Land, Leute – Konfuzius!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Es war einmal vor langer Zeit, da war die chinesische Provinz Shandong, besser gesagt der Teil Chinas, der heute Shandong ausmacht, der Nabel der Welt. Eine der Wiegen der chinesischen Kultur. Und Heimat des bekanntesten chinesischen Denkers des Landes: Konfuzius.

Die Shandonger seien etwas langsam, vor allem im Kopf, sagt man in China. Ein Vorurteil, das durchaus zum Teil der Wahrheit entspricht, wie ich letztes Jahr auf meiner langen Familien-Tandemtour von Shanghai nach Beijing leidvoll erfahren musste:

Müd- und Traurigkeit (tandem4family)

Auf jeden Fall konnten die Zeitgenossen Konfuzius mit dessen Gedanken und Theorien wenig anfangen. So musste der große Weise mit dem Fiselbart sein Heil in der Ferne suchen und fand auch dort zu Lebzeiten wenig Gehör. Erst nach seinem Tod wurde der Konfuzianismus zum Leitfaden der chinesischen Gesellschaft. Einfach ausgedrückt: Das Volk muss dem Herrscher, die Frau muss dem Mann und der jüngere Bruder dem älteren Bruder gehorchen. Dafür muss sich die jeweilige Autorität im Gegenzug auch um die Schutzbefohlenen kümmern. Ist dem nicht der Fall, können sich die Unteren auch gegen die Oberen erheben. Ein Teil der Lehre, der von den Mächtigen immer gerne unter den Seidenteppich gekehrt wird.

Und wir wandeln nun auf den Spuren des Konfuzius und müssen dafür erst einmal nach Qufu radeln. Hier ist die Heimat des Weisen. Auf dem Weg dorthin führt der Weg durch eine zutiefst bäuerlich geprägte Gegend. Die Shandonger sind heutzutage weniger Philosophen, sondern zumeist schlichte Bauern. Was ja kein Schaden sein muss.

Uns beschert es auf jeden Fall eine entspannte Etappe über die Felder und durch kleine Allen. Grüne Welle für Radler!

Und auch Qufu empfängt uns sehr entspannt. Eine Kleinstadt von gerade einmal 600.000 Einwohnern. Und trotz Touristenschwemme wunderbar bodenständig, mit kleinen untouristischen Altstadtgassen und einem leckeren Nachtmarkt. Der Abend ist lau, und wir lassen es uns schmecken!

Bereits beim Mittagessen hatten wir dem Koch bei der Zubereitung unseres Lieblingsgerichtes über die Schulter geschaut.

„Aubergine nach Art der Region“ 风味茄子

Am nächten Tag dann die volle Ladung Konfuzius, sein Tempel, seine Residenz, sein Grab.

Konfuzius sagt: „Zeit, dass wir wieder auf’s Fahrrad kommen!“

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Ain’t no Sunshine

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Stadterkundung in Suzhou bei Regen. Insgesamt 22,5 km.

Es regnet. Noch immer. Das exzellente Frühstück in unserem Hotel kann uns nicht so recht darüber hinweg trösten. Aber Renate sagt: „Bei schönem Wetter kann ja jeder“ und unter dem Motto machen wir uns auf den Weg. Ändern können wir ja eh nichts am Wetter. Wenigstens wissen wir inzwischen den Grund für die Regenfront. Ein Taifun wütet gerade in Taiwan und zieht das schlechte Wetter mit sich.

Der Garten des Meisters der Netze liegt nur ein paar hundert Meter vom Hotel entfernt und ist schnell erreicht. Der kleinste der Suzhouer Gärten, ist sehr eng bebaut und zwischen den Gebäuden und Pavillons sind die Wandelgänge alle überdacht. So stört uns der Regen nicht und wir können den Garten in aller Ruhe genießen. Ruhe ist ein wenig übertrieben, denn wir sind ja nicht die einzigen hier. In China seine Ruhe zu haben ist ein fast aussichtsloses Unterfangen. Aber deswegen sind wir ja auch nicht hier.

Nach einer kurzen Fahrt durch kleine Altstadtgassen und entlang an Kanälen, von denen Suzhou als Venedig des Ostens reichlich hat, erreichen wir den größten Garten der Stadt. Er trägt den ironischen Namen „Garten des Bescheidenen Beamten“. Dieser Garten ist der genaue Gegensatz zum Garten des Meisters der Netze. Er ist groß und weitläufig und ähnelt nach unserer Vorstellung schon eher einer Garten und Parkanlage. Der Garten hat etliche Grünflächen und zum krönenden Abschluss eine beachtliche Sammlung an beeindruckenden Bonsais. Vorherrschend ist in diesem Garten das Element Wasser. Heute sogar von oben…..

Wegen des Regens fiel unser Mittagessen etwas ausgedehnter aus und gegen drei Uhr Nachmittag fuhren wir weiter in Richtung der Shantang Straße, einer historischen Straße mit Kanal. Die Straße ist obwohl sehr touristisch trotzdem recht sehenswert. Heute schafften wir es im Hellen wieder zurück zum Hotel, was ja schon mal ein Fortschritt gegenüber gestern ist. Jetzt muss nur noch der Regen aufhören…


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Der Zug war pünktlich

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Zugfahrt nach Suzhou, Ankunft im Regen.

Der Zug war pünktlich, wie eigentlich fast immer in China. Da könnte sich die Deutsche Bahn mal eine Scheibe abschneiden. Die Organisation ist straff und gleicht eher einem Flughafen denn einem Bahnhof. Auch was die Sicherheitsmaßnahmen angeht. Annette meinte während wir auf den Zug warteten:“ Dass das hier ein Bahnhof ist glaube ich erst, wenn ich im Zug sitze.“ So kam es dann auch und das pünktlich und am richtigen Gleis. Nicht wie bei der Deutschen Bahn eine Abfahrtsempfehlung mit Gleisvorschlag.

Aber die Zugfahrt und die Transfers zum und vom Bahnhof waren letztlich das Einzige was wirklich rund lief. Denn Suzhou empfing uns mit Regen. Nach dem Einchecken im Hotel regnete es immer heftiger, aber wir mussten zum Radladen unsere Räder abholen. Zu allem Überfluss war der Radladen umgezogen und war nun 11 km vom Hotel entfernt. Also ließ ich an der Rezeption zwei Taxen bestellen. Das war schwerer als gedacht. Das erste Taxi fuhr mit einem anderen Gast weg, der sich dreist vordrängelte und es war anscheinend unheimlich schwer überhaupt Taxen zu bekommen. Wir warteten eine ziemliche Weile und schließlich kamen die Taxen nach und nach. Wie sich dann zeigte, waren die Taxifahrer trotz GPS nicht in der Lage den Radladen zu finden. Erst nach einigem Hin und Her und etlichen Telefonaten waren wir schließlich dort.

Wir stellten unsere Räder ein und machten uns schließlich auf den Weg. Da es mittlerweile aber schon recht spät war und das schlechte Wetter auch noch seinen Beitrag leistete fuhren wir schon kurz nach der Abfahrt im Dunkeln. Chinesische Fahrräder haben kein Licht aber dafür ist die Straßenbeleuchtung recht gut. Wir kamen nach etwas über einer Stunde wohlbehalten im Hotel an. Die Fahrtzeiten sind immer ein wenig länger, denn bei dem wuseligen Verkehr kommt man nur langsam voran.

Die Wettervorschau für morgen sieht leider auch nicht besser aus, aber vielleicht irrt sich der chinesische Wetterfrosch ja auch. Wenn nicht, bestelle ich ihn morgen zum Abendessen. Süß sauer.

Anmerkung: Aufgrund des schlechten Wetters habe ich heute keine Fotos gemacht.
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Endlich vereint

Das Blaue China, 16.10. bis 07.11.2016

Ankunft in Shanghai bei 24°C und bedecktem Himmel

Die Ankunft unserer Gruppe gestaltete sich komplizierter als erwartet. Die ersten beiden kamen bereits gestern planmäßig an, aber die restlichen beiden hatten leider Pech. Ihr Flieger hob gar nicht ab, da ein Bordcomputer den Geist aufgegeben hatte. Erst einen Tag später war der Schaden behoben und mit einem Tag Verspätung landeten sie dann schließlich heute morgen in Shanghai.

Nach dem Einchecken machten wir uns auf den Weg in die Altstadt. Unser Weg führte uns durch ein paar Straßenzüge der leider immer seltener werdenden Altstadtviertel. Schön, dass es sie hier noch gibt. Die als solche bekannte Altstadt, die für Touristen schön hergerichtet wurde und mit reichlich Einkaufmöglichkeiten gesegnet ist, beherberg das berühmteste Teehaus Chinas sowie den ebfalls benerühmten Yu Garten. Dieser klassische chinesische Garten aus der Ming Zeit ist einer der schönsten seiner Art. Nicht sehr groß, nur 2 Hektar, aber weil er so sehr verwinkelt ist, wirkt er viel größer als er eigentlich ist.

Am Nachmittag schlenderten wir über die historische Uferpromenade, den Bund, und wollten eigentlich mit der Fähre auf die futuristisch anmutende Seite Pudong hinüber fahren. Die Fähre war aber leider geschlossen, so fuhren wir durch den Sightseeing Tunnel nach Pudong hinüber. Der Tunnel ist ein wenig wie eine Geisterbahn, die unter dem Fluss hindurch führt. Ein wenig skurril. Wir wollten gerne einen Blick aus der Vogelperspektive von einem der Wolkenkratzer über Shanghai werfen und fuhren deshalb auf die Aussichtsplattform des Jinmao Towers in den 88 Stock auf 360 m Höhe hinauf. Es ist schon beeindruckend die Welt aus solcher Höhe zu betrachten.

Auf dem Rückweg mit der U-Bahn machten wir noch einen Schlenker über die Haupteinkaufsstraße, die Nanjing Lu, und schlenderten anschließend nochmals am Abend bei voller Beleuchtung über den Bund. Eine irre Lichterpracht, die einem hier entgegen schlägt. Shanghai by night ist ein absolutes Muss.

Eine typische chinesische Kleinstadt

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Nach so viel Sonnenaufgang und Almabtrieb, Pilgerschwemme und Fabellandschaft wird es Zeit für den Alltag.

Überhaupt, wie erging es uns denn seit dem Sonnentag in Qingdao?

Über den Tag mit dem Zugtransfer breiten wir einmal den Regenmantel. Am Vormittag sind wir noch bei bedecktem Himmel durch Qingdao spaziert, hatten leckere Nudeln in Laoshe-Park und einen ebenso leckeren Café an der Uferpromenade.

Kaum saßen wir im Zug, öffnete der Himmel seine Schleusen. In etwa, bis wir drei Stunden später wieder ausstiegen. Timing nennt man das, und ja, Timing ist eine Stadt in China. Wird nur „Taiming“ geschrieben, sind wir aber nicht daran vorbeigekommen.

Dann die Wanderung auf den Taishan, einen Tag hoch, den anderen runter, Muskelkater in Waden und Oberschenkeln. Wir sind eben Radler und keine Wanderer.

Dann endlich auf’s Rad!


(danke an Jörg für das Bild!)

Und heute dann die erste Etappe, erst 10 Kilometer durch die Stadt, durch im Entstehen begriffene Neubauviertel mit großflächigen Grünflächen. Besser gesagt, mit zukünftigen Grünflächen, wir erleben diese erst einmal als riesige Brachflächen mit viel Baustellenstaub.

Dann aber wird es grüner, ländlicher. Keine Autos hupen und stauben mehr und wir radeln 40 Kilometer durch Alleen, Felder, kleine Dörfer. Erleben, wie der Mais eingebracht wird.

Und beschließen den Abend dann mit einer Grillorgien im schicken Grillrestaurant, direkt neben dem Hotel. In Ningyang, einer „typischen chinesischen Kreisstadt“.

Sogar unser Fahrer hat uns inzwischen gefunden. Doch davon später mehr!

 

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Aubergine!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Es klackert und es stapft. Schattenhafte Gestalten huschen in dicken, tarngrünen Armeemänteln durch die Dunkelheit. Ein überforderter Lautsprecher schwankt zwischen Kantoschnulzen und Ballermannmucke.

Es ist der Morgen der Morgen. Der Tag, auf den alle gewartet haben. Vollmond. Heiliger Berg. Wochenende. Willkommen auf dem Taishan, dem wichtigsten der heiligen Berge Chinas.

Der Taishan ist eng mit dem chinesischen Schöpfungsmythus verknüpft. Einst, als der Kosmos noch im Chaos lag und Erde und Himmel noch eins waren, wurde Pangu zwischen Himmel und Erde geboren. Durch sein Wachstum schob er diese immer weiter auseinander, bis sie nach 18.000 Jahren vollständig getrennt waren und Pangu aus Erschöpfung starb. Seine Augen wurden Sonne und Mond, sein Blut verwandelte sich in die Flüsse und sein Kopf und die Extremitäten bildeten die fünf heiligen Berge Chinas.

Der Taishan ist der Kopf Pangus, und so fällt ihm eine wichtige Rolle in der chinesischen Mythologie zu. Den Berg zu besteigen heißt nicht nur, dem Himmel ein Stück näher zu sein, es ist auch ein Symbol für die Harmonie zwischen Himmel und Erde.

Die chinesischen Kaiser, denen das vom Himmel verliehene Mandat auch entzogen werden konnte, bestiegen den Berg als Zeichen ihrer engen Beziehung mit den Mächten des Himmels. Eigentlich hätten sie die Runde zu allen fünf heiligen Bergen machen müssen, die meisten ließen es aber bei der Besteigung des Taishan als Symbol ihrer Himmelsnähe bewenden.

Heute schieben sich dort, wo der Kaiser einst zu Fuß hinging, jährlich ein paar Millionen Touristen den Berg hoch. Heute werden es ein paar tausend sein. Wir sind glücklicherweise schon am Vortag auf den Berg gewandert, haben uns unweit des Gipfels einquartiert und blicken nun schlaftrunken und etwas ungläubig auf die Pilgermasse, die da an uns vorbeischlurft.

Gegen 5:30 Uhr stehen wir auch in der erstaunlich warmen Morgenluft und schließen uns der Hotelexpedition zum Gipfel an. Denn zuweilen ist er rot, der Osten, wie Mao Zedong zu Recht beim Anblick des Sonnenaufganges auf dem Taishan feststellte.

Und so warten wir nun auf das Zentralgestirn. Dichte Wolken stauen sich im Tal.

Dann, ein roter Streifen, der durch die Wolken kriecht.

„Da ist sie!“, schreit ein Chinese hinter mir und ruft immer wieder „Bitte recht freundlich! Bitte recht freundlich!“, besser gesagt „Aubergine, Aubergine!“, wie es die Chinesen eben so machen, wenn der Fotograf lockt.

Also, auf gut Chinesisch „Qiezi, qiezi! 茄子茄子!“

Aber es tut sich wenig. Was nicht weiter stört, da die meisten Chinesen sowieso damit beschäftigt sind, Selfies zu machen, ihr Smartphone zu checken oder Kantopopp zu hören.

Dann ein Schrei!

„Da kommt sie!“

Schlagartig ist es still. Andächtig atmen 2000 Chinesen und zehn Langnasen durch.

Dann ist sie da:

Der Osten, der ist tatsächlich rot!

Und morgen steigen wir endlich auf unsere Räder.

Who let the dog out?

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10..2016

Sich Treiben lassen in Jinghong

12 Uhr mittags. Ich sitze an der geöffneten Balkontür und beobachte den Wind, wie er durch die Palmwedel streicht. Langsam lasse ich die Reise in Gedanken austrudeln. Heute morgen, kurz nach zehn ist die neu vereinte Gruppe mit Thomas aufgebrochen und hat mich hier alleine zurück gelassen.

Davor war es nochmal kurz turbulent: Die Verabschiedung von Uli, der kurzerhand von Xiao Luo und ihrem Cousin in den Wagen gesetzt und zum Flughafen gebracht wurde. Die Aufregung vor dem Aufbruch. Dann doch noch ein Kettenwechsel an Joachims Rad. Danach ging es aber wirklich los. Xiao Luo trippelt winkend auf ihren hohen Keilabsätzen zum Auto. Die anderen satteln auf und fahren ab. Dann wird es plötzlich still. Es ist kurz nach zehn.

Ich lasse den gestrigen Tag Revue passieren. Es war ein fauler Tag, den wir uns verdient haben. Und ein Gewöhnen an die tropische Hitze und die drückende Luftfeuchtigkeit. Axel und Tobi haben wir nach dem Frühstück verabschiedet. Die „Neuankömmlinge“ erprobten ihre Räder auf einer kleinen Probetour. Kaspar, Joachim, Martina und Wolfgang konnten’s nicht lassen und schwangen sich ebenfalls auf die Räder, Uli erkundete die Stadt zu Fuss und ich genoss einen Spaziergang die schattige Uferpromenade entlang.

Am nachmittag trafen wir uns alle mehr oder weniger zufällig im Café wieder. Entspannten bei starkem Yunnan-Kaffee, Mohito und ich zusätzlich bei einem Stück Käsekuchen. Letztere enthielt allerdings Durian (Diese Vokabel hätte ich mir wirklich mal merken sollen!) und mir wurde schon beim ersten Bissen schlagartig klar, wieso der Kellner mich so vehement davon abhalte wollte, diesen Kuchen zu bestellen. Zu spät. Tapfer kämpfte ich mich durch zwei Drittel des „edlen“ Desserts, dann ging nichts mehr.

Der Abend klang dann wie üblich bei Bier und Wein aus. Der Hund des Herbergsbesitzers lag gelangweilt am Baum angeleint neben unseren Rädern, wie jeden Tag. Bis Martina eine Angestellten bat, ihn doch abzuleinen. Nach ein paar Streicheleinheiten nutze das Tier die neu gewonnene Freiheit um auszubüchsen. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde der Hund aber wieder hergeholt und trollte sich sichtlich zufrieden zu seinem angestammten Platz.

Das wars nun also. Die Cha 163 ist zu Ende und auch ich bereite mich auf meinen Rückflug vor. Es war eine schöne Fahrt durch schöne Landschaften bei gutem Essen und netten Gesprächen. Mach’s gut, China!


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Dao le – Qingdao le!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Ankommen ist zuweilen schwer. Zuhause noch einen letzten Arbeitstag, die Blumen gießen, das Haus herbststurmsicher machen. Langer Flug mit wenig Platz. Und zuhause hatte die Friseurin keinen Termin!

Zumindest bei Letzterem konnte Abhilfe geschaffen werden.

Es konnte eigentlich gar nichts schief gehen am heutigen Tag. Das Wetter hält sich nicht den Bericht, es scheint die Herbstsonne, was die Jahreszeit so hergibt, ein leichte Brise weht vom Meer – und Qingdao-Bier vom Fass schien für die Nacht ein gutes Mittel gegen Jetlag gewesen zu sein.

Es geht uns also gut, und Qingdao macht es uns leicht, anzukommen. Die Sinologen werden den billigen Kalauer schon erkannt haben: Wir hatten ein leichtes Ankommen, qingdao le 轻到了also, wobei das natürlich Küchenchinesisch ist, aber gerade schon schön passte, da gleiche Umschrift, aber andere Zeichen, unsere erste Station eben Qingdao 青岛 ist, die „grüne Insel“.

Qingdao von von 1898 bis 1914 deutsche Kolonie, und das merkt man der Stadt immer noch an. Während sich in den anderen ehemals von ausländischen Mächten besetzten Küstenstädten Chinas die westlicher Architektur auf einzelne Stadtteile beschränkt, ging man in Qingdao mit deutscher Gründlichkeit vor. Die bestehenden chinesischen Fischerdörfer wurden abgerissen und eine typische deutsche Kleinstadt auf die Halbinsel gesetzt, die die Chinesen „grüne Insel“, Qingdao nannten. Es war im Jahre 1898, als die Deutschen mit der Gründung der Stadt Qingdao (Tsingtao nach der alten Umschrift) und der Pachtung des angrenzenden Jiaozhou auf die koloniale Bühne Chinas traten.

Es dauerte keine zwei Jahre, und schon wurden sie zum Hauptdarsteller. Als im Jahre 1900 ein deutscher Missionar bei Qingdao ermordet wurde und man diesen Mord dem chinesischen Geheimbund der sogenannten „Boxer“ (Yihetuan auf chinesisch, „Bund der Rechtschaffenheit und der Harmonie“) zuschrieb, wurde der Ruf laut, Vergeltungsmaßnahmen gegen China und seine Bevölkerung einzuleiten. Eine gleichzeitige Kriegserklärung der Kaiserwitwe Cixi an die Westmächte lieferte den Vorwand, mit aller Härte gegen China vorzugehen. „Germans to the front!“, hieß es. In seiner Hunnenrede vom 27. Juli 1900 wies Kaiser Wilhelm die deutschen Soldaten an, keine Rücksicht auf Verluste zu nehmen: „Kommst ihr vor den Feind, so wird derselbe geschlagen! Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen läßt, so möge der Name Deutscher in China auf 1000 Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!“ Auch wenn der Wortlaut der Rede in der späteren Veröffentlichung abgemildert wurde, waren dies die Worte, mit denen die deutschen Soldaten nach China fuhren, wo sie an der Spitze der „Acht-Mächte-Armee“ Beijing besetzten. Angesichts des damaligen brutalen Vorgehens deutscher Truppen ist es erstaunlich, wie stolz die Bewohner Qingdaos heute auf das deutsche Erbe sind.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 fand die deutsche Kolonialherrlichkeit an Chinas Ostküste jedoch ein jähes Ende. Japan besetzte Qingdao und bekam es laut dem Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg zugesprochen, eine Entscheidung, die den Zorn der chinesischen Intellektuellen auf sich zog und Katalysator für die Vierte-Mai-Bewegung war, die endgültig die geistigen Pforten zum modernen China aufriß. 1922 schließlich gab Japan Qingdao an China zurück, nur um 1938 wiederzukehren und die Stadt ein zweites Mal bis 1945 zu besetzen.

Seitdem in chinesischer Hand, gewann Qingdao, neben Dalian wichtigste Hafenstadt Nordchinas, mit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik zunehmend an wirtschaftlicher Bedeutung und hat heute hinter Shanghai, Dalian und Tianjin den viertgrößten Hafen Chinas.

Davon sehen wir aber recht wenig, und spazieren gemächlich durch die „deutsche“ Altstadt. Im Zentrum steht die ehemalige St. Michaelis-Kathedrale, heute schlicht „Katholische Kirche“ genannt. In meiner Heimatstadt Weiden steht die exakte Kopie. Wahrscheinlich eher umgekehrt. Auf jeden Fall stand Conchita Wurst Patin für das Jesusbild.

Die Kulisse finden nicht nur wir äußerst charmant, sondern auch ein gutes Dutzend Hochzeitspaare, die hier ihre Erinnerungsfotos schießen, streng angewiesen von der Fotocrew und höchst inszeniert.

Der Stadtspaziergang macht dann doch irgendwann müde. Nach einer Riesenportion Maultaschen mit Shrimp- und Makrelenfüllung füttert die Gruppe für zwei Stunden ihr Jetlag.

Dann ist es Zeit für das Abendprogramm: Besichtigung der alten Qingdao-Brauerei und anschließend wissenschaftliche Verkostung. Geschmack stimmte, die Menge auch. Es schläft sich gut mit Meeresbrise und Hopfenkeule.

Freitag nach eins …

Entlang der Teestraße, vom 25.09. bis 17.10..2016

41 km nach Jinghong

Wir sitzen vor unseren Nudelsuppen. Es ist ein trüber Tag. Ein leichter Nieselregen zieht sich durch den Morgen. Bisher keine Elefanten in Sicht. Langsam setzt sich unser müder Trupp in Bewegung. Es ist unser achter Radtag in Folge und langsam wird es Zeit für einen Ruhetag. Der erwartet uns dann Morgen im tropisch heißen Jinghong. Und wie unsere Tour begann, so endet sie auch: Mit einer ausgesucht holprigen Strecke. Wir rütteln uns die Berg hinauf und wieder hinab.

Kurz nach Abfahrt gelingt es uns auch einige Elefanten durch das Blattwerk des Wildgeheges zu erspähen. Gegen einen Besuch des Naturparks entscheiden wir uns dann dennoch. Der Andrang an Touristenbussen, an denen wir uns mit unseren Rädern vorbei quetschen und der zugehörige Lärmpegel wirken dann doch etwas abschreckend.

Ziemlich zügig, gestärkt durch leckere Banänchen und Drachenfrüchte, erreichen wir dann Jinghong in Xishuangbanna. Ein letztes gemeinsames Schmutzbier, ein letztes Gemeinsames Mittagessen und diesmal, zur Feier des Tages, ausnahmsweise mal keine Nudelsuppe oder gebratener Reis.

Dann verfahren wir getreu nach dem Moto: Freitag nach eins, macht jeder seins. Der eine genießen ein Tässchen leckeren Yunnan-Kaffee, der andere geht spazieren. Gegen Abend erwarten wir die nächste Reisegruppe, mit der Martina, Wolfgang, Kaspar und Joachim in zwei Tagen in Richtung Laos aufbrechen werden. Für den Rest von uns, dass heißt für Axel, Tobi, Ullrich und mich, ist die Reise hier zu Ende.

Ein letztes großes Ereignis ist an diesem Tage die Verabschiedung von Schräubchen, die sich zu diesem Anlass extra in ein schickes, mit Lotusblüten besticktes Oberteil geworfen hat. Es fließt Bier, Wein und natürlich der leckere Selbstgebrannte, es wird angestoßen, Reden werden geschwungen, Essstäbchen zu Musikinstrumenten umfunktioniert. Wir sind mal wieder die letzten im Restaurant. Beschwingt geht’s also ins Hotel, wo wir beinahe von der herabfallenden Rinde einer Palme erschlagen werden. Das schreckt uns aber nicht ab: Todesmutig setzten wir uns bei Bier und Wein in den Hof (unters Dach).


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Kein anderes Bier – kein anderes Land: Kein Jever!

Kaiser, Kanäle, Konfuzius, vom 12.10. bis 03.11.2016

Ankunftstag mit viel Meer, den Früchten und dem Hopfen als Kaltschale

Steif aber angenehm weht die Brise von der See herüber. Wir ziehen vorsichtig unsere Jacken aus. Herbst, von der schönsten Seite! Willkommen in Qingdao!

Eine Premiere gilt es zu feiern: Kaiser, Kanäle, Konfuzius, zum ersten Mal in der China-By-Bike-Geschichte. Letztes Jahr war ich Teile der Tour mit meiner Familie, Tandem und Kinderanhänger gefahren: Tandem4Family

Nun also mit Gruppe, zu sechs sind wir, gerade richtig für ein entspanntes Begrüßungsessen mit frischen Meeresfrüchten und noch frischerem Bier, unfiltiert, vom Fass, aus der nahegelegenen Brauerei!

Habe ich schon erzählt, dass wir draußen saßen?