Jetzt fahrn wir um den See, um den See

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

68,3 Kilometer vom Yunhu Hotel nach Jinshanling, ständig hoch und runter, daher einige Höhenmeter.

Die Ebene, in der Beijing liegt, ist nicht gerade mit Wasser gesegnet. Daher hat man nördlich von Beijing mehrere Stauseen angelegt. Diese sollen die Trankwasserversorgung der Hauptstadt sichern. Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze sind diese gut gefüllt und trocknen im Laufe des Sommers immer mehr aus.

So auch der größte von ihnen, der Miyun-Stausee nahe der gleichnamigen Stadt. Er ist das größte Wasserreservoire Beijings. Streng wird hier um eine Reinhaltung gekämpft, der ganze See (so groß wie die Stadtfläche von Berlin) ist umzäunt, kein Boot darf auf dem Wasser fahren und eine Nutzung für Landwirtschaft und Fischerei ist nur wenigen direkten Anwohnern erlaubt. Das bekommen wir ein wenig zu spüren, denn während es bis vor ein paar Jahren noch möglich war über alle Staudämme zu fahren müssen wir nun viele von ihnen umgehen.

Darf es noch ein Hügelchen mehr sein? Die ersten ca. 20 Kilometer um den See lässt sich am besten beschreiben mit Auf und nieder, immer wieder. Also immer runter und wieder hoch. Landschaftlich sehr reizvoll, aber auch nicht ohne ständig die Gangschaltung betätigen zu müssen.

Dann biegen wir vom See ab und erreichen eine kleine größere Ortschaft. Taishitun heißt sie. Wir könnten sie auch Tankstelle nennen, denn hier bekommen wir eine leckere Nudelsuppe als Stärkung für die restliche Strecke sowie Briefmarken für die Postkarten an die Lieben daheim.

Die restlichen Kilometer sind nicht so aufregend, wir müssen teilweise der Hauptstraße folgen und schimpfen gerne und oft über den Schwerlastverkehr. Nun gut, auch das gehört dazu. Nochmal rechts ab von der Hauptstraße und die letzten vier Kilometer hoch zu unserem Hotel unterhalb der Großen Mauer.

Schmutziges Bier für alle!


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Die Klassiker

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Eigentlich wollen wir wandern. Nicht unbedingt in Beijing, aber wenn man so weit fliegt und noch im Jetlag steckt, kann man sich ruhig die Klassiker der Hauptstadt anschauen. Ausgeschlafen und voller Eindrücke soll es dann in die Berge gehen, so ist der Plan.

In den letzten beiden Tagen haben wir zu fünft etliche Kilometer in der Stadt zurückgelegt. Auf dem Programm standen die großen Bauprojekte, die die Mingkaiser nach der Verlegung der Hauptstadt nach Beijing als erstes in Angriff genommen haben und die sich bis heute kaum verändert haben: Trommel- und Glockenturm, Himmelstempel und die Verbotene Stadt sind weitläufig angelegt, voller Symbolik und erzählen Geschichten von mächtigen Kaisern, Eunuchen und Konkurbinen, filmreifen Familienintrigen und den unzähligen Zeremonien, die ein Herrscher abhalten musste, um das Mandat des Himmels nicht zu verlieren

Unterwegs bewegen wir uns möglichst durch die Hutongs und meiden den Lärm der Hauptstraßen. Das kleine Hofhausviertel um unsere traditionelle Herberge herum ist für mich kaum wiederzuerkennen. In den letzten Jahren hat sich das beschauliche Viertel in eine durchgestylte Flaniermeile für jüngere Chinesen (und den einen oder anderen Ausländer) verwandelt. Die Cafés sind wie Pilze aus dem Boden geschossen, dazwischen Hochglanzläden, die den neusten Trendtee in sämtlichen Farben anbieten, Tattoostudios, Bars und und und. Ich suche vergeblich nach der Massagebude gegen die Flugzeugnackenstarre und mein Lieblingsrestaurant ist auch verschwunden. Aber es gibt sie noch, die ursprünglichen Wohnviertel, in dem die Pekinger bei lauen Temperaturen vor dem Haus sitzen, Schach spielen oder mit dem Nachbarn plaudern – nicht selten in Schlafanzügen, weil es so schön bequem ist.

So pendeln wir zwischen Kaiserzeit (den besagten Bauprojekten), dem quirligen Parkleben des Himmelstempels (sämtliche Formen von Tanz und Gesang), dem Konsumrausch (Perlenmarkt) und Erinnerungen an Mao und Co (am Platz des Himmlischen Friedens), zwischen Baugruben und Trendvierteln, zwischen Metro und Aussichtshügel, bis wir es uns zum Abendessen auf einer gemütlichen Dachterrasse bei chinesischen Leckereien gut gehen lassen.

Wir haben längst nicht alles gesehen, was in anderthalb Tagen möglich wäre, aber das war nicht unser Ziel. Morgen wollen wir die Stadt hinter uns lassen, ein Stückchen auf der Mauer wandern und uns auf die Wanderung in Yunnan einstimmen.

Im Schilderwald

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

53 Kilometer um den Minggräberstausee, Besichtigung der Minggräber und der Seelenstraße, Ausflug in mein Lieblingsfischrestaurant, 612 Höhenmeter bei warmen 25 Grad und Sonne

Als die Kaiser der neuen Mingdynastie die Hauptstadt wieder von nanjing nach Beijing verlegten brauchten sie einen Platz für die kaiserlichen Gräber. Unter Aufsicht von Geomanten machten sich die beamten des Hofes auf die Suche nach einem geeigneten Platz und den fanden sie etwas nördlich des kleinen Städtchen Changping. Hier gab es ein weites dünn besiedeltes Tal fast ohne Dörfer mit hohen Bergen rundherum. Hier wurden dann insgesamt 13 große Grabanlagen errichtet.

Mit der kaiserlichen Ruhe ist es nun vorbei, denn die Touristen, die die Mauer in Badaling besichtigen, stoppen alle hier und werden auf die drei oder vier größten Gräber verteilt. Mir gefällt am besten das Changling Grab des Yongle Kaisers und deshalb beginnen wir dort unsere Tour. Am späten Morgen ist hier noch nicht zu viel los und so kann man recht alleine durch die großen Hallen spazieren und staunen. Auch hier stammt nicht alles aus dem 15. Jahrhundert, die Anlagen waren vor 100 Jahren in recht schlechtem Zustand und sind in den letzten 20 Jahren renoviert worden. Davor natürlich auch schon diverse Male in der späten Ming und in der folgenden Qing Dynastie. Bis auf ein Grab, das Ding Ling, sind alle Gräber nicht geöffnet worden, lediglich in diesem einen Grab hat man den Kreisrunden Grabhügel mit fast 800 Metern Durchmesser durchwühlt und ist in fast 30 Metern Tiefe fündig geworden. In einer kleinen unterirdischen Palastanlage waren die Särge der Kaiserfamilie gestapelt und zahlreiche Beigaben konnten ausgegraben werden. Teile dieser Beigaben können heute besichtigt werden und geben einen kleinen Überblick über das Leben in der Ming Dynastie. Gerade unter dem Yongle Kaiser erblühte die Dynastie und Gesandtschaften wurden in die ganze Welt, von Südostasien bis nach Afrika geschickt. Im Museum hier gibt es die Replica eines Schiffes von 120 Metern Länge und 60 Metern Breite, mehr als 6 mal größer als Columbus „Santa Maria“. Chinesische Schiffe konnten bis zu 1000 Mann beherbergen, Columbus hatte 39 Mann Besatzung. Während die Spanier mir drei Schiffen in Amerika aufkreuzten und nicht einmal wussten, wo sie waren, legten die Chinesen mit bis zu hundert Schiffen an. Interessant ist, dass ein Eunuch aus Kunming namens Zheng He sieben große Expeditionen für den Ming-Kaiser durchgeführt hatte. Von Geburt Moslem und von mächtiger Statur und gewaltiger Stimme, weil erst als Erwachsener seiner besten Teile entledigt, hatte den Ruf eines vorzüglichen Seemanns und ist später in die Geschichte als „Sindbad, der Seefahrer“ übernommen worden, behaupten zumindest einige Sinologen und ich mag die These.

Solchen Gedanken nachhängend wandeln wir durch das Kaisergrab. Dabei stoßen wir an jeder Ecke auf einen Wald an Schildern. Es gibt eine „Drei Sterne Toilette“, man soll bei Gewitter nicht telefonieren, wir werden informiert, das auch das grüne Gras unsere Zuwendung braucht. Auch bei den sinnigeren Aufforderungen ist das Englische oft sehr witzig, wenn man sich aus Brandschutzgründen keine Zigarette anbieten lassen soll.

Dann haben wir von den Gräbern genug und beschließen übver den Berg zu meinem Lieblingsfischrestaurant zu fahren. Herausgesucht hatte ich das Lokal vor etwa 6 Jahren wegen einer langhaarigen Schönheit, welche dort servierte. Die ist längst verheiratet und ein Kind und lebt jenseits der Berge, aber der Fisch ist nach wie vor der Beste in der Region. Die Zuchtstation für zwei verschiedenen forellenähnliche Sorten, sowie einen Süßwsserwels ist direkt neben dem Restaurant. Der Fisch wird mit dem Kescher herausgeholt und 15 Minuten später kommt er dann auf den Tisch. Die rote Forelle gibt es roh, in dünnen Scheiben mit Wasabi, die schwarze Forelle dann gegrillt mit viel Chili und Kreuzkümmel, den Wels auf „Hongshao“ also traditionell chinesisch. Schwer ist es danach, sich über den Berg wieder zurück bewegen zu müssen, aber wir wolle ja noch die „Seelenstraße“ besichtigen. das ist der Eingang zum Tal der Minggräber und hier wurden die Begräbniszeremonien durchgeführt. Die Bilder mit den an beiden Seiten aufgereihten Tieren, Fabelwesen, Soldaten und Beamten sind weltberühmt und stehen eigentlich auch bei jeder Peking Reise auf dem Programm, doch jetzt am späten Nachmittag ist es angenehm ruhig hier und die wenigen reisegruppen hetzen recht schnell an uns vorüber. Wir genießen den Spaziergang durch die herrlich grüne Anlage und machen uns dann auf den Rückweg ins Hotel und müssen dann schon wieder essen. Mein Gott, die mühsam abgefahren Speckrollen wachsen in diesem Land schnell wieder nach, da nützen auch die Berge nix, die zwischen Mittag und Abendessen liegen.

Boxen-stopp

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Quzhou nach Kaihua. 85 km

Die gestrige Etappe saß uns allen noch tief in den Knochen. Da freut man sich, wenn das Höhenprofil doch mal etwas flacher ausfällt. Im Grunde genommen verhält es sich aber meistens so, dass je steiler die Strecke, desto spektakulärer die Aussicht. Zumindest traf die Regel heute zu. Uninteressant war die Etappe nicht. Jedoch nach so einer Aussicht, wie der gestrigen ist man natürlich etwas verwöhnt. Der Höhepunkt für Katherina war vermutlich, als sie endlich eine chinesische Waschschüssel gefunden hatte, die sie seit der allerersten Tour bei CBB an sucht. Insofern also doch eine erfolgreiche Etappe gewesen.

Wir mussten heute auf ein anderes Hotel ausweichen, denn das übliche war ausgebucht von Kadern, die eine Versammlung zur Entwicklung des lokalen Tourismus hatten. Also für uns ging die Entwicklung daher schon mal in eine ganz falsche Richtung. So macht man sich keine Touristen-Freunde. Zum Glück fand ich bei der Einfahrt in die Stadt Jemanden, der uns bereitwillig bis zum neuen Hotel führte und auch noch schnell unterwegs ein lohnenswertes Lokal für das Abendessen empfahl.

Das Hotel hätte ich selber vermutlich nur nach ein paar Mal Vorbeifahren gefunden. Denn es lag ziemlich versteckt in einem Hinterhof. Von außen wirkte es recht heruntergekommen und die Tapeten lösten sich bereits von der Wand. Der erste Eindruck täuschte aber, denn die Zimmer waren überraschend sauber. Dazu bekam jeder von uns noch frisches Obst aufs Zimmer gebracht. Da weiß ja jemand Pluspunkte zu sammeln.

Die Schlaglöcher-Abfahrt von gestern hatte allerdings ihren Tribut gefordert und wir hatten sage und schreibe 3 Speichenbrüche. Der Radladen nebenan hatte allerdings noch nie eine Shimano-Schaltung gesehen und konnte daher nicht mehr machen als mir sein Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Hach ja… Die Leiden des jungen Fahrrad-Reiseleiters…

Die Restaurantempfehlung unseres kurzzeitigen lokalen Reiseführers war gut gelungen und wir bekamen sogar wieder unser geliebtes Moosgemüse, dazu Fische in Senfsoße und sonstige lokale Spezialitäten. Unser Hotel verspielte jedoch wieder seine Pluspunkte mit der integrierten Karaoke. Unsere einzige Chance wäre gewesen mitzusingen. Aber bei anstehenden 100 km entschlossen sich alle einstimmig auf frühe Ruhezeit. Doch wenn die Stadt um 21 Uhr ihre Bürgersteige hochklappt, hält auch der lauteste Schreihals mit der schiefen Tenor-Stimme spätestens um 12 Uhr seine Klappe.