Faltenrock und Hausverbot

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Von Shanmei nach Gewa, 16 km, 5 Stunden reine Gehzeit, 1085 m Aufstieg

Was ist nun besser, das Radfahren oder Wandern? Irgendwie hat beides seine Vor- und Nachteile. Als überzeugte Radlerin mag ich den Wind um die Nase, das Tempo und die Freiheit an Rücken und Füßen. Auf längere Strecken muss man beim Wandern verzichten. Dafür hat man Zeit, die Gegend zu betrachten und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Keine Hupen, keine Überholmanöver, keine Plattfüße, die geflickt werden wollen, aber auch fast keine Menschen unterwegs.

Ich muss an das Buch „Das Land der Töchter“ denken, eine Kindheit im Matriarchat der Mosuo. Die Mosuo sind so etwas wie eine Untergruppe der Naxi mit viel tibetischem Einfluß. An den Hängen wehen Gebetsfahnen, der Duft von Yakbutter hängt in den Häusern und die/der erste Stupa taucht auf. Natürlich möchte ich wissen, wie es heutzutage bei den Mosuo zugeht, und frage am Abend am Feuer in unserer Herberge (heute zur Abwechslung mal richtige Zimmer) nach. Eigentlich müssen sich die Männer am frühen Morgen durch die Hintertür hinausschleichen und dürfen erst am Abend wiederkommen. Was sie dann den ganzen Tag machen? Ein wenig arbeiten und ein wenig relaxen, vermutet Lucy und meint, dass die Frauen hier am fleißigsten seien. Bei den Mosuo dieser Gegend ist es heute nicht mehr ganz so streng, die Männer dürfen sich auf tagsüber auf dem Hof aufhalten und nützlich machen. An die alten Zeiten erinnert nur noch die Oma, die im dunklen Faktenrock, bunt bestickter Weste und hübsch gewickeltem Turban auf der Treppe sitzt, aber nicht fotografiert werden möchte. Am Lugu See könne man noch Formen des Matriarchats finden. Ich vermute aber, dass unser Aufenthalt dafür zu kurz sein wird.


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