt ihr nicht doch reiten?“), der geschlagene zwei Stunden bergauf mit uns keinen Umsatz machen konnte, schien nicht weiter genervt, dass wir auch morgen seine Dienste nicht in Anspruch nehmen wollen.

Wir sind bei idealem Wetter und einer kurzen Tour in einer komfortablen Berghütte untergekommen. Nette Besitzer, kunstvoll geschnitzte Holzfenster, TV und eigene Dusche, Blick auf den Jadedrachenschneeberg, es gibt Kaffee und gekühltes Bier (heute kein schmutziges, die Dusche war einfach zu verlockend). Kurz, uns geht es gar nicht mal so übel. Morgen wandern wir weiter durch die Schlucht, danach ist Schluss mit sämtlichem Hüttenluxus und wir betreten die Laowai- und pancakefreie Zone.


Endspurt

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Xiaoqi nach Tunxi. 77 km

Man ist zugleich ein wenig froh und aber auch wehleidig, wenn der Tag der letzten Fahrradetappe kommt. Die zurückgelegten etwa 1000 km sind eindeutig zu spüren und man ist froh keine Anstiege mehr vor sich zu haben. Gleichzeitig aber kommen auch keine wundervollen Abfahrten mehr und malerische Landschaften, die gemächlich an einem vorbeiziehen.

Dennoch… die Abschlussetappe war eine perfekte Zusammenfassung der bisherigen Strecken: schöne Landschaften, kleine Dörfer, mittelgroße Handwerker Städte, selbst der Pass der Königsetappe war als Miniaturform mit von der Partie. Nur die Industrie vom Anfang der Reise hat gefehlt. Aber vermisst hat sie keiner von uns.

Vor allem das letzte Stück durch Tunxi bis zum Hotel war sehr eindrucksvoll. Wie extra für unsere Schlussetappe vorbereitet war die Altstadtstraße gesäumt von chinesischen Flaggen. Man hatte richtig das Gefühl, das Ziel der Tour de Chine damit erreicht zu haben. Auf der Terrasse unseres stilvollen Hostels stießen wir dann an auf die abgeschlossene Fahrradtour. Die Bilanz ist, sagen wir mal mittelprächtig: 4,5 Platten, 4 gebrochene Speichen. Immerhin ist niemandem von uns was passiert und wir sind alle heile und gesund da angekommen, wo wir hinwollten.

Noch am selben Abend mussten wir uns von unseren treuen Drahteseln, bzw. Aluminium-Rossen verabschieden. Das tat schon weh zu sehen, wie die 4 Gefährten auseinandergeschraubt, und in dunkle, enge Kisten verpackt wurden. Wir wollten aber uns nicht in Melancholie verlieren und feierten den Tag gebührend in einem etwas gehobeneren Lokal schräg gegenüber dem Hostel mit Fisch, Fleisch und Kürbisblüten.

Zurück in der Lobby entdeckte dann aber Anke die schlechte Botschaft, die wie eine Warnung hinter dem Tresen prangte: Morgen, Gewitter, den ganzen Tag. Und das bei unserer Wanderung auf den/die Haungshan/Gelben Berge. Solange sind wir jetzt durch klares Spätsommer-Sonnenschein-Wetter geradelt und jetzt das… Auf die Sonne ist auch kein Verlass, wenn man sie mal braucht.