Where are your bikes?

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

Auf der Mauer, auf der Lauer. Eine Halbtagesbeschäftigung bei dem besten Wetter, welches man sich dafür wünschen kann.

Schon klar, wenn man mit einem China By Bike T-Shirt auf der Großen Mauer kraxelt wird man natürlich alle 52,3 Meter gefragt wo denn die Fahrräder wären. Anfangs fanden wir die Frage originell und antworteten wahrheitsgemäß. Aber spätestens nach 209,2 Meter wurden wir kreativ:

  • Die Falträder stecken in unseren Tagesrucksäcken.
  • Am nächsten Wachturm blasen wir die Räder wieder auf und fahren weiter.
  • Wir erkunden gerade die Strecke und fahren sie dann morgen mit dem Rad ab. Dürfte kein Problem sein!
  • Die Fahrräder haben uns einen Tag frei gegeben und amüsieren sich heute in der Stadt.

Manchmal mussten wir wirklich hinzufügen, dass wir mit unserer Antwort etwas geflunkert haben. Manche Menschen glauben einfach alles.

Heute also unser zweiter Tag auf der Chinesischen Mauer. Gleich nach dem Frühstück sind wir losgestiefelt. Erfolgreich konnten wir zuvor alle Cola- Water-Beer Ladies abschütteln, dann waren wir auf dem Bauwerk. Zwar nicht ganz unter uns (sonst hätten wir uns die Frage nach den Rädern nicht so oft anhören müssen), aber überwiegend allein und vor allem genießend.

Ich war ja schon oft auf der Mauer, kann aber durchaus die Gefühle von APH nachvollziehen. Es ist einfach etwas Erhabenes und wortwörtlich Erhebendes, wenn man da auf einer breiten Mauer steht, die vor über 500 Jahren errichtet wurde. Und zwar nicht irgendwo in der Landschaft, sondern über Bergkämme, die einen phantastischen Ausblick über die weitere Umgebung gewähren. Eine Mauer, errichtet unter schwierigsten Arbeitsbedingungen mit gebrannten Ziegeln, die irgendwie hier hoch geschleppt und aufeinander gesetzt wurden. Dagegen erscheinen die Aufgaben und Probleme der Welt von heute doch eher nichtig und klein…

Nach rund drei Kilometer Wanderung schlugen APundC den Rückweg ein. H ließen wir zurück, er wollte noch die letzten zwei Wachtürme besuchen. Danach ist nämlich auf diesem Teil der Mauer Schluss, weiter geht es nicht und man muss umkehren.


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Ente gut, alles gut

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

68 Kilometer vom Minggräberstausee bis nach Beijing, Besichtigung des Sommerpalastes und des Olympistadions, abends Pekingente, 51 Höhenmeter bei sonnigen 27 Grad.

Nun also der letzte Radeltag in die chinesische Hauptstadt und der beginnt mit dem Abschied von unserem Fahrer. Wir wollen uns Zeit lassen und noch den Sommerpalast besichtigen, also schicken wir Xiao Zhang mit dem gepäck gleich zum Hotel und sagen „Tschüß“. Das amüsiert die Chinesen immer wieder, wie komisch sich die Deutschen verabschieden, den „tschü-se“ bedeutet auf Chinesisch „Fahr zur Hölle“. Wir klären den Irrtum auf und nehmen unseren Meisteresser noch einmal in den Arm.

Dann rollen wir langsam los. Der letzte tag ist noch einmal sehr schön, denn es geht fast 30 Kilometer nur auf kleinen Straßen und Wegen durch kleine Wälder und an Kanälen entlang. Kaum zu glauben, dass hier in der Umgebung 10 Millionen Chinesen wohnen, wo sind die alle hin. Erst auf den Sommerpalast zu haben wir dann belebte Straßen, bis zu 6 Spuren und da sind sie dann auch die Menschenmassen. Welch ein Kontrast zu unseren Etappen durch die Wüste in der Mongolei.

Trotz des Gerangels ist der Sommerpalast immer wieder ein Erlebnis, die Anlage wurde vom Kaiser Qianlong im 18 Jahhundert errichtet und steht im starken Kontrast zur Verbotenen Stadt im Zentrum. Denn im Sommerpalast dominieren weitläufige Anlagen, Seen mit Inseln, Brücken und einzelne Paläste und Pavillions. Durch den Park führt ein mehr als 700 Meter langer Wandelgang, der mit tausenden von Bildern geschmückt ist. Waren die Anlagen einst nur zum Vergnügen des Kaisers gedacht, haben hier heute täglich mehrere 10.000 Leute ihren Spaß, besteigen die Halle der Freude und Langlebigkeit und genießen den Blick über den See mit der Skyline Beijings im Hintergrund. Im hinterne Teil des Sees liegt ein Pavillion aus Marmor in der Form eines Bootes. Um den teuren Bau finazieren zu können hat die Kaiserinwitwe Cixi den Bau unter „Ausgaben für die Marine“ deklariert, so möchte ich auch gerne meine Steuererklärung manipulieren können.

Mit einem „richtigen“ Boot schippern wir dann zum andern Ufer bis zur Insel im See und laufen über dien 17 Bogen Brücke zurück zum Ausgang. Zwei Stunden in dem Trubel reichen, denn wir haben ja noch den Stadtverkehr vor uns. Der läuft jedoch relativ ruhig, zumindest für uns, denn jede der breiten Straßen hat auch einen extra breiten Radstreifen und so sind wir entlang des vierten Rings recht schnell am Olympiagelände.
Auch hier noch einmal Volksmassen, die das Vogelnest und Aquawürfel bestaunen und auch wir machen unsere Touristenfotos. Dann folgen die letzten Kilmeter der Tour und bei 3412 schalte ich am Hotel den Kilometerzähler aus. Irkutsk-Beijing ist geschafft; für dieses Jahr und weil es so schön war, gibt es die Tour auch im nächsten Jahr wieder.

Was bleibt zu tun heute noch? Na klar, die obligatorische Pekingente! Immer wieder superlecker ist der knusprig gebratene Vogel, von dem nur die goldbraune Haut mit Fettschicht und ein wenig Fleisch serviert werden. Dazu gibt es Gurke und Zwiebeln und Pfannkuchen, in den die Ente und die Beilagen eingewickelt werden. Dazu kommt eine dunkle, leicht süßliche Soße. Ein Geschmackserlebnis der besonderen Art.

Abenteuer aus 101 Kilometern…

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Kaihua nach Wuyuan. 101 km

Auf dem Plan standen 100 km. Hört sich viel an. Ist es auch. Da kommt es vor allem darauf an, wie die Strecke ist. Und die hat einen heute zwischenzeitlich immer wieder vergessen lassen wie viele km noch vor einem liegen. Geradezu einsam ging es durch ein Tal ins nächste, oft an einem Bach oder kleinem Fluss entlang. Das war ein idealer Radweg, wie man sich ihn vorstellt: Nicht allzu viele Steigungen, schöne Landschaft und fast autofreie Straßen. Irgendwo auf der Strecke verließen wir auch die Provinz Zhejiang und kam nach Jiangxi rein. Leider wies nicht mal ein Schild daraufhin und wir konnten es nur an den Nummernschildern der vorbeifahrenden Traktoren festmachen, dass wir in Jiangxi angekommen sind.

Kurz vor unserem Ziel streikte jedoch Katharinas Rad noch einmal und wollte eine Zwangspause haben. Ein Platten ist immer ärgerlich. Aber 6 km vor dem Ziel auf so einer Etappe ist das nochmal was ganz anderes. Wir nutzten die Pause und konnten so nochmal die nötige Restkraft tanken für das letzte Stück in die Stadt hinein.

Geschafft! 101 Kilometer. Für alle drei Teilnehmer eine Premiere mit der 3-stelligen Tagesbilanz. Mächtig stolz stürzten wir unser Schmutzbier hinunter. Das Bild muss von außen allerdings weniger stolz ausgesehen haben, wie wir zu viert auf der Treppe vor dem Hoteleingang, wie Obdachlose, jeder mit einer Pulle Bier in der Flasche, völlig verdreckt und vor uns hin miefend, fläzten. Nicht einmal mehr die Treppen in die Lobby schafften wir. Ein Chinese machte natürlich auch gleich ein Foto mit seinem Handy. Das landet wahrscheinlich in der Wuyuaner Morgenpost mit der Überschrift „Eurokrise härter als befürchtet. Auch Touristen schlafen nur noch vor statt im Hotel.“

Wuyuan aber bot nicht die erhoffte Genugtuung, die man nach so einer Tour verdient hätte. Es ist lediglich ein Massen-Tourismus-Umschlagsplatz für Gäste, die entweder Wildwasser-Rafting, kleines chinesisches Naturprogramm oder traditionelle Dörfer besuchen wollen. Für uns stand letzteres bevor. Aber wie als Kontrastprogramm, hatte die Stadt nur moderne Häuser und Riesenhotelklötze zu bieten.

Zur Feier der 100-km-Marke gingen wir in ein Feuertopf-Lokal und kochten und dippten was das Zeug hält. Als hätten wir heute noch nicht genug getan… So mussten wir uns auch noch das Abendessen selber zubereiten… Trotzdem wurde es ein gelungenes und angemessenes Mahl für die heutige Etappe.


Jetzt fahrn wir um den See, um den See

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

68,3 Kilometer vom Yunhu Hotel nach Jinshanling, ständig hoch und runter, daher einige Höhenmeter.

Die Ebene, in der Beijing liegt, ist nicht gerade mit Wasser gesegnet. Daher hat man nördlich von Beijing mehrere Stauseen angelegt. Diese sollen die Trankwasserversorgung der Hauptstadt sichern. Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze sind diese gut gefüllt und trocknen im Laufe des Sommers immer mehr aus.

So auch der größte von ihnen, der Miyun-Stausee nahe der gleichnamigen Stadt. Er ist das größte Wasserreservoire Beijings. Streng wird hier um eine Reinhaltung gekämpft, der ganze See (so groß wie die Stadtfläche von Berlin) ist umzäunt, kein Boot darf auf dem Wasser fahren und eine Nutzung für Landwirtschaft und Fischerei ist nur wenigen direkten Anwohnern erlaubt. Das bekommen wir ein wenig zu spüren, denn während es bis vor ein paar Jahren noch möglich war über alle Staudämme zu fahren müssen wir nun viele von ihnen umgehen.

Darf es noch ein Hügelchen mehr sein? Die ersten ca. 20 Kilometer um den See lässt sich am besten beschreiben mit Auf und nieder, immer wieder. Also immer runter und wieder hoch. Landschaftlich sehr reizvoll, aber auch nicht ohne ständig die Gangschaltung betätigen zu müssen.

Dann biegen wir vom See ab und erreichen eine kleine größere Ortschaft. Taishitun heißt sie. Wir könnten sie auch Tankstelle nennen, denn hier bekommen wir eine leckere Nudelsuppe als Stärkung für die restliche Strecke sowie Briefmarken für die Postkarten an die Lieben daheim.

Die restlichen Kilometer sind nicht so aufregend, wir müssen teilweise der Hauptstraße folgen und schimpfen gerne und oft über den Schwerlastverkehr. Nun gut, auch das gehört dazu. Nochmal rechts ab von der Hauptstraße und die letzten vier Kilometer hoch zu unserem Hotel unterhalb der Großen Mauer.

Schmutziges Bier für alle!


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Die Klassiker

Die Oberen Schluchten des Yangzi, 15.09. bis 07.10.2012

Eigentlich wollen wir wandern. Nicht unbedingt in Beijing, aber wenn man so weit fliegt und noch im Jetlag steckt, kann man sich ruhig die Klassiker der Hauptstadt anschauen. Ausgeschlafen und voller Eindrücke soll es dann in die Berge gehen, so ist der Plan.

In den letzten beiden Tagen haben wir zu fünft etliche Kilometer in der Stadt zurückgelegt. Auf dem Programm standen die großen Bauprojekte, die die Mingkaiser nach der Verlegung der Hauptstadt nach Beijing als erstes in Angriff genommen haben und die sich bis heute kaum verändert haben: Trommel- und Glockenturm, Himmelstempel und die Verbotene Stadt sind weitläufig angelegt, voller Symbolik und erzählen Geschichten von mächtigen Kaisern, Eunuchen und Konkurbinen, filmreifen Familienintrigen und den unzähligen Zeremonien, die ein Herrscher abhalten musste, um das Mandat des Himmels nicht zu verlieren

Unterwegs bewegen wir uns möglichst durch die Hutongs und meiden den Lärm der Hauptstraßen. Das kleine Hofhausviertel um unsere traditionelle Herberge herum ist für mich kaum wiederzuerkennen. In den letzten Jahren hat sich das beschauliche Viertel in eine durchgestylte Flaniermeile für jüngere Chinesen (und den einen oder anderen Ausländer) verwandelt. Die Cafés sind wie Pilze aus dem Boden geschossen, dazwischen Hochglanzläden, die den neusten Trendtee in sämtlichen Farben anbieten, Tattoostudios, Bars und und und. Ich suche vergeblich nach der Massagebude gegen die Flugzeugnackenstarre und mein Lieblingsrestaurant ist auch verschwunden. Aber es gibt sie noch, die ursprünglichen Wohnviertel, in dem die Pekinger bei lauen Temperaturen vor dem Haus sitzen, Schach spielen oder mit dem Nachbarn plaudern – nicht selten in Schlafanzügen, weil es so schön bequem ist.

So pendeln wir zwischen Kaiserzeit (den besagten Bauprojekten), dem quirligen Parkleben des Himmelstempels (sämtliche Formen von Tanz und Gesang), dem Konsumrausch (Perlenmarkt) und Erinnerungen an Mao und Co (am Platz des Himmlischen Friedens), zwischen Baugruben und Trendvierteln, zwischen Metro und Aussichtshügel, bis wir es uns zum Abendessen auf einer gemütlichen Dachterrasse bei chinesischen Leckereien gut gehen lassen.

Wir haben längst nicht alles gesehen, was in anderthalb Tagen möglich wäre, aber das war nicht unser Ziel. Morgen wollen wir die Stadt hinter uns lassen, ein Stückchen auf der Mauer wandern und uns auf die Wanderung in Yunnan einstimmen.

Im Schilderwald

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

53 Kilometer um den Minggräberstausee, Besichtigung der Minggräber und der Seelenstraße, Ausflug in mein Lieblingsfischrestaurant, 612 Höhenmeter bei warmen 25 Grad und Sonne

Als die Kaiser der neuen Mingdynastie die Hauptstadt wieder von nanjing nach Beijing verlegten brauchten sie einen Platz für die kaiserlichen Gräber. Unter Aufsicht von Geomanten machten sich die beamten des Hofes auf die Suche nach einem geeigneten Platz und den fanden sie etwas nördlich des kleinen Städtchen Changping. Hier gab es ein weites dünn besiedeltes Tal fast ohne Dörfer mit hohen Bergen rundherum. Hier wurden dann insgesamt 13 große Grabanlagen errichtet.

Mit der kaiserlichen Ruhe ist es nun vorbei, denn die Touristen, die die Mauer in Badaling besichtigen, stoppen alle hier und werden auf die drei oder vier größten Gräber verteilt. Mir gefällt am besten das Changling Grab des Yongle Kaisers und deshalb beginnen wir dort unsere Tour. Am späten Morgen ist hier noch nicht zu viel los und so kann man recht alleine durch die großen Hallen spazieren und staunen. Auch hier stammt nicht alles aus dem 15. Jahrhundert, die Anlagen waren vor 100 Jahren in recht schlechtem Zustand und sind in den letzten 20 Jahren renoviert worden. Davor natürlich auch schon diverse Male in der späten Ming und in der folgenden Qing Dynastie. Bis auf ein Grab, das Ding Ling, sind alle Gräber nicht geöffnet worden, lediglich in diesem einen Grab hat man den Kreisrunden Grabhügel mit fast 800 Metern Durchmesser durchwühlt und ist in fast 30 Metern Tiefe fündig geworden. In einer kleinen unterirdischen Palastanlage waren die Särge der Kaiserfamilie gestapelt und zahlreiche Beigaben konnten ausgegraben werden. Teile dieser Beigaben können heute besichtigt werden und geben einen kleinen Überblick über das Leben in der Ming Dynastie. Gerade unter dem Yongle Kaiser erblühte die Dynastie und Gesandtschaften wurden in die ganze Welt, von Südostasien bis nach Afrika geschickt. Im Museum hier gibt es die Replica eines Schiffes von 120 Metern Länge und 60 Metern Breite, mehr als 6 mal größer als Columbus „Santa Maria“. Chinesische Schiffe konnten bis zu 1000 Mann beherbergen, Columbus hatte 39 Mann Besatzung. Während die Spanier mir drei Schiffen in Amerika aufkreuzten und nicht einmal wussten, wo sie waren, legten die Chinesen mit bis zu hundert Schiffen an. Interessant ist, dass ein Eunuch aus Kunming namens Zheng He sieben große Expeditionen für den Ming-Kaiser durchgeführt hatte. Von Geburt Moslem und von mächtiger Statur und gewaltiger Stimme, weil erst als Erwachsener seiner besten Teile entledigt, hatte den Ruf eines vorzüglichen Seemanns und ist später in die Geschichte als „Sindbad, der Seefahrer“ übernommen worden, behaupten zumindest einige Sinologen und ich mag die These.

Solchen Gedanken nachhängend wandeln wir durch das Kaisergrab. Dabei stoßen wir an jeder Ecke auf einen Wald an Schildern. Es gibt eine „Drei Sterne Toilette“, man soll bei Gewitter nicht telefonieren, wir werden informiert, das auch das grüne Gras unsere Zuwendung braucht. Auch bei den sinnigeren Aufforderungen ist das Englische oft sehr witzig, wenn man sich aus Brandschutzgründen keine Zigarette anbieten lassen soll.

Dann haben wir von den Gräbern genug und beschließen übver den Berg zu meinem Lieblingsfischrestaurant zu fahren. Herausgesucht hatte ich das Lokal vor etwa 6 Jahren wegen einer langhaarigen Schönheit, welche dort servierte. Die ist längst verheiratet und ein Kind und lebt jenseits der Berge, aber der Fisch ist nach wie vor der Beste in der Region. Die Zuchtstation für zwei verschiedenen forellenähnliche Sorten, sowie einen Süßwsserwels ist direkt neben dem Restaurant. Der Fisch wird mit dem Kescher herausgeholt und 15 Minuten später kommt er dann auf den Tisch. Die rote Forelle gibt es roh, in dünnen Scheiben mit Wasabi, die schwarze Forelle dann gegrillt mit viel Chili und Kreuzkümmel, den Wels auf „Hongshao“ also traditionell chinesisch. Schwer ist es danach, sich über den Berg wieder zurück bewegen zu müssen, aber wir wolle ja noch die „Seelenstraße“ besichtigen. das ist der Eingang zum Tal der Minggräber und hier wurden die Begräbniszeremonien durchgeführt. Die Bilder mit den an beiden Seiten aufgereihten Tieren, Fabelwesen, Soldaten und Beamten sind weltberühmt und stehen eigentlich auch bei jeder Peking Reise auf dem Programm, doch jetzt am späten Nachmittag ist es angenehm ruhig hier und die wenigen reisegruppen hetzen recht schnell an uns vorüber. Wir genießen den Spaziergang durch die herrlich grüne Anlage und machen uns dann auf den Rückweg ins Hotel und müssen dann schon wieder essen. Mein Gott, die mühsam abgefahren Speckrollen wachsen in diesem Land schnell wieder nach, da nützen auch die Berge nix, die zwischen Mittag und Abendessen liegen.

Boxen-stopp

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Quzhou nach Kaihua. 85 km

Die gestrige Etappe saß uns allen noch tief in den Knochen. Da freut man sich, wenn das Höhenprofil doch mal etwas flacher ausfällt. Im Grunde genommen verhält es sich aber meistens so, dass je steiler die Strecke, desto spektakulärer die Aussicht. Zumindest traf die Regel heute zu. Uninteressant war die Etappe nicht. Jedoch nach so einer Aussicht, wie der gestrigen ist man natürlich etwas verwöhnt. Der Höhepunkt für Katherina war vermutlich, als sie endlich eine chinesische Waschschüssel gefunden hatte, die sie seit der allerersten Tour bei CBB an sucht. Insofern also doch eine erfolgreiche Etappe gewesen.

Wir mussten heute auf ein anderes Hotel ausweichen, denn das übliche war ausgebucht von Kadern, die eine Versammlung zur Entwicklung des lokalen Tourismus hatten. Also für uns ging die Entwicklung daher schon mal in eine ganz falsche Richtung. So macht man sich keine Touristen-Freunde. Zum Glück fand ich bei der Einfahrt in die Stadt Jemanden, der uns bereitwillig bis zum neuen Hotel führte und auch noch schnell unterwegs ein lohnenswertes Lokal für das Abendessen empfahl.

Das Hotel hätte ich selber vermutlich nur nach ein paar Mal Vorbeifahren gefunden. Denn es lag ziemlich versteckt in einem Hinterhof. Von außen wirkte es recht heruntergekommen und die Tapeten lösten sich bereits von der Wand. Der erste Eindruck täuschte aber, denn die Zimmer waren überraschend sauber. Dazu bekam jeder von uns noch frisches Obst aufs Zimmer gebracht. Da weiß ja jemand Pluspunkte zu sammeln.

Die Schlaglöcher-Abfahrt von gestern hatte allerdings ihren Tribut gefordert und wir hatten sage und schreibe 3 Speichenbrüche. Der Radladen nebenan hatte allerdings noch nie eine Shimano-Schaltung gesehen und konnte daher nicht mehr machen als mir sein Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Hach ja… Die Leiden des jungen Fahrrad-Reiseleiters…

Die Restaurantempfehlung unseres kurzzeitigen lokalen Reiseführers war gut gelungen und wir bekamen sogar wieder unser geliebtes Moosgemüse, dazu Fische in Senfsoße und sonstige lokale Spezialitäten. Unser Hotel verspielte jedoch wieder seine Pluspunkte mit der integrierten Karaoke. Unsere einzige Chance wäre gewesen mitzusingen. Aber bei anstehenden 100 km entschlossen sich alle einstimmig auf frühe Ruhezeit. Doch wenn die Stadt um 21 Uhr ihre Bürgersteige hochklappt, hält auch der lauteste Schreihals mit der schiefen Tenor-Stimme spätestens um 12 Uhr seine Klappe.


Yin und Yang

Auf den Spuren des Drachen, 08. bis 30.09.2012

47 Kilometer vom Yunmeng Xianjing Hotel zum Yunhu Hotel. Viele kumulierte Höhenmeter.

Sicherlich kennen Sie Yin und Yang, diese Jahrtausend alte chinesische Weisheit von den beiden Gegensätzen, die einander bedingen, denn das eine kann nicht ohne das andere existieren. Das Männliche und das Weibliche zum Beispiel, Tag und Nacht, Schönheit und Hässlichkeit, aktiv und passiv, Soll und Haben, Hemd und Hose, linke Socke und rechte Socke. Das Symbol dafür ist ☯.
Heute hatten wir einen perfekten Yin und Yang Tag!

Yin
Das Wetter spielt noch immer mit, als wir um neun Uhr anfangen in die Pedalen zu treten. Also blauster Himmel mit ein paar Wölkchen zur visuellen Auflockerung dazwischen.
Wir fahren eine Traumstraße entlang, anders kann man es kaum bezeichnen. Es geht auf Flüsterasphalt mit kaum Autoverkehr durch den Canyon des Bai Flusses, immer ein paar hundert Meter oberhalb der Schlucht.

Die Straße schlängelt sich den zerklüfteten Bergen entlang, alle dreißig Meter macht sie eine Biegung nach links oder rechts und alle 500 Meter gibt es eine Haltestelle, eine Panoramabucht. An vielen von ihnen bleiben wir stehen, genießen und bewundern den Ausblick und knipsen Fotos was die Speicherkarten her geben. Für 15 Kilometer benötigen wir zwei Stunden.

Hätten wir nicht ein anvisiertes Tagesziel gehabt wären wir sicherlich jetzt noch dort. Man kann die Schönheit dieser Stecke einfach nicht beschreiben. Ich jedenfalls kann es nicht!

Yang
Kurz hinter Heilongtan, dem Schwarzen Drachen Teich bei Kilometer 28, beginnt unerwartet eine Baustelle. Chinesische Straßenbaustellen sind echt fies! Da wird über mehrere Kilometer eine Straße aufgerissen und daran rumgewerkelt. Das ist in Deutschland nicht anders, aber in Deutschland wird in solchen Fällen der Verkehr über eine Umleitung umgeleitet. Nicht so in China, da fließt bzw. kriecht der Verkehr direkt über die Baustelle. Was für uns bedeutete: Kein Flüsterasphalt mehr, sondern holpriger Erdboden und jedes Fahrzeug, welches uns passierte, egal ob von hinten oder vorn, bedeckte uns mit einer weiteren Lage feinen Staubs.

Just auf diesem ungemütlichen Abschnitt entschloss sich Holgers Fahrradkette zu reißen. Einen Kettenriss hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gehabt, daher dauerte es eine Weile, bis wir das Problem gelöst hatten. Holger und ich werkelten kräftig an der Kette währen der Verkehr an uns vorbei zog. Wie schon geschrieben mit viel Feinstaub. Wir legten also noch ein paar Schichten davon auf unsere Haut.

Wieder ein paar Kilometer später und noch immer mitten in der Baustelle entweicht meinem Hinterrad Luft. Wieder Zwangspause, wieder eine Reparatur. Diesmal jedoch schneller, Reifen flicken bin ich gewohnt.

Um 16 Uhr erreichen wir unsere Unterkunft, drei Sterne und im Vergleich zu den letzten Tagen ziemlich luxuriös. Aber bevor wir die Zimmer beziehen ein schmutziges Bier.

Das haben wir uns redlich verdient und überlegen dabei welcher Teil der Strecke uns länger in Erinnerung bleiben wird: Yin oder Yang? Sicherlich beide, denn schließlich bedingen sie einander.


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Auf der Mauer

Transmongolia, 23.07. bis 23.09.2012

43 Kilometer von Kangzhuang zum Minggräberstausee bei warmen 25 Grad und vielleicht 200 Höhenmetern, Besteigung der Großen Mauer bei Badaling, gemeinsam mit zwei Millionen anderen Touristen

Die gestrigen Kilometer machen sich dann am Morgen doch ein wenig bemerkbar, so richtig Lust in die Pedale zu treten haben wir nicht, müssen wir auch nicht, denn bis zur Großen Mauer in Badaling sind es gerade einmal 10 Kilometer. Wir haben Glück, dass wir recht zeitig am Morgen eintrudeln. Obwohl der Parkplatz unter dem Gemäuer noch nicht einmal halbvoll ist, tummeln sich gefühlte zwei Millionen Chinesen hier. Busladungen volle Touristen werden ausgeworfen. Man hört Dialekte aus dem Süden, dem Norden, dem Osten und dem Westen. Deren Reiseleiter sind mit Fähnchen und tragbarem Lautsprecher ausgerüstet und die Gruppen werden fast im Laufschritt die Treppen hinauf und hinunter gehetzt. Dazwischen ein paar Langnasen und eine Gruppe von Angolaner sorgt für aufsehen. „Mein Gott sind die schwarz und dick!“ höre ich ein paar Mädchen tuscheln. Trotzdem wollen sie sich mit den Angolanern fotografieren lassen, oder gerade deshalb.

In der Pekinger Umgebung gibt es fast ein Dutzend mehr oder weniger bekannter Mauerstücke, die man von der Hauptstadt aus besichtigen kann. Badaling ist der beliebteste oder zumindest der meistbesuchte. Die Mauer kommt hier recht spektakulär über die Berge hinunter ins Tal, dort befindet sich um das Tor eine Fortanlage und dann windet sich der Wall wieder auf der anderen Seite den Berg hinauf. Seit mehr als 30 Jahren hat man hier an der Logistik gearbeitet. Es gibt auf beiden Seiten gigantische Parkplätze, eine Autobahn führt hierher und auch die Eisenbahn stoppt hier. Inzwischen hat man auf beiden Seiten Lifte gebaut und rundherum gibt es Restaurants und Hotels.
Der Verdacht liegt nahe, dass die modernen chinesischen Mauerkonstrukteure hier mehr als nur Restauration betrieben haben. Einige böse Zungen behaupten sogar, die Mauer habe hier gar nicht entlang geführt. Uns und den Chinesen ist es egal, denn nur wer einmal im Leben die Mauer beklettert hat, der ist ein „richtiger Chinese“. Für mich ist der Abschnitt eigentlich wegen des bunten Getümmels am interessantesten. In Doppelreihen schiebt sich das bunte Volk nach oben und wieder nach unten und überall klicken die Fotoapparate und die Handykameras. Gut, dass sich bei den vielen Fotos die Landschaft nicht abnutzt, denn sonst wäre hier alles weiß wie Schnee und selbst die hohen Berge wären komplett „wegfotografiert“.

Wir genießen das bunte Treiben und steigen bis zum fünften Turm hinauf, die Sicht ist wirklich spektakulär. Auf beiden Seiten bis zum Horizont der Schutzwall gegen die Steppenvölker voller bunter Punkte. nach zwei Stunden sind wir wieder unten angekommen, wo es noch voller geworden ist. Mit den Rädern gelingt es uns dann sogar durch die Fußgängerzone zu fahren und durch das Tor zu schlüpfen. Dann geht es in schneller Fahrt nach unten der Hauptstadt entgegen. Doch dort wollen wir noch gar nicht hin, sondern nur zum Stausee an den Minggräbern, die wir morgen besichtigen wollen.

Das Abendessen ist wieder einmal grandios. Unweit des Sees gibt es ein hervorragendes kleines Grillrestaurant. Wir bestellen fast alles, was sich grillen lässt: Lammfleisch, Hühnerherzen, Aubergine, Pilze, Schnittlauch …. und schleppen uns dann mit vollem Bauch zum Hotel zurück.

What goes up, must come down…

Land von Fisch und Reis, 01.09. bis 24.09.2012

Hushan nach Quzhou. 86 km

Es ist soweit. Heute befuhren wir endlich mal was, was sich Berg schimpfen kann. Die Sonne knallte, aber egal. Das Spa-Treatment von gestern verhalf zumindest mir ein bisschen zu mehr Schub. 22 km lang kraxelten wir den Berg hinauf. Es lässt sich drüber streiten, ob schieben nicht doch schneller gewesen wäre. Wie dem auch sei… Durch die frühe Abfahrt hatten wir die Möglichkeit uns die Zeit etwas freier einzuteilen. Wir hatten uns vor lauter Angst vor Unterforderung für Mittag mit Snacks & Obst eingedeckt, sodass die Packtaschen noch ein bisschen schwerer waren. Da nützt nur Augen auf und durch. Denn die wundervolle und für chinesische Verhältnisse einsame Landschaft lenkt einen gut ab, vom Kilometerzähler am Lenker. Immer wieder wurde man belohnt mit einem tollen Ausblick in die Landschaft.

Oben auf der Spitze angekommen, steckten die 3 Raucher von uns sich erstmal eine Sieges-Zigarette an. Geschafft… Sowohl Berg-technisch, als auch körperlich. Allerdings hatte ich die Abfahrt ganz schön unterschätzt und die restlichen 40 km wollten einfach nicht enden. Während der Auffahrt hatten wir durchgehend so wunderbar glatten Asphalt. Die Abfahrtstrecke war jedoch gefährlich bespickt mit Schlaglöchern. Und was auf Papier aussah, wie ein entspanntes Ausrollen bis zum Hotel, entpuppte sich doch nochmal als hügelige Landschaft. Dann der Countdown bis zum Hotel… 5 km, 4 km, 3 km, 2 km, 1… Vorbei… Wie froh ich war, dass das Hotel einen Koffer-Boy, bzw. in unserem Falle einen Koffer-Opa hatte… Und selten hat ein Schmutzbier so gut getan.

Zum Essen gingen wir in die lange Fressgasse in der Nähe des Hotels. Die Auswahl an Lokalen war riesig, doch uns fehlte die Kraft um jetzt noch nach einem zu suchen und setzten uns in das allererste. Eine komplett falsche Entscheidung kann man hier eh nicht machen. Fast im Stillen verschlagen wir unsere Abendration, denn kaum einer von uns brachte noch ein Wort raus. So schnell wie heute bin ich auch lange nicht mehr eingeschlafen.