32 Kilometer Sightseeing

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Besichtigungstag in Beijing.

Was steht denn heute auf dem Programm? Ah ja, Himmelstempel, Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens und Verbotene Stadt. Vielleicht noch den Kohlehügel und ein wenig Schlendern in der Schoppingmeile Wangfujing danach. Da fragt sich doch der erfahrene Pauschaltourist: Und was machen wir am Nachmittag?

Bei uns war das etwas anders. Wir haben uns nämlich irgendwann gefragt, ob wir es nach den ganzen Besichtigungen noch bis zum Abendessen schaffen, bevor alle Restaurants dicht sind.

Denn das stand so nicht im Programm:

  • 9 Kilometer mit dem Rad durch den regsamen (das ist ein Euphemismus!) Beijinger Verkehr bis zum Himmelstempel
  • 3 Kilometer zu Fuß durch den Himmelstempel, die Hälfte davon durch einen Teil der Anlage, den ich selbst bisher hoch nicht kannte
  • 4 Kilometer mit dem Rad zur brandneuen Altstadt
  • 54 Jiaozi (chinesische Teigtaschen mit diversen Füllungen) in einer Hintergasse
  • 8 Kilometer Fußmarsch über den Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens, durch die Verbotene Stadt, auf den Kohlehügel, über die Wangfujing und wieder zurück zu den Fahrrädern
  • Zwischendrin 2 Kilometer mit Bus 111 vom Kohlehügel zur Wangfujing. Ohne den kleinen Auffahrunfall wäre das die langweiligste Strecke des heutigen Tages geworden
  • 6 Kilometer auf zwei Rädern bei einsetzender Dämmerung und abschließender Dunkelheit von der brandneuen Altstadt zurück zum Hotel

Schnell mal zusammengerechnet: 9+3+4+54-54+8+2+6=32. Passt.

Der Ziel ist das Weg! Wir haben uns nicht nur für die vorgegebenen Besichtigungspunkte viel Zeit gelassen, sondern auch für die Wege dazwischen. Beijing besteht halt nicht nur aus Sehenswürdigkeiten und nicht nur die Sehenswürdigkeiten machen Beijing sehenswert.

Unser Abendessen haben wir übrigens pünktlich um 19 Uhr in einem kleinen Restaurant um die Ecke vom Hotel eingenommen. So spät wurde es dann also doch nicht.


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Im Schatten Manjushris

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

Weiterer Ruhetag am Wutaishan und Besichtigung weiterer Tempel und Klöster.

Der heutige Tag steht erst einmal im Schatten des Geldtausches. Gestern hatte ich hier kein Geld tauschen können, da am Vortag der Rechner abgestürzt ist, der Fehler war natürlich bis heute nicht behoben worden. Aber ich habe keine Lust mich wieder wegschicken zu lassen und erkläre, dass wir heute Abend in die Bank mit unseren Isomatten einrücken und es uns bequem machen würden und frage, ob es hinten wenigstens eine Dusche gebe. Das veranlasst dann die Managerin etwas zu mauscheln und nach -zig Telefonanrufen tauscht sie privat das Geld um und wir werden die Nacht nicht in der Bank zubringen müssen.

Der Shuttlebus bringt uns dann in den oberen, nördlichen Teil des Ortes, wo sich dutzende weiterer Tempel befinden. Wir beginnen am Dayuanta Tempel. In dessen Zentrum befindet sich ein großer weißer Stupa aus der Ming Dynastie. Dieser Stupa, Sarira Stupa genannt, was „buddhistische Religie“ bedeutet ist auch der Anziehungspunkt für „richtige“ Pilger, also nicht nur für Touristen oder/und Chinesen, die einmal ein Wochenende Buddhismus praktizieren wollen. So finden sich auch Gruppen aus Tibet, die Frauen erkennt man an den vom Wetter gegerbten Schürzen und den bunten Röcken, die Männer am etwas „wilderen“ Aussehen. Im Eingangsbereich kommt mir eine tibetische Nonne recht bekannt vor und ich frage sie, ob sie denn im letzten Jahr auch schon hier gewesen sei. Sie freut sich und erinnert sich, dass ich im letzten Jahr schon Fotos von ihr gemacht hätte. Für den Leser lässt sich das auch im Blog schön nachsehen.

Dem Leben in den Tempel ließe sich unendlich zusehen, ebenso könnte man hunderte von Hallen in diversen Baustielen bewundern und verschiedenste Buddhafiguren und Boddhisattvas. Wir tun dies auch gute zwei Stunden lang und streichen durch die Komplexe hier im Zentrum. Dann wechseln wir die Flussseite und steigen zu einem weiteren Tempel ganz nach oben, eigentlich hatten wir eine grandiose Aussicht erwartet, aber das Wetter hat sich ein wenig verschlechtert und so liegt das weite tal im trüben Dunst. Dieser obere Tempel ist dem Boddhisattva Manjushri gewidmet, wie auch das ganze Gebiet. Wutaishan, das bedeutet Fünf Gipfel Berg und jeder Gipfel bedeutet eine andere Manifestation des Boddhisattvas, so ist ein Gipfel für den jugendlichen Manjushri, einer für Majushri den Wissenschaftler, einer für M. den Weisen, und für M., den Löwen der Rede. Aber die Gipfel liegen heute auch im Dunst, aber wir werden sie morgen bei der Fahrt heraus aus dem Tal noch einmal sehen können.

In den Tempel wird Majushri mit einem flammenden Schwert in der linken Hand, der männlichen oder Methodenhand dargestellt. das hat nichts mit Gewaltbereitschaft zu tun, sondern mit dem Schwert wird die Unwissenheit zerschlagen. In der rechten Hand, der weiblichen oder Weisheitshand tragen die Darstellungen des Boddhisattvas in der Regel eine Schriftrolle, die Wissen symbolisiert. Mitunter kann auch Manjushri ziemlich weibliche Züge tragen und wird auch auf einem Löwen reitend dargestellt.

In diesem Zusammenhang habe ich auch noch einmal darüber nachgegrübelt, warum man z.B. den Avalokitesvara auch als weibliche Darstellung findet, aber als Buddha/ Boddhisattva hat ma ja alle Gegensätze überwunden und damit ist es völlig gleich in welcher Form der Boddhisattva wieder auftritt. Historisch gesehen hat es natürlich mit dem Pragmatismus des Buddhismus als Religion zu tun, nämlich feminine Gottheiten anderer Vorreligionen „einzugemeinden“, ebenso lässt sich natürlich ein „Gott“ der Barmherzigkeit in einer weiblichen Form besser „vermarkten“.

Bleibt dann wieder die Suche nach einem befriedigenden Restaurant, aber heute werden wir belohnt, etwas weg von der Hauptstraße, auf der anderen Seite des Flusses gibt es ein paar sehr schöne Familieguesthäuser. Die Unterkünfte dort sind zwar recht einfach, aber blitzsauber und gemütlich, hier könnt man sich mit einer großen Gruppe wunderbar in einem der Höfe einnisten. Zu den Herbergen gehört asuch ein restaurant und das ist richtig gut. Neben Wildpilzen und Wildkräuteren gibt es auch die üblichen gebratenen Gerichte und wir schlemmen uns hier fast zwei Stunden durch, incl. Kerzenlicht, denn zwischendrin ist der Strom einmal für eine halbe Stunde weg, was dem Genuss keinen Abbruch tat.

Happy Birthday to me to me…

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Hangzhou nach Shaoxing. 80 km

Heute ist mein Geburtstag und da meine Reiseteilnehmer so aufmerksam sind, ist es ihnen natürlich nicht entgangen und haben mir 2 Geburtstagstörtchen zum Frühstück hingestellt. Das war schon sehr rührend. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal! Liebe zukünftige Teilnehmer: Ihr dürft euch gerne ein Beispiel hieran nehmen. Auch nicht fehlen durfte natürlich ein Ei. Jawohl, ein Ei! Der Brauch, zum Geburtstag ein Wachtel-Ei zu essen, da Wachtel auf Chinesisch so ähnlich klingt wie Sicherheit, wird nicht mehr so eng genommen und ein Hühnerei tut es da auch.

Unsere Strecke führte uns heute entlang der Qutang-Flusspromenade durch viele Neubau- und Industriegebiete. Der Übergang beider war dabei fließend versteht sich. Die Hochhäuser, die in den Randgebieten Hangzhous hochgezogen werden, sind bombastisch und haben durch die direkte Lage am Fluss bestimmt auch so ihren Wert… Also nur für die gehobene Klasse von Schwiegersöhnen vorgesehen. Gerade als ich bei einer Pause am Flussufer davon erzählte, dass Chinesen heutzutage häufig die Erziehung ihrer Kinder den Großeltern überlassen, auf Grund vom engen Terminkalender der arbeitstätigen Eltern, kam uns eine Horde Großeltern mit ihren Enkelkindern entgegen. Toll, wenn man direkt eine praktische Bestätigung bekommt. Wir folgten eine ganze Weile der Flusspromenade, die wirklich sehr interessante und unterschiedliche Einblicke in die Umgebung gab. Für Martin und mich eine sehr willkommene Abwechslung nach den Touren durch das engbebaute Gebiet der ersten Tage.

Schließlich kamen wir auch zu unserem ersten Hügel, an dem wir schon mal testen konnten, ob unsere Packtaschen nicht doch zu großzügig bepackt waren. Mittags lockte uns dann ein Lanzhou-Nudelhaus. Ebenfalls die perfekte Wahl für ein Geburtstagsessen, denn lange Nudeln symbolisieren ein langes Leben. Und die handgezogenen Nudeln sind im Grunde genommen ja eine einzige meterlange Nudel. Auf unserem Plan stand an sich noch ein zweiter Hügel. Aber entweder hatten wir uns verfahren oder er wurde vom Straßenbauamt platt gemacht. Vermisst hat ihn aber keiner von uns.

Relativ spät kamen wir in Shaoxing an, sodass wir erst zum Abendessen in die Stadt begaben. Shaoxing ist ebenfalls eine alte Kanalstadt, die allerdings nicht mehr zu dem System des Kaiserkanals vom 7. Jahrhundert gehörte. Dieser verlief von Peking bis nach Hangzhou und diente der Verfrachtung von Tee und Seide gen Norden. Später allerdings konnte auch das Kaiserhaus nicht mehr dem Ruf vom berüchtigten Shaoxing-Reiswein widerstehen und ließ eine Anbindung zu der Stadt erbauen.

Anders als in Wuzhen wird die Altstadt in Shaoxing abends kaum beleuchtet. Sodass nur noch die zentralen Straßen sich für den Besuch lohnen. Ein passendes Restaurant ließ sich jedoch nicht so schnell auftreiben und so folgten wir dem Rat eines Passanten, der uns empfiehl in die Nähe von Luxuns altem Haus zu fahren. So setzten wir alles auf eine Karte und fuhren mit dem Taxi hin. Das Glück war auf unserer Seite, denn ein Restaurant schräg gegenüber bot ein perfektes Ambiente mit einem Mix aus nett-am-Kanalufer-sitzen + riesen-Auswahl-an-frischen-Zutaten + lautes-chinesisches-Gegröle. Ein Volltreffer. Zum Abschluss meines Geburtstages lud ich daher die Gruppe zum Essen ein, inklusiver einer Verkostung des Shaoxing-Weins. Leider schien ich der Einzige zu sein, dem der Wein zusagte. Naja, er wird in erster Linie ja auch zum Kochen benutzt. In diesem Sinne… Prost!