Stairway to Heaven

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Viel rumgerenne auf dem Zushan. Dazu zwei oder drei Kilometer mit Bus und Seilbahn. Rund 1.000 Höhenmeter.

Heilige und touristisch erschlossene Berge in China haben alle eine essentielle Gemeinsamkeit: Treppen. Seien es in den blanken Fels gehauene Stufen, seien es Stufen gelegt aus bearbeiteten Steinen. Das Ergebnis der Besteigung eines solchen Berges ist immer das gleiche: Heftige Schweißausbrüche beim Aufstieg und übelster Muskelkater am Morgen nach dem Abstieg.

Der Zushan (zu Deutsch etwa Berg der Vorfahren), den wir am Vortag erreicht hatten, bildet bezüglich Treppen keine Ausnahme. Aber hier gibt es eine besondere Treppe. Sie ist 550 Meter lang, führt schnurgerade nach oben und überwindet auf 1.111 Stufen (wir haben sie wirklich gezählt!) fast 190 Höhenmeter. Endpunkt ist der höchste Gipfel der umliegenden Gebirgskette, der Gipfel der Himmelsfee (etwas salopp von mir übersetzt, auf Chinesisch 天女峰).

Ich kannte diese Treppe bereits von meinem ersten (und bis dato letzten) Besuch 2006. Damals traf sie uns unvorbereitet, denn Infos über den Zushan, der nur sehr selten von Ausländern besucht wird, gab es keine, nicht mal auf chinesischen Webseiten. Heute war ich und damit die ganze Gruppe also vorgewarnt. Nach dem Frühstück (wenn man das, was uns serviert wurde, Frühstück bezeichnen möchte) latschten wir zunächst auf dem betonierten Weg, der zum Parkplatz unterhalb besagter Treppe führte. Wir hätten auch eine Treppe nehmen können, logisch, aber Treppenstufen wollten wir uns für später aufheben.

Nach einer Stunde und einigen Serpentinen standen wir also davor. Vor der 550 Meter langen Treppe. Sie erschien nicht mehr so imposant wie 2006, denn inzwischen hatte man zwei Pavillons zwischendrin eingebaut, welche die Sicht auf das ganze Monster bis ganz nach oben teilweise versperrten. Vielleicht kam uns der Aufstieg nach oben auch deshalb viel leichter vor als ich es von 2006 in Erinnerung hatte. Schon nach einer halben Stunde waren wir oben. Schnaufend, aber nicht ausgelaugt. Vielleicht sind meine Teilnehmer dieses Jahr auch einfach nur in besserer Kondition und ich selbst werde mit jedem Jahr fitter.

Was hatte ich weiter oben bezüglich Abstieg und Muskelkater geschrieben? Ebenfalls neu im Vergleich zu 2006 ist ein Wanderweg, der auch zum Gipfel führt. Oder vom Gipfel weg, je nachdem wo man ihn beginnt. Den haben wir natürlich für den Abstieg gewählt, denn darauf gibt es bedeutend weniger Stufen. Und lauschig ist er obendrein. Hoch kämpfen, runter kutschieren, das war jetzt unsere Devise. Also nahmen wir einen Shuttlebus in Richtung Hotel.

Auf dem Weg nach oben hatten wir eine Seilbahn entdeckt, die nach unten führte! Mensch, hier gibt es scheinbar noch mehr zu sehen. Das Abenteuer wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Jedenfalls A, P und C. H hatte eine Fahrradtour gebucht, sein Pensum an Wanderungen war für diesen Tag bereits gedeckt. Damit trennten sich unsere Wege für die nächsten Stunden. Während H zum Hotel zurück lief bestiegen APC die Seilbahn nach unten.

Irgendwo in diesem Blog hatte ich mal erwähnt, dass ich an Höhenangst leide. Das ist ein ziemlich nerviges Gebrechen. Sollten Sie ein ähnliches Leiden haben kann ich nur diesen Tipp geben: Fahren Sie niemals mit der Seilbahn am Zushan! Sie werden sieben Tode sterben. Vielleicht sogar acht. Es geht steil nach unten/oben (abhängig aus welcher Richtung Sie kommen) und teilweise ist zwischen Ihnen und dem Boden darunter ein Kluft von mehreren Kilometern. Gefühlte Kilometer, in Wirklichkeit sind es nur maximal 150 Meter. Die können aber auch schmerzhaft sein, wenn man sie im freien Fall zurück legt und dann aufschlägt.

Ich lag also wimmernd auf dem Boden der Gondel, A und P genossen die gute Aussicht und gaben mir Ratschläge, wann ich mit der rechten Hand meine Kamera an die Scheibe drücken sollte um ein Foto zu knipsen. Die linke Hand war besetzt, sie deckte meine Augen ab.

Jetzt aber genug geflennt, weiter mit unserem Tagestrip. Die Seilbahn hatte uns auf 500 Höhenmeter unterhalb unseres Hotels befördert, die mussten wir jetzt wieder zurück nach oben. Aber bitte zu Fuß. Und, wie sollte es anders sein bei Bergen in China, über Treppen! Hoch ging es durch eine enge Schlucht, immer vorbei an einem Bergbach. Der plätscherte vor sich hin, ab und an trafen wir Leidensgenossen die weniger litten als wir, da sie von oben kamen. Dann war Smaltalk und Fotoshooting angesagt.

Unser kurzer Tagesausflug am Zushan endete gegen 16 Uhr am Hotel. Nach rund 1.000 Höhenmeter. Hoch, denn runter haben wir uns überwiegend transportieren lassen. Um keinen Muskelkater am nächsten Tag zu haben.


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